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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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das, wir sind gleich da? Wo? Doch nicht in Meroe, das ist mindestens –«
    »Abu Hamed«, schnitt Emerson mir das Wort ab. »Oder, um genau zu sein, Bahnstation Nummer zehn, kurz vor Abu Hamed. Hier steigen wir nach Kareima um.«
    »Kareima«, murmelte ich immer noch leicht benommen. »Was? Wieso?«
    Nefret reichte mir eine feuchte Serviette. Zwar leicht verschwitzt und ramponiert, strahlte sie wie ein … ich weiß nicht, wie. »Wisch dir mal kurz übers Gesicht, Tante Amelia. Dann fahren wir also direkt nach Napata und zum Gebel Barkal statt nach Meroe? Ganz schön clever, Professor!«
    »War so eine Idee von mir«, erwiderte Emerson bescheiden. »Um mögliche Verfolger abzulenken, versteht ihr. Man erwartet uns in Meroe, und ehe die kapieren, dass wir nicht im Zug sitzen, sind wir längst über alle Berge. Und sollte der eine oder andere von unseren Mitreisenden ebenfalls hier aussteigen, wissen wir sofort, was Sache ist.«
    Das feuchte Tuch weckte meine Lebensgeister. Ich sah von meinem selbstgefällig feixenden Gemahl zu Ramses, der kein bisschen überrascht wirkte. Eher belustigt.
    »Du hast unseren Sohn ins Vertrauen gezogen und mich nicht«, beschwerte ich mich ärgerlich. »Schande über dich, Emerson!«
    »Nein, Mutter«, wehrte sich Ramses. »Ehrenwort. Vater hat mir kein Sterbenswort gesagt. Aber das war doch ganz – ähm – logisch, oder? Ich werde Selim und Daoud und den anderen Bescheid sagen, in Ordnung?«
    Der Zug fuhr langsamer. Ich blickte sehnsüchtig auf den ausziehbaren Schlafsessel, dessen Benutzung mir leider versagt blieb, und setzte den Hut auf. »Nefret, rüttel doch bitte Merasen wach, ja? Ich glaube, der Junge würde einen Sandsturm glatt verschlafen.«
    Da die Bahnlinie nach Abu Hamed durch die ausgedörrte Wüstenlandschaft verlief, kilometerweit vom Nil entfernt, hatte man zur Wasserversorgung eine Reihe von Brunnen gebohrt. Bahnstation Nummer zehn hatte einen solchen. Ansonsten gab es nichts, nur das triste Stationsgebäude, die Holzbohlen von Sonne und Sand verwittert. Der Zug nach Kareima war bestimmt kein De-LuxeModell – an der altersschwachen Lokomotive hingen lediglich ein halbes Dutzend Waggons sowie ein Gepäckwagen –, aber immerhin stand er schon da, als wir ankamen. Fahrende Händler boten geschälte Früchte und Wasser und sandiges Brot an. Auf meinen Vorschlag hin kaufte Ramses einiges an Proviant und Nefret bat den Speisewagenkellner, unsere Wasserflaschen mit kaltem Tee zu füllen.
    Das Umladen unseres mittlerweile ausgesprochen umfangreichen Gepäcks dauerte eine ganze Weile. Einige Passagiere nutzten den Aufenthalt, stiegen aus und dehnten ihre müden Gliedmaßen. Unter ihnen die Deutschen, die armkreisend auf und ab liefen, als probten sie für einen Gewaltmarsch. Mehrere Männer in Einheimischentracht, die lautstark mit den Essensverkäufern feilschten, waren die Einzigen, die in den Zug nach Kareima stiegen.
    Während wir warteten, bemerkte ich in einiger Entfernung Ross und Reiter, reglos auf einer niedrigen Sanddüne verharrend. Das waren die auffälligsten Objekte in der trostlosen Szenerie, zudem sehenswert – Gestalten wie aus dem Märchen entsprungen, der edle Hengst nervös tänzelnd, der Reiter kerzengerade im Sattel. Er war zu weit weg, als dass ich sein Gesicht hätte erkennen können, wenngleich die Sonne, bereits über den Zenit hinaus, auf seine wallende Robe und die Falten der weißen Khafiya strahlte, die seinen Kopf bedeckte. In einer Hand trug er eine lange Lanze. Während ich dorthin starrte, die Hände zum Schutz vor dem gleißenden Licht über die Augen gelegt, hob der Mann die Lanze und schwenkte sie grüßend oder – was wahrscheinlicher war – drohend.
    »Emerson«, murmelte ich und zupfte ihn am Ärmel. »Sieh mal da.«
    »Jetzt nicht, Peabody. Los Jungs, schnell die Kisten in den Gepäckwaggon. Sei vorsichtig mit der da, Selim, darin sind Kamera und Photoplatten. Also, Peabody, was wolltest du von mir?«
    Der Reiter war verschwunden. »Ach nichts, Emerson.« Wir nahmen unsere Plätze im Abteil ein. Ich habe schon Schlimmeres erlebt, obwohl sich manche Fenster nicht öffnen, andere wiederum nicht schließen ließen. Es gab nur zwei Klassen – eine erste und eine indiskutable.
    Der Zug war fast leer, so dass wir uns nach Herzenslust ausbreiten konnten. Merasen verkündete, er wolle sich ein leeres Abteil suchen, um ein bisschen zu schlafen. »Weck mich, wenn wir da sind«, wies er Selim an, der verächtlich die Lippen schürzte, sich

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