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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Sitzhaltung. Die neue Position war nicht viel besser, aber ein Kamel ist eben auch kein bequemer Wohnzimmersessel. »Aber zuerst, Emerson – ich weiß, du glaubst nicht an göttliche Vorsehung – trotzdem –«
    »Heiliger Strohsack, haben wir nicht schon genug gebetet?«, entrüstete Emerson sich. »Na gut. Aber mach’s kurz.«
    Ich senkte den Kopf und murmelte ein paar Worte, dann drehte ich mich zu Daoud um. »Möchtest du auch ein Gebet sprechen, Daoud?«
    »Ich habe schon um Seine göttliche Gnade gebeten, Sitt«, sagte Daoud leise. »Aber beten kann man nie genug, ist es nicht so?« Seine feierlich getragene Stimme erhob sich über dem Schnauben der Kamele (und, leider Gottes, dem von Emerson).
    Es wurde eine lange Nacht. Die Sonne stand schon wieder glutheiß am Himmel, als Emerson rufend gestikulierte. »Da ist er – der Felsvorsprung, wo wir auch das letzte Mal Rast gemacht haben. Hier schlagen wir das Lager auf.«
    Keine Ahnung, weswegen er sich so sicher war, dass es sich um dieselbe Stelle handelte. Es gab diverse Felsvorsprünge, schließlich war das hier nicht der Große Sandsee oder die Sahara mit ihren riesigen Wanderdünen, sondern eine von ausgedehnten, aprikosenschimmernden Sandebenen unterbrochene, verwitterte Hügellandschaft. Ich war drauf und dran, von dem unsäglichen Kamel herunterzuplumpsen. Schwäche zu zeigen, verbot mir jedoch mein Stolz; ich winkte Ramses ab, als er mir herunterhelfen wollte – und wartete, bis er mir den Rücken kehrte, bevor ich steif wie ein Brett zu Boden glitt.
    Die Männer bauten hastig die Zelte auf. Selim machte ein kleines Feuer für das Teewasser und wir setzten uns ringsherum, aßen Brot und ziemlich warme Orangen und weichen, ob der Hitze schon leicht ranzigen Ziegenkäse. Von nun an würden wir die Grundnahrungsmittel von Wüstenreisenden zu uns nehmen: Reis und ungesäuertes Fladenbrot, Zucker und Tee und ab und an eine Hand voll Datteln. Nicht die süßen, weichen Früchte, wie wir sie gewohnt waren, sondern das, was Kamele bekamen, wenn es kein Frischfutter gab – immerhin waren sie nahrhaft. Ich hatte Konserven eingepackt – Tomaten und Corned Beef und Obstkompott –, aber nur wenige, da das zusätzlichen sperrigen Ballast bedeutete.
    Völlig erschlagen schlief ich rasch ein und wachte nach einem, wie mir schien, kurzen Nickerchen mit ausgedörrter Kehle wieder auf. Immerhin war es später, als ich vermutet hatte. Die Sonne, die bereits tief am westlichen Horizont stand, strahlte wärmend auf eine Seite des Zelts.
    Emerson saß im Schneidersitz auf dem Boden und schrieb in sein Notizbuch. Schweißperlen rollten über seine Wangen und tropften auf das Papier, trotzdem kritzelte er emsig weiter, während ich mich wie ein übergares Backhähnchen fühlte.
    »Ah, aufgewacht, was?«, meinte er, als ich mich reckte. »Gut geschlafen, mein Schatz? Du wirkst ziemlich erhitzt. Möchtest du etwas trinken?«
    »Lieber wäre mir ein kühles Bad«, krächzte ich. »Aber gut, ein Schluck Wasser und ein feuchtes Tuch tun’s zur Not auch.«
    Emerson besorgte mir diesen kleinen Luxus, und nachdem ich Gesicht und Kehle erfrischt hatte, war ich wieder halbwegs fit. Ich blinzelte durch die offene Zeltplane ins Freie, wo die anderen sich nützlich machten. Die purpurnen Strahlen der schwindenden Sonne ließen den Boden wie ein flammendes Inferno erscheinen. Ein heißer Wüstenwind blies mir Haare in die Augen.
    »Hast du überhaupt geschlafen?«, fragte ich, löste die Haarnadeln aus meiner Frisur und schüttelte meine vollen Locken.
    »Es war zu warm.«
    »Oh, wirklich?«
    Emerson sah auf. Interessiert verfolgte er meine Verschönerungsaktion, dann trat er neben mich, hob meine Haare und ließ sie durch seine kräftigen Hände gleiten.
    »Nicht jetzt«, murmelte ich, den Mund gespickt mit Haarnadeln.
    »Ich wollte dir doch nur helfen, damit es schneller trocknet, mein Schatz. Die Sonne geht gleich unter und dann wird die Luft erheblich kühler. Eine herrliche Nacht für einen Ritt bei Mondenschein.«
    »Du bist ja ein richtiger Romantiker, Emerson.«
    Emerson grinste. »Verschluck dich nicht an deinen Haarnadeln, Peabody.«
    Nach einem Abendessen aus Dosenerbsen, Dosenfleisch und auf heißen Steinen gebackenen Brotfladen ritten wir bei Mondaufgang weiter. Der Szenerie haftete etwas Magisches an; in der klaren, trockenen Wüstenluft schien der Mond fast taghell, die Sterne glitzerten mit diamantenem Feuer.
    Der Erdboden, bei Tag trist rotbraun, schimmerte silbrig.

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