Amelia Peabody 18: Das Königsgrab
verrückt spielen müssen«, grummelte der.
»Wohin reiten wir?«, erkundigte sich Sethos. Er hatte eigentlich nicht mitkommen wollen, war aber genau wie die anderen vor die Tür gesetzt worden. »Cyrus arbeitet heute bestimmt nicht im Westtal.«
»Na und?« David rückte den Tropenhelm zurecht und schloss die Schnalle unter dem Kinn. Es wehte ein heftiger Wind, die Sonne hatte sich hinter einer dichten Wolkendecke versteckt.
Emerson murmelte etwas Unverständliches, worauf Ramses zu bedenken gab: »Mit ziemlicher Sicherheit arbeitet Carter heute auch nicht.«
»Interessiert mich nicht die Bohne, was der macht«, knurrte sein Vater.
Also ritten sie ins Osttal, was Emerson vermutlich von Anfang an so geplant hatte. Er war mehrere Tage nicht mehr dort gewesen und brannte vor Neugier.
Emerson ritt mit David voraus, Ramses schloss zu seinem Onkel auf. Sethos ritt mit der gewohnten Lässigkeit, wirkte aber gleichsam angespannt. Getönte Sonnengläser verliehen seinen Augen einen dunklen Braunton.
»Gestern wurde dir eine weitere vertrauliche Mitteilung ausgehändigt«, hob Ramses an.
»Ich hatte Hassan doch bestochen, dass er mit niemandem darüber reden soll«, erwiderte Sethos.
»Von mir bekam er Geld, dass er mich über alles informiert.«
»Gute Güte«, seufzte Sethos, ehrlich betroffen. »Vertraust du mir denn gar nicht?«
»Warum sollte ich?«
Sethos griff in seine Brusttasche und zog ein gefaltetes Stück Papier heraus, das er Ramses gab.
Die Nachricht war kurz und prägnant. »Bestätigen Erhalt. Unternehmen Sie keine weiteren Schritte.«
»Englisch«, murmelte Ramses.
»Brillant kombiniert.«
»Spar dir den Sarkasmus«, meinte Ramses säuerlich. »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Diese Reaktion hatten wir doch letztlich erwartet.«
»Exakt.« Ein geräuschvoller Nieser wurde von den Stoffmassen seines Taschentuchs gedämpft.
»Hast du dich erkältet?«
»Scheint so.«
»Du könntest Margaret damit anstecken«, schlug Ramses vor.
Sein Onkel richtete die Augen hinter der dunklen Sonnenbrille auf ihn und lachte unvermittelt. »Eine verlokkende Idee. Gibst du mir Rückendeckung, wenn ich sie innig umarme und ihr meine Bazillen einhauche?«
»Vermutlich ist sie heute Morgen wieder im Tal.«
»Mag sein.« Seufzend betupfte Sethos sich die Nase. »Du weißt genau, dass ich derzeit nicht unbedingt versessen auf eine Begegnung mit ihr bin. Von der Nachricht hätte ich mir eine positivere Aussage gewünscht, irgendetwas in dem Wortlaut wie ›Sie können sich auf uns verlassen, wir halten uns zurück‹ oder so.«
»Oder ein schlichtes ›Fröhliche Weihnachten‹?«
Sethos’ Mundwinkel zuckten. »Der Punkt geht an dich. Also gut, ich versuche, das Ganze nicht überzubewerten. Schließlich besteht kein Grund zu der Annahme, dass die großen Unbekannten, die sich im Übrigen fehlerfrei in Englisch artikulieren, uns nochmals behelligen. Und Margaret? Was schert mich Margaret? Sie schert sich doch auch nicht um … sie schert sich um nichts außer um ihre verfluchte Zeitung.«
Über Carter hatte Ramses sich getäuscht. Er arbeitete, unterstützt von mehreren seiner Crewmitglieder. Hochnäsig stapfte Emerson an dem Grab vorbei, ohne es auch nur eines Blickes zu würdigen, während Ramses und die anderen sich zu einem größeren Publikum gesellten. Zu sehen gab es nicht viel, da die meisten Aktivitäten in den unterirdischen Gewölben stattfanden.
»Ja, sie fertigen Skizzen an und machen Fotos«, erklärte einer der Wachleute auf Davids Frage. Auf seine Flinte gestützt, gähnte er.
»Wenig zu tun«, sagte Ramses. »Langweilige Arbeit, was?«
»Langweilig?« Der Mann kratzte sich den Bart. »Es gibt schlimmere Aufgaben, Bruder der Dämonen. Sobald die Gentlemen aufbrechen, können wir uns hinlegen, plaudern und rauchen und ein Nickerchen machen. Morgen habt ihr ein Fest, nicht? Dann haben wir einen freien Tag.«
»Vermutlich zwei«, sagte David.
»Ist dem so?«
»Am zweiten Weihnachtstag geben die Engländer denjenigen Geschenke, die gut für sie gearbeitet haben«, erklärte David.
»Das hab ich schon gehört. Aber wir bekommen gewiss nichts.«
»Da hat er wohl Recht«, meinte Ramses, derweil er mit David weiter schlenderte.
»Man kann auch kaum erwarten, dass Carter die ganze Bande beschenkt«, gab David zurück.
Es waren wahrhaftig etliche Wachen. Sie säumten die rings um das Grab hochgezogene Mauer, trugen unterschiedliche Uniformen und Kopfbedeckungen. Ramses
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