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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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bin über den Ballhausplatz gegangen…«
    Ihr strahlendes Lächeln verhieß ihm Sieg. »Ich bin diejenige, die damals in Sie hineingerannt ist. Sie haben meinen Schirm gerichtet!«
    »Sie waren das!« Das entzückte Lachen musste Gregor Freytag nicht erst simulieren. Ihr Prachthaar, diese Augen, der lange graziöse Hals; Hände, deren schmale Gelenke auf schmale Fesseln schließen ließen; das alles war ausgesprochen vielversprechend.
    »Haben Sie jemals gehinkt?«, fragte Amelie und riss ihn aus seinen angenehmen Vorstellungen einer näheren Zukunft.
    Darüber war er so verdutzt, dass er, ohne zu überlegen, herausplatzte: »Nein, also das nun wirklich nicht!«
    Am Abend dieses denkwürdigen Tages rief Amelie Uli in Berlin an. »Falls du nicht sitzt, setz dich«, begann sie ohne Einleitung. Ihre Stimme jubilierte. »Ludwig und du, ihr habt damals Recht gehabt, ich habe mir bloß eingebildet, dass mein Phantom hinkt. Es hinkt nicht, das weiß ich jetzt. Es ist nämlich so…du wolltest doch wissen, was läuft…ich habe den Gamaschenmann gefunden!«

10
    Später würde sich Amelie immer öfter fragen, ob sie ihn tatsächlich gefunden hatte, den Mann, den sie gesucht und von dem sie geträumt hatte. Denn Gregor Freytag war irgendwie anders. Aber er erfüllte sie ganz.
    An sich war Amelie nicht leicht zu erobern. Aber als Gregor im Café Landtmann ungeniert aus seiner Familiengeschichte plauderte, hatte er dies mit derart gewinnender Offenheit getan, dass ihre Selbstschutzsicherungen durchbrannten.
    Auf das Thema waren sie der Gamaschen wegen gekommen. Mit Sicherheit könne er nicht sagen, ob die Dinger aus dem Besitz seines Urgroßvaters stammten, es sei bloß eine Vermutung. Tatsächlich wisse er über den alten Herrn so gut wie nichts. Denn seine, Gregors, Mutter, die seit einigen Jahren der grüne Hügel decke, habe über ihre Familie nie gesprochen, habe sie faktisch totgeschwiegen.
    Amelie hatte die Augen neugierig aufgerissen. Das genügte Gregor, um ungefragt fortzufahren. Seine Mutter Alma habe sich 1960 Hals über Kopf in einen berühmten italienischen Tenor verliebt, der in Wien gastierte. Und wie das Leben so spielt – der Tenor auch in sie. Das Resultat: Klein-Gregor. Heirat außer Diskussion. Der Tenor war bereits verheiratet und eine Scheidung in Italien damals unmöglich. Almas Familie – alt, angesehen und von Standesdünkel geradezu zerfressen – wollte von der ledigen Mutter nichts mehr wissen. Er, Gregor, trage zwar den Namen seiner Großeltern mütterlicherseits, aber er habe sie praktisch nicht gekannt. Immerhin sei nach dem Tod seiner Großmutter jede Menge »Schnee von gestern« auf ihn gekommen, darunter auch der Schrankkoffer inklusive Gamaschen. Im Übrigen lagere noch haufenweise Krempel aus besseren Tagen in seiner Wohnung… ob sich Amelie vielleicht dafür interessiere?
    Während Gregor sprach, hatte sie wie hypnotisiert auf seinen vollen Mund gestarrt, das Spiel seiner Lippen verfolgt, sich gefragt, ob seine glänzenden Zähne sich so glatt anfühlen würden, wie sie aussahen… Und schon war sie ihm auf den Leim gegangen. »Ich…ich handle mit altem Spielzeug, nur das käme für mich in Frage«, murmelte sie.
    »Na bestens! Ich glaube, ich habe irgendwo einen alten Puppenwagen, so einen aus Korb mit schmiedeeisernen Rädern, auf dem Dachboden gesehen. Und eine Puppe aus Porzellan müsste auch noch irgendwo sein.«
    So kam es, dass Amelie bereits am darauf folgenden Tag um sechzehn Uhr in der Beletage eines Gründerzeithauses in der Wohllebengasse stand und mit Herzklopfen an der Tür mit dem angelaufenen Messingschild, auf dem ›Rittmeister v. Freytag‹ stand, läutete.
    Was hatte sie erwartet? Das Folgende jedenfalls nicht: Gregor öffnete die Tür, ergriff ihre Hand, zog sie mit eindeutig sinnlichem Blick über die Schwelle und duzte sie zum Willkomm. »Komm, komm herein!«, sagte er. Es klang erwartungsvoll. Seine Füße waren braun und nackt, seine Zehen lang und beweglich. Er trug eine weite Hose aus grobem Leinen und ein hautenges ärmelloses TShirt, das darauf angelegt zu sein schien, seine langen, glatten braunen Arme ins rechte Licht zu rücken und keinen Zweifel daran zu lassen, dass Gregor Freytags Rumpf frei von überflüssigem Fett war. Er entschuldigte seinen lockeren Aufzug mit keinem Wort.
    Mit einem Ruck zog Amelie ihre Hand aus der seinen. Die Hitze, die ihr von der Körpermitte bis unter die Haarwurzeln stieg, war mit der herrschenden warmen Außentemperatur

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