American Gods
gummierten Seite des Zigarettenpapiers und drehte es zwischen seinen Fingern. Das Resultat ähnelte nur sehr entfernt einer Zigarette. Schließlich sagte er: »Ich bin kein Troll. Scheiße. Diese Saukerle sind echt fies .«
»Ich weiß, dass du kein Troll bist, Sweeney«, sagte Shadow sanft. »Also, wie kann ich dir helfen?«
Mad Sweeney ließ ein Messingfeuerzeug aufflammen, ein Fingerbreit der Zigarette glühte auf und wurde zu Asche. »Weißt du noch, dass ich dir gezeigt habe, wie man sich eine Münze nimmt? Erinnerst du dich daran?«
»Ja«, sagte Shadow. Er sah die Goldmünze vor seinem inneren Auge, sah sie in Lauras Sarg purzeln, sah sie an ihrem Hals glitzern. »Ich erinnere mich.«
»Du hast die falsche Münze genommen, Alter.«
Ein Auto näherte sich der Düsternis unter der Brücke und blendete sie mit den Scheinwerfern. Es wurde langsamer, während es an ihnen vorbeifuhr, hielt schließlich, und ein Fenster glitt nach unten. »Alles in Ordnung bei Ihnen, meine Herren?«
»Alles prima, danke, Officer«, sagte Shadow. »Wir machen nur einen kleinen Morgenspaziergang.«
»Dann ist es ja gut«, sagte der Polizist. Er sah nicht aus, als würde er glauben, dass alles in Ordnung war. Er wartete. Shadow legte Mad Sweeney eine Hand auf die Schulter und schob ihn vorwärts, aus der Stadt raus, weg von dem Streifenwagen. Er hörte, wie das Fenster sich summend schloss, aber der Wagen blieb, wo er war.
Shadow lief weiter. Mad Sweeney lief neben ihm her, manchmal schwankte er dabei.
Der Streifenwagen gondelte langsam an ihnen vorbei, wendete und fuhr, während er auf der eingeschneiten Straße beschleunigte, zurück in die Stadt.
»So, jetzt erzähl mir mal, was dich bedrückt«, sagte Shadow.
»Ich hab’s so gemacht, wie er es wollte, aber ich hab dir die falsche Münze gegeben. Es sollte nicht diese Münze sein. Die ist nur für Königliche. Verstehst du? Normalerweise dürfte ich gar nicht imstande sein, sie zu nehmen. Es ist die Münze, die man dem König von Amerika höchstselbst geben würde. Nicht irgendeinem unbedeutenden Scheißer wie dir oder mir. Und jetzt bin ich ganz groß in Schwulitäten. Gib mir einfach die Münze wieder, Alter. Du siehst mich danach nie wieder, das schwör ich dir. Ich schwör’s bei all den Jahren, die ich in den Scheißbäumen verbracht habe.«
»Du hast es gemacht, wie wer es wollte, Sweeney?«
»Grimnir. Der Typ, den du Wednesday nennst. Weißt du eigentlich, wer das ist? Wer das in Wirklichkeit ist?«
»Ja. Ich glaube schon.«
Ein Ausdruck von Panik lag in den wahnsinnigen blauen Augen des Iren. »Es war nichts Böses. Nichts, das du – nichts Böses jedenfalls. Er hat mir nur gesagt, ich soll da in die Bar kommen und eine Schlägerei mit dir anzetteln. Er wollte einfach sehen, aus welchem Holz du geschnitzt bist.«
»Hat er sonst noch was von dir verlangt?«
Sweeney zitterte und zuckte; Shadow dachte zunächst, dass das auf die Kälte zurückzuführen war, dann aber fiel ihm ein, woher er diese Art von Schauderzittern kannte: aus dem Gefängnis. Es war das Zittern der Junkies. Sweeney war auf Entzug, und Shadow hätte wetten mögen, dass es sich um Heroinentzug handelte. Ein Junkie-Leprechaun? Mad Sweeney zwickte die brennende Spitze der Zigarette ab, ließ sie zu Boden fallen und steckte den ungerauchten, vergilbenden Rest in die Tasche. Er rieb die vor Dreck starrenden Finger aneinander und hauchte dagegen, um sie zu wärmen. Seine Stimme kam jetzt jämmerlich: »Hör zu, gib mir einfach die Scheißmünze, Alter. Ich geb dir eine andere dafür, die ist genauso gut. Scheiße noch mal, ich geb dir einen ganzen Haufen von den Kackdingern.«
Er nahm seine schmierige Baseballmütze ab, streichelte mit der rechten Hand die Luft und brachte eine große Goldmünze zum Vorschein. Er ließ sie in die Mütze fallen. Dann holte er eine weitere aus dem Dampf seines Atems, und noch eine und noch eine, er fing und klaubte sie aus der unbewegten Morgenluft, bis die Baseballmütze randvoll war und er sie mit beiden Händen festhalten musste.
Er streckte Shadow die mit Gold gefüllte Baseballmütze entgegen. »Hier«, sagte er. »Nimm sie, Mann. Gib mir nur die Münze wieder, die ich dir gegeben hab.« Shadow betrachtete die Mütze und fragte sich, wie viel ihr Inhalt wohl wert sein mochte.
»Was soll ich denn mit den ganzen Münzen anfangen, Mad Sweeney?«, fragte Shadow. »Gibt es überhaupt Stellen, wo man sein Gold gegen Bargeld tauschen kann?«
Kurzzeitig hatte er
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