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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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den ich kenne: Wenn ich einen erhenkten Mann sehe, kann ich ihn vom Galgen nehmen, auf dass er uns alles zuflüstert, dessen er sich erinnert.
    Ein dreizehnter: Wenn ich Wasser auf den Kopf eines Kindes sprenge, wird dieses Kind nicht auf dem Schlachtfeld fallen.
    Ein vierzehnter: Ich kenne die Namen aller Götter. Jeden einzelnen vermaledeiten Namen.
    Ein fünfzehnter: Ich besitze einen Traum von Macht, von Ruhm und von Weisheit, und ich kann wirken, dass Menschen an meine Träume glauben.«
    Seine Stimme war jetzt so leise, dass Shadow sich anstrengen musste, sie durch das Geräusch der Flugzeugmotoren zu verstehen.
    »Ein sechzehnter Zauber, den ich kenne: Brauche ich Liebe, so kann ich Verstand und Herz einer jeden Frau wenden.
    Ein siebzehnter bewirkt, dass keine Frau, die ich haben will, jemals einen anderen begehrt.
    Und ich kenne einen achtzehnten Zauber, und dieser Zauber ist der großartigste von allen, aber ich darf diesen Zauber keinem Menschen enthüllen: Ein Geheimnis, das niemand außer einem selbst kennt, ist nämlich das machtvollste Geheimnis, das es jemals geben kann.«
    Er seufzte, und dann schwieg er.
    Shadow spürte, wie ihn eine Gänsehaut überlief. Es kam ihm vor, als wäre ihm soeben ein Fenster nach einem Anderswo geöffnet worden, um einen Blick in weit entfernte Welten freizugeben, wo an jeder Wegkreuzung aufgehängte Männer im Wind schaukelten und Hexen bei Nacht von oben herabkreischten.
    »Laura«, war alles, was er sagte.
    Wednesday wandte den Kopf und blickte Shadow tief in die blassgrauen Augen. »Ich kann sie nicht wieder lebendig machen«, sagte er. »Ich weiß nicht einmal, warum sie nicht so tot ist, wie sie sein sollte.«
    »Das liegt wahrscheinlich an mir«, sagte Shadow. »Es war meine Schuld.«
    Wednesday zog eine Augenbraue nach oben.
    »Mad Sweeney hat mir damals, nachdem er mir den einen Trick gezeigt hat, die Goldmünze gegeben. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, war es die falsche Münze. Was ich von ihm bekommen habe, war sehr viel mächtiger, als er gedacht hatte. Und ich habe sie an Laura weitergegeben.«
    Wednesday grunzte, senkte das Kinn auf die Brust und runzelte die Stirn. Dann lehnte er sich zurück. »Davon könnte es kommen«, sagte er. »Nein, nein, ich kann Ihnen da nicht helfen. Was Sie allerdings in Ihrer Freizeit so unternehmen, ist selbstverständlich Ihre Sache.«
    »Wie bitte«, sagte Shadow, »was soll das denn heißen?«
    »Das heißt, dass ich Sie nicht daran hindern kann, nach Adlersteinen und Donnervögeln zu jagen. Aber ich würde es unendlich viel lieber sehen, wenn Sie Ihre Tage in Lakeside in Ruhe und Abgeschiedenheit verbringen und niemandem unter die Augen oder, wie zu hoffen steht, in den Sinn kommen. Wenn es haarig wird, sollten wir alle Hände am Steuer haben.«
    Er sah jetzt, als er das sagte, sehr alt aus, zerbrechlich auch; seine Haut schien beinahe durchsichtig zu sein, und das Fleisch darunter war grau.
    Shadow hatte den Wunsch, den sehr starken Wunsch, die Hand auszustrecken, um sie auf Wednesdays graue Hand zu legen. Er wollte ihm damit sagen, dass alles gut werden würde – was er zwar durchaus nicht glaubte, was aber dennoch, das hatte Shadow im Gefühl, jetzt gesagt werden musste. Da draußen waren Männer in schwarzen Zügen. Da war ein dicker Jüngling in einer Stretchlimousine, und da waren Leute im Fernsehen, die es nicht gut mit ihnen meinten.
    Er berührte Wednesday nicht. Er sagte nichts.
    Später fragte er sich, ob diese Geste irgendetwas zum Besseren hätte wenden, etwas von dem Unheil hätte verhindern können, das sich ereignen sollte. Er sagte sich, dass das nicht der Fall war. Er wusste, dass es nicht so war. Dennoch wünschte er sich hinterher, dass er auf jenem langsamen Rückflug nach Hause Wednesdays Hand berührt hätte, und sei es nur für einen kurzen Moment.
     
    Das Wintertageslicht war bereits wieder am Schwinden, als Wednesday Shadow vor dessen Wohnung absetzte. Als Shadow die Wagentür öffnete, fühlte sich die Frosttemperatur, verglichen mit Las Vegas, noch abenteuerlicher an als zuvor.
    »Handeln Sie sich keinen Ärger ein«, sagte Wednesday. »Bleiben Sie in Deckung. Schlagen Sie keine Wellen.«
    »Alles gleichzeitig?«
    »Riskieren Sie nur keine kesse Lippe, mein Junge. In Lakeside können Sie sich bestens versteckt halten. Ich habe eine große Gefälligkeit in Anspruch genommen, um Sie hier unterbringen zu können, wo Sie in Sicherheit sind. In einer größeren Stadt hätte man innerhalb von

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