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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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jederzeit der Blicke Wednesdays bewusst, dessen humorlosen Grinsens. Es handelte sich hier also um einen Test, so viel war klar, aber ein Test wofür?
    Im Gefängnis hatte Shadow gelernt, dass es zwei Sorten von Schlägerei gab: den Komm-mir-nicht-dumm -Kampf, aus dem man eine möglichst eindrucksvolle Show machte, und die private Auseinandersetzung, welche ein echter Kampf war, der brutal und gemein geführt wurde und immer nur wenige Sekunden dauerte.
    »He, Sweeney«, sagte Shadow atemlos, »warum schlagen wir uns eigentlich?«
    »Weil es Spaß macht«, sagte Sweeney, jetzt wieder nüchtern oder jedenfalls nicht auffällig betrunken. »Weil es schlicht und einfach eine geile Sache ist. Fühlst du nicht die Begeisterung in den Adern? Ist es nicht wie im Frühling, wenn die Säfte steigen?« Seine Lippe blutete. Ebenso Shadows Fingerknöchel.
    »Also, wie hast du die Münzen hervorgezaubert?«, fragte Shadow. Er wiegte sich mit einer Vierteldrehung rückwärts und federte mit der Schulter einen Schlag ab, der für sein Gesicht bestimmt gewesen war.
    »Das hab ich dir doch gleich zu Anfang gesagt«, grunzte Sweeney. »Keiner aber ist blinder – au! Der war gut! – als der, der nicht zuhören will.«
    Shadow ließ eine Serie von kurzen Haken los und trieb Sweeney damit rückwärts gegen einen Tisch; leere Gläser und Aschenbecher schepperten zu Boden. Er hätte ihn jetzt ausknocken können.
    Shadow warf Wednesday einen Blick zu, dieser nickte. Shadow sah hinunter zu Mad Sweeney. »Sind wir fertig?«, fragte er. Mad Sweeney zögerte, dann nickte er. Shadow ließ von ihm ab und trat mehrere Schritte zurück. Sweeney hievte sich keuchend wieder auf die Füße.
    »Am Arsch!«, grölte er. »Wir sind erst fertig, wenn ich es sage!« Er grinste und warf sich mit erhobenen Fäusten auf Shadow. Dabei trat er auf einen zu Boden gefallenen Eiswürfel und gleich darauf blieb ihm in seiner Bestürzung der Mund offen stehen, weil die Füße unter ihm wegrutschten und er rückwärts fiel. Der Hinterkopf landete mit hörbarem Knall auf dem Fußboden.
    Shadow setzte Mad Sweeney ein Knie auf die Brust. »Zum zweiten Mal: Sind wir fertig mit Prügeln?«, sagte er.
    »Na gut, machen wir Schluss«, sagte Sweeney, indem er den Kopf vom Boden hob. »Der Spaß ist sowieso weg, ist aus mir rausgeflossen wie aus einem kleinen Jungen beim Pissen im Plantschbecken.« Er spuckte daraufhin das Blut aus, das sich im Mund angesammelt hatte, schloss die Augen und begann in tiefen und mächtigen Zügen zu schnarchen.
    Jemand klopfte Shadow auf den Rücken. Wednesday drückte ihm eine Flasche Bier in die Hand.
    Es schmeckte besser als Met.
     
    Shadow erwachte ausgestreckt auf dem Rücksitz einer Limousine. Die Morgensonne blendete ihn, und sein Kopf brummte. Mühsam richtete er sich auf und rieb sich die Augen.
    Wednesday saß am Steuer. Er summte unmelodisch vor sich hin. Ein Pappbecher Kaffee steckte im Becherhalter. Sie fuhren auf einem Interstate Highway. Der Beifahrersitz war leer.
    »Wie fühlen Sie sich an diesem herrlichen Morgen?«, fragte Wednesday, ohne sich umzudrehen.
    »Was ist mit meinem Auto passiert?«, sagte Shadow. »Das war ein Mietwagen.«
    »Mad Sweeney hat ihn für Sie zurückgebracht. Das war Teil der Vereinbarung, die ihr beide letzte Nacht getroffen habt. Nach dem Kampf.«
    Gespräche der letzten Nacht drängten unangenehm in Shadows Erinnerung zurück. »Haben Sie noch mehr von dem Kaffee da?«
    Der stattliche Mann langte unter den Beifahrersitz und reichte eine ungeöffnete Flasche Wasser nach hinten. »Hier. Sie sind vermutlich ziemlich ausgetrocknet. Dies hilft besser dagegen als Kaffee, jedenfalls fürs Erste. Bei der nächsten Tankstelle halten wir und holen Ihnen was zu frühstücken. Sie sollten sich auch sauber machen. Im Moment sehen Sie aus wie etwas, was die Ziege angeschleppt hat.«
    »Die Katze«, sagte Shadow.
    »Ziege«, sagte Wednesday. »Eine riesige stinkende Ziege mit großen Zähnen.«
    Shadow schraubte den Verschluss der Wasserflasche auf und trank. Aus seiner Jackentasche kam ein deutliches Klimpern. Er steckte die Hand hinein und zog eine Münze von der Größe eines halben Dollars heraus. Sie war schwer und von dunkelgelber Farbe.
     
    In der Tankstelle kaufte Shadow sich ein Morgenwäsche-Set, das aus einem Rasiermesser, einer Packung Rasiercreme, einem Kamm und einer mit einer winzigen Zahnpastatube zusammengeschnürten Wegwerfzahnbürste bestand. Dann marschierte er auf die Herrentoilette und

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