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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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dort einen langen Tresen und mehrere Türöffnungen auf der einen Seite des Raumes, zwei verglaste Wartezellen und eine Türöffnung auf der anderen. Eine der Zellen war besetzt – auf dem Betonbett schlief ein Mann unter einer dünnen Decke. Die andere war leer.
    Hinter dem Schalter saß eine müde aussehende Frau in brauner Uniform, die sich die Jay-Leno-Show auf einem kleinen weißen tragbaren Fernseher anschaute. Sie nahm von Chad die Papiere entgegen und quittierte Shadows Ankunft. Chad blieb noch eine Weile, da weitere Formulare auszufüllen waren. Die Frau kam um den Schalter herum, tastete Shadow ab, nahm seinen Besitz entgegen – Brieftasche, Münzen, Haustürschlüssel, Buch, Armbanduhr – und legte alles auf den Tresen, dann gab sie ihm eine Plastiktüte mit orangefarbener Kleidung und forderte ihn auf, in die offene Zelle zu gehen, um sich umzuziehen. Seine Unterwäsche und die Socken durfte er anbehalten. Er ging in die Zelle und zog die orangefarbenen Sachen und ein Paar Badelatschen an. In der Zelle herrschte ein schlimmer Gestank. Auf dem Rücken des Oberteils, das er sich über den Kopf zog, stand in großen schwarzen Buchstaben LUMBER COUNTY JAIL.
    Die Metalltoilette in der Zelle hatte einen Rückstau und war daher bis zum Rand mit einem braunen Eintopf aus verflüssigten Fäkalien und saurem, bierigem Urin gefüllt.
    Shadow kam wieder heraus und übergab der Frau seine Kleidung, die daraufhin in die Plastiktüte zu seinen übrigen Habseligkeiten gesteckt wurde. Die Brieftasche hatte er, bevor er sie hergab, noch einmal durchgesehen. »Passen Sie gut darauf auf«, hatte er zu der Frau gesagt. »Da ist mein ganzes Leben drin.« Die Frau nahm die Brieftasche entgegen und versicherte ihm, dass bei ihnen alles gut aufgehoben sei. Sie bat Chad, ob er das nicht bestätigen könne, und Chad blickte von seinem fast bewältigten Papierkram auf und meinte, ja, da sage Liz absolut die Wahrheit, sie hätten noch nie irgendwelche Besitztümer von Gefangenen verloren.
    Beim Umziehen hatte sich Shadow die vier Hundertdollarscheine, die er aus der Brieftasche genommen und palmiert hatte, in seine Socken gesteckt, zusammen mit dem silbernen Libertydollar, den er beim Leeren der Taschen palmiert hatte.
    »Sagen Sie«, fragte Shadow, als er aus der Zelle kam. »Wäre es okay, wenn ich das Buch noch zu Ende lese?«
    »Leider nein, Mike. Vorschrift ist Vorschrift«, sagte Chad.
    Liz brachte die Tüte mit Shadows Sachen ins Hinterzimmer. Chad sagte, er überlasse Shadow jetzt der kompetenten Obhut von Officer Bute. Liz sah müde und unbeeindruckt aus. Chad ging. Das Telefon klingelte, und Liz – Officer Bute – nahm den Hörer ab. »Okay«, sagte sie. »Okay. Kein Problem. Okay. Kein Problem. Okay.« Sie legte den Hörer wieder auf und verzog das Gesicht.
    »Schwierigkeiten?«, fragte Shadow.
    »Ja. Eigentlich nicht. Ein bisschen. Sie schicken jemanden aus Milwaukee, um Sie abzuholen.«
    »Warum sollte das ein Problem sein?«
    »Ich muss Sie drei Stunden lang hier bei mir behalten«, sagte sie. »Und die Zelle da drüben« – sie zeigte auf die Zelle neben der Tür, in der der Mann schlief – »ist besetzt. Der da steht unter ständiger Beobachtung wegen Selbstmordgefährdung. Ich sollte Sie also nicht mit zu ihm stecken. Aber es lohnt den Aufwand nicht, Sie dem Bezirk zu überschreiben und gleich danach wieder abzumelden.« Sie schüttelte den Kopf. »Und da möchten Sie nicht reingehen« – sie zeigte auf die leere Zelle, in der er sich umgezogen hatte –, »weil das Klo verstopft ist. Da drin stinkt es, oder?«
    »Ja, es ist widerlich.«
    »Es ist einfach die menschliche Natur, jawohl. Je schneller wir in die neuen Räumlichkeiten kommen … also, für mich kann es gar nicht schnell genug gehen. Eine von den Frauen, die wir gestern hier hatten, muss einen Tampon runtergespült haben. Ich sag ihnen immer, sie sollen das lassen. Wir haben Eimer dafür. Die verstopfen immer die Rohre. Jeder verdammte Tampon, der im Klo stecken bleibt, kostet den Bezirk hundert Dollar für den Klempner. Also, ich kann Sie hier draußen sitzen lassen, wenn ich Ihnen Handschellen anlege. Sie können aber auch in die Zelle gehen.« Sie sah ihn an. »Ihre Entscheidung«, sagte sie.
    »Scharf bin ich nicht drauf«, sagte er. »Also, ich nehme die Handschellen.«
    Sie löste ein Paar von ihrem Gürtel und klopfte gleichzeitig demonstrativ auf die halbautomatische Pistole im Halfter, wie um ihn daran zu erinnern, dass die Waffe

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