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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Der kalte Wind zerrte beim Gehen an Shadow und ließ die Laken flattern.
    Er legte Wednesday, so sanft er konnte, in den Bus.
    Jemand klopfte ihm von hinten auf die Schulter. Er drehte sich um. Town stand vor ihm und hielt etwas in der ausgestreckten Hand.
    »Hier«, sagte Mr. Town, »Mister World wollte, dass Sie das bekommen.«
    Es war ein Glasauge. Ein Haarriss zog sich durch die Mitte, und an der Vorderseite war ein winziges Stück abgesplittert.
    »Das haben wir beim Saubermachen im Freimaurertempel gefunden. Behalten Sie es als Glücksbringer. Den können Sie weiß Gott gebrauchen.«
    Shadow schloss die Hand um das Auge. Er hätte gern etwas Kluges und Gewitztes geantwortet, aber Town stand schon wieder beim Geländewagen und war im Begriff einzusteigen, und Shadow fiel einfach kein schlauer Spruch ein.
     
    Sie fuhren nach Osten. Der Sonnenaufgang sah sie in Princeton, Missouri. Shadow hatte noch kein Auge zubekommen.
    »Haben Sie einen bestimmten Wunsch, wo wir Sie rauslassen sollen?«, sagte Nancy. »Wenn ich Sie wäre, würde ich mir irgendeinen Ausweis besorgen und mich nach Kanada absetzen. Oder Mexiko.«
    »Ich bleibe bei euch«, sagte Shadow. »Wednesday hätte es so gewollt.«
    »Ihre Arbeit für ihn ist beendet. Er ist tot. Sobald wir seinen Leichnam abgeladen haben, können Sie gehen, wohin Sie wollen.«
    »Und was soll ich dann tun?«
    »Den Kopf einziehen, solange der Krieg dauert«, sagte Nancy. Er betätigte den Blinker und bog links ab.
    »Verstecken Sie sich für eine Weile«, sagte Tschernibog. »Und wenn alles vorbei ist, kommen Sie zu mir, damit ich die ganze Sache zum Abschluss bringen kann.«
    »Wohin schaffen wir den Leichnam?«
    »Nach Virginia. Da gibt es so einen Baum«, sagte Nancy.
    »Einen Weltenbaum«, sagte Tschernibog mit düsterer Befriedigung. »Wir hatten so einen auch in meinem Teil der Welt. Aber unserer wuchs unter der Welt, nicht darüber.«
    »Wir legen ihn unter den Baum«, sagte Nancy, »und lassen ihn dort. Wir lassen Sie gehen. Wir fahren nach Süden. Dort findet eine Schlacht statt. Blut wird vergossen. Viele sterben. Die Welt verändert sich – ein wenig.«
    »Sie wollen mich nicht bei Ihrer Schlacht dabeihaben? Ich bin ziemlich stark und außerdem ein guter Kämpfer.«
    Nancy wandte sich Shadow zu und lächelte – es war das erste richtige Lächeln, das Shadow auf Mr. Nancys Gesicht sah, seit dieser ihn aus dem Lumber-County-Gefängnis befreit hatte. »Zu großen Teilen wird die Schlacht an einem Ort ausgefochten werden, zu dem Sie keinen Zugang haben.«
    »In den Herzen und Köpfen der Menschen«, sagte Tschernibog. »Wie bei dem großen Karussell.«
    »Hä?«
    »Das Karussell im House on the Rock«, sagte Mr. Nancy.
    »Ach so«, sagte Shadow. »Hinter der Bühne sozusagen. Ich verstehe. Wie die Wüste mit den Knochen.«
    Mr. Nancy hob den Kopf. »Jedesmal, wenn ich denke, dass Sie selbst zum Geradeauslaufen zu blöd sind, überraschen Sie mich. Ja, das ist es, wo die eigentliche Schlacht stattfinden wird. Alles andere wird nur Blitz und Donner sein.«
    »Erzählen Sie mir von der Totenwache«, sagte Shadow.
    »Jemand muss bei dem Leichnam bleiben. Das verlangt die Tradition. Wir werden schon jemanden finden.«
    »Er wollte, dass ich es tue.«
    »Nein«, sagte Tschernibog. »Sie werden dabei draufgehen. Schlechte, ganz schlechte Idee.«
    »Ach ja? Ich gehe drauf? Wenn ich bei dem Leichnam bleibe?«
    »Also, bei meiner Beerdigung würde ich mir das nicht wünschen«, sagte Mr. Nancy. »Wenn ich sterbe, möchte ich nur, dass man mich irgendwo eingräbt, wo es warm ist. Und wenn dann hübsche Frauen über mein Grab gehen, dann pack ich sie am Fußgelenk wie in diesem einen Film.«
    »Den Film hab ich wohl nicht gesehen«, sagte Tschernibog.
    »Doch, natürlich. Am Ende von diesem Highschoolfilm. Wo all die Kids zur Abschlussfeier gehen.«
    Tschernibog schüttelte den Kopf.
    »Der Film heißt Carrie, Mr. Tschernibog«, sagte Shadow. »Okay, einer von euch erzählt mir jetzt von der Totenwache.«
    »Erzähl du«, sagte Nancy zu Tschernibog. »Ich bin mit Fahren beschäftigt.«
    »Von so einem Film hab ich noch nie gehört. Erzähl du.«
    »Also«, sagte Nancy. »Die Person, die die Totenwache hält – wird an den Baum gebunden. Genau wie Wednesday seinerzeit. Und dann muss man neun Tage und neun Nächte da hängen. Ohne Nahrung, ohne Wasser. Ganz allein. Wenn die Zeit um ist, wird die Person abgeschnitten, und falls sie überlebt hat … Na ja, ausgeschlossen ist es

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