American Psycho
Gazellenleder-Brieftasche und drücke dem Maître d’ einen Zwanziger in die unsichere Faust. Er sieht sich den Schein an, verwirrt, murmelt dann »Danke schön« und geht weg wie in Trance.
»Nein. Ich danke Ihnen «, rufe ich ihm nach und nehme meinen Platz gegenüber Bethany ein, dem Pärchen neben uns höflich zunickend, und wenn ich auch versuche, sie so lange zu ignorieren, wie es die Etikette erlaubt, ich kann es nicht. Bethany sieht absolut atemberaubend aus, ganz wie ein Model. Alles ist unscharf. Ich bin nervös. Fiebrige, romantische Anwandlungen – »Hast du in Harvard nicht geraucht?« ist das erste, was sie fragt.
»Zigarren«, sage ich. »Nur Zigarren.«
»Oh«, sagt sie.
»Aber das habe ich mir abgewöhnt«, lüge ich, atme scharf ein und presse meine Hände zusammen.
»Gut so.« Sie nickt.
»Hör mal, hattest du Probleme mit der Reservierung?« frage ich, und ich zittere, verdammt noch mal. Ich lege meine Hände auf den Tisch wie ein Trottel, in der Hoffnung, daß sie unter Bethany wachsamem Blick zu zittern aufhören.
»Hier muß man nicht reservieren, Patrick«, sagt sie besänftigend, streckt eine Hand aus und legt sie auf meine. »Beruhige dich. Du siehst aus wie ein Wilder.«
»Ich bin hurtig, ich meine ruhig«, sage ich schwer atmend, versuche zu lächeln und frage dann unwillkürlich, unfähig, mich zu bremsen: »Wie ist mein Haar?«
»Dein Haar ist wunderbar«, sagt sie. »Schhh. Alles in Ordnung.«
»In Ordnung. Ich bin in Ordnung.« Ich versuche noch einmal zu lächeln, aber ich bin sicher, es sieht wie eine Grimasse aus.
Nach einer kurzen Pause bemerkt sie: »Das ist ein hübscher Anzug. Henry Stuart?«
»Nein«, sage ich beleidigt und befingere das Revers. »Garrick Anderson.«
»Er ist sehr hübsch«, sagt sie, und dann, ernstlich beunruhigt: »Bist du okay, Patrick? Du hast … gezuckt.«
»Hör zu. Ich bin am Boden zerstört. Bin eben erst aus Washington zurück. Ich habe heute morgen das Trump-Shuttle genommen. Es war sehr angenehm. Der Service – wirklich erstklassig. Ich brauche einen Drink.«
Sie lächelt amüsiert und mustert mich auf ihre spröde Art. »War’s das?« fragt sie, wie ich bemerke, mit einer gewissen Süffisanz.
»Ja.« Ich kann einfach nicht zu ihr hinsehen, und es kostet immense Kraft, die Serviette zu entfalten, über meinem Schoß auszubreiten und korrekt zurechtzurücken, mich mit dem Weinglas zu beschäftigen und einen Kellner herbeizuflehen, während das anschließende Schweigen sich zu größtmöglicher Lautstärke steigert. »Und, hast du heute morgen die Patty Winters Show gesehen?«
»Nein, ich war joggen«, sagt sie und lehnt sich vor. »Es ging um Michael J. Fox, stimmt’s?«
»Nein«, korrigiere ich sie. »Es ging um Patrick Swayze.«
»Ach wirklich?« fragt sie, dann: »Man kommt kaum noch mit. Bist du sicher?«
»Ja. Patrick Swayze. Ganz sicher.«
»Wie war’s?«
»Tja, es war wirklich interessant«, erzähle ich ihr und atme tief durch. »Es war fast eine Debatte, die um die Frage kreiste, ob er nun zynisch geworden ist oder nicht.«
»Und was glaubst du?« fragt sie, immer noch lächelnd.
»Tja, na ja, ich bin nicht sicher«, beginne ich nervös. »Es ist eine interessante Frage. Da haben sie nicht genug nachgehakt. Ich meine, nach Dirty Dancing fand ich das eigentlich nicht, aber nach Tiger Warsaw bin ich mir nicht sicher. Vielleicht bin ich verrückt, aber mir war, als hätte ich eine gewisse Bitterkeit entdeckt. Ich weiß nicht.«
Sie starrt mich mit unveränderter Miene an.
»Oh, fast hätte ich’s vergessen«, sage ich und greife in meine Tasche. »Ich habe dir ein Gedicht geschrieben.« Ich reiche ihr das Blatt Papier. »Hier.« Ich fühle mich elend und gebrochen, zermartert, am Rande des Nervenzusammenbruchs.
»O Patrick.« Sie lächelt. »Wie süß.«
»Na ja, du weißt ja«, sage ich und blicke scheu zu Boden.
Bethany nimmt das Blatt Papier und entfaltet es.
»Lies es«, dränge ich enthusiastisch.
Sie überfliegt es zweifelnd, verwirrt, kneift die Augen zusammen, dann dreht sie das Blatt um und sieht nach, ob etwas auf der Rückseite steht. Etwas in ihr begreift, daß es kurz ist, und sie schaut wieder auf die Worte, die in rotem Gekrakel auf der Vorderseite stehen.
»Ist wie ein Haiku, verstehst du?« sage ich. »Lies es. Mach.«
Sie räuspert sich und fängt langsam und mit vielen Pausen zu lesen an. »›Armer Nigger an der Wand. Sieh ihn an.‹« Sie hält inne, linst wieder aufs Papier, fährt
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