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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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der Decke über der Bar hängenden Boxen dringt.
    »Das ist … ich glaube, Belinda Carlisle«, rate ich. »Ich weiß nicht genau.«
    »Aber …« hebt sie an, bricht dann ab. »Ach, vergiß es.«
    »Aber was?«
    »Aber ich höre keinen Gesang.« Sie lächelt und senkt geziert den Blick.
    Ich halte mein Bein still und tue so, als würde ich lauschen. »Aber es ist einer ihrer Songs«, sage ich und füge dann lahm hinzu: »Ich glaube, er heißt ›Heaven Is a Place on Earth‹. Mußt du doch kennen.«
    »Hör mal«, sagt sie, »warst du in letzter Zeit auf Konzerten?«
    »Nein«, sage ich, wünsche, sie hätte von allen Themen nicht ausgerechnet das zur Sprache gebracht. »Ich mache mir nichts aus Livemusik.«
    »Livemusik?« fragt sie interessiert und nippt an ihrem San Pellegrino-Wasser.
    »Ja. Du weißt schon. Eine Band zum Beispiel«, erkläre ich und merke an ihrem Gesichtsausdruck, daß ich genau das Falsche sage. »Ach, hab ich ganz vergessen. U2 habe ich gesehen.«
    »Wie waren sie?« fragt sie. »Die neue CD hat mir sehr gefallen.«
    »Sie waren toll, absolut fantastisch. Irgendwie total …« Ich breche ab, weiß nicht, was ich noch sagen soll. Bethany hebt fragend eine Augenbraue, wartet auf mehr. »Irgendwie total … irisch.«
    »Ich habe gehört, daß sie live ganz gut sein sollen«, sagt sie, und ihre eigene Stimme hat einen leicht musikalischen Tonfall angenommen. »Wen magst du sonst noch?«
    »Ach weißt du«, sage ich, total festgefahren. »Die Kingsmen. ›Louie, Louie‹. Solches Zeug.«
    »Wow, Patrick«, sagt sie und mustert mein Gesicht von oben bis unten.
    »Was ist?« Ich gerate in Panik und fasse mir sofort ans Haar. »Zuviel Mousse? Magst du die Kingsmen nicht?«
    »Nein.« Sie lacht. »Ich kann mich nicht erinnern, daß du auf dem College schon so braun warst.«
    »Aber Farbe hatte ich schon, oder? Ich bin nicht gerade wie eine Wasserleiche durch die Gegend gelaufen, oder?« Ich lege den Ellbogen auf den Tisch, spanne meinen Bizeps und fordere sie auf, den Muskel zu betasten. Nachdem sie ihn widerstrebend berührt hat, komme ich auf meine Fragen zurück. »War ich in Harvard wirklich nicht so braun?« frage ich, komisch-verzweifelt, aber verzweifelt.
    »Nein, nein.« Sie lacht. »Du warst eindeutig der George Hamilton der Klasse von 84.«
    »Danke«, sage ich geschmeichelt.
    Der Kellner bringt unsere Drinks – zwei Flaschen San Pellegrino-Wasser. Zweiter Aufzug.
    »Du bist also bei Mill … dings? Milltaft? Wie hieß es?« frage ich. Ihr Körper, ihr Teint, wirkt straff und rosig.
    »Milbank Tweed«, sagt sie. »Da arbeite ich.«
    »Tja«, sage ich und drücke eine Limone in mein Glas aus. »Das ist wundervoll. Einfach wundervoll. Macht sich das Jurastudium also doch noch bezahlt.«
    »Und du bist bei … P & P?« fragt sie.
    »Ja«, sage ich.
    Sie nickt, hält inne, will etwas sagen, überlegt hin und her, ob sie soll oder nicht, all das in wenigen Sekunden, und fragt dann: »Aber gehört deiner Familie nicht …«
    »Darüber will ich nicht sprechen«, falle ich ihr ins Wort. »Aber du hast recht, Bethany. Ja.«
    »Und du arbeitest noch immer bei P & P?« fragt sie. Jede Silbe dringt in langem Abstand an mein Ohr und explodiert wie ein Überschallknall in meinem Kopf.
    »Ja«, sage ich und sehe mich verstohlen um.
    »Aber …« Sie ist verwirrt. »Hat dein Vater nicht –«
    »Ja, natürlich«, unterbreche ich sie. »Hast du bei Pooncakes schon die Focaccia probiert?«
    »Patrick.«
    »Ja?«
    »Was ist los?«
    »Ich habe nur keine Lust über …« Ich breche ab. »Über die Arbeit zu reden.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich sie hasse«, sage ich. »Jetzt sag mal, hast du Pooncakes schon ausprobiert? Ich finde, Miller hat es unterbewertet.«
    »Patrick«, sagt sie langsam. »Wenn dich die Arbeit so anwidert, warum hörst du nicht einfach auf? Du mußt doch nicht arbeiten.«
    »Weil ich«, sage ich und starre sie direkt an, »weil … ich … dazugehören … will.«
    Nach einer langen Pause lächelt sie. »Ich verstehe.« Noch eine Pause.
    Diesmal breche ich das Schweigen. »Sieh es einfach als, na ja, eine neue Geschäftsauffassung«, sage ich.
    »Wie …« Sie versucht, Zeit zu schinden. »… wie vernünftig.« Noch ein Ausweichmanöver. »Wie, ehm, sinnig.«
    Der Lunch ist mal eine Qual, mal ein Rätsel, das gelöst sein will, mal ein Hindernisrennen, und gleitet dann mühelos über ins Reich der Entspannung, was mir einen gelungenen Auftritt ermöglicht – mein unbezähmbarer

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