American Psycho
Instinkt schaltet sich ein und teilt mir mit, daß er spüren kann, wie scharf Bethany auf mich ist, aber ich halte mich zurück, nicht engagiert, neutral, abwartend. Auch sie gibt sich abwartend, trotzdem flirtet sie. Mit der Einladung zum Lunch ist sie ein Versprechen eingegangen, und kaum ist der Tintenfisch serviert, gerate ich in Panik, überzeugt, mich nie wieder erholen zu können, ehe es nicht eingelöst ist. Sie fällt anderen Männern auf, wenn sie an unserem Tisch vorbeigehen. Manchmal senke ich kühl die Stimme zu einem Wispern. Ich höre etwas – Lärm, seltsame Töne, in meinem Kopf; ihr Mund öffnet und schließt sich, schluckt Flüssigkeit, lächelt, zieht mich an wie ein Magnet voller Lippenstift, sagt irgendwas über Faxgeräte, zweimal. Schließlich bestelle ich einen J&B mit Eis, dann einen Cognac. Sie nimmt Minz-Kokos-Sorbet. Ich berühre, halte ihre Hand, mehr als ein Freund. Sonne strömt ins Vanities, das Restaurant leert sich, es ist bald drei. Sie bestellt ein Glas Chardonnay, dann noch eins, dann die Rechnung. Sie hat sich entspannt, aber etwas geht vor sich. Mein Herzschlag steigt und fällt, stabilisiert sich kurzfristig. Ich höre aufmerksam hin. Einst erwogene Möglichkeiten zerschlagen sich. Sie senkt ihren Blick, und als sie mich ansieht, schaue auch ich zu Boden.
»Und«, fragt sie, » gibt’s da jemanden?«
»Mein Leben ist im Grunde ganz unkompliziert«, sage ich gedankenvoll, meine Wachsamkeit ist einen Moment eingeschläfert.
»Was soll das heißen?« fragt sie.
Ich nippe am Cognac und lächle verstohlen, halte sie hin, stachle ihre Hoffnung an, ihre Träume vom Neuanfang.
»Gibt es jemanden, Patrick?« fragt sie. »Komm schon, sag’s mir.«
Ich denke an Evelyn und murmele: »Ja.«
»Wen?« höre ich sie fragen.
»Eine sehr große Flasche Desyrel«, sage ich in gedankenverlorenem Ton, plötzlich sehr traurig.
»Was?« fragt sie lächelnd, doch dann bemerkt sie etwas und schüttelt den Kopf.
»Ich sollte nicht trinken.«
»Nein, eigentlich nicht«, sage ich, reiße mich zusammen und sage dann gegen meinen Willen: »Ich meine, gibt es überhaupt irgendwen? Gibt es überhaupt Leute, die es gibt? Hat es mich je gegeben? Geben! Was heißt das? Ha! Geben? Ha! Ich weiß nicht, was das soll. Ha!« Ich lache.
Nachdem sie das verdaut hat, nickt sie und sagt: »Dem liegt wohl eine gewisse verquere Logik zugrunde, denke ich.«
Noch eine lange Pause, und furchtsam stelle ich die nächste Frage. »Und bei dir, gibt’s da jemanden?«
Sie lächelt, zufrieden mit sich, und noch immer die Augen gesenkt, gesteht sie mit unvergleichlicher Klarheit: »Na ja, ja, ich habe einen Freund und –«
»Wer?«
»Was?« Sie schaut hoch.
»Wer ist er? Wie heißt er?«
»Robert Hall. Warum?«
»Von Salomon Brothers?«
»Nein, er ist Koch.«
»Von Salomon Brothers?«
»Patrick, er ist Koch. Und Teilhaber eines Restaurants.«
»Welches?«
»Ist das so wichtig?«
»Nein, wirklich, welches?« frage ich und füge dann leise hinzu: »Ich will es im Zagat ausstreichen.«
»Es heißt Dorsia«, sagt sie, dann: »Patrick, bist du okay?«
Richtig, mein Kopf explodiert, und es zerreißt mir den Magen – eine krampfhafte gastritische Übersäuerung; Sterne und Planeten, ganze Galaxien kleiner weißer Kochmützen rasen vor meinem inneren Auge vorbei. Ich presse eine weitere Frage hervor.
»Warum Robert Hall?« frage ich. »Warum er?«
»Na ja, ich weiß nicht«, sagt sie mit leicht beschwipstem Tonfall. »Ich denke, es liegt einfach daran, siebenundzwanzig zu sein und …«
»Ach ja? Bin ich auch. Und halb Manhattan. Und? Keine Entschuldigung, Robert Hall zu heiraten.«
»Heiraten?« fragt sie mit großen Augen, abwehrend. »Habe ich das gesagt?«
»Hast du nicht gesagt verheiratet?«
»Nein, hab ich nicht, aber wer weiß.« Sie zuckt die Achseln. »Vielleicht tun wir’s.«
»Na herr-lich.«
»Wie ich schon sagte, Patrick« – sie funkelt mich an, aber so schelmisch, daß es mir hochkommt – »ich denke, du weißt, daß die Zeit knapp wird. Die biologische Uhr hört einfach nicht auf zu ticken«, sagt sie, und ich denke: Mein Gott, zwei Gläser Chardonnay reichen, um ihr das Geständnis zu entlocken. Jesus, ein Fliegengewicht. »Ich will Kinder haben.«
»Mit Robert Hall?« frage ich ungläubig. »Warum nicht gleich mit Captain Lou Albano, um Himmels willen. Ich versteh dich einfach nicht, Bethany.«
Sie nimmt ihre Serviette, schaut zu Boden und dann hinaus auf den Bürgersteig,
Weitere Kostenlose Bücher