American Psycho
ich verfolgt, als hätte sich im Barney’s jemand an mich gehängt.
Luis Carruthers ist, wie mir scheint, incognito. Er trägt eine Art seidenes Abendjackett mit Leopardenmuster, Hirschlederhandschuhe, einen Filzhut, Pilotenbrille, versteckt sich hinter einer Säule und tut, als würde er sich eine Reihe Krawatten ansehen, und wirft mir schamlos Seitenblicke zu. Vorgebeugt unterschreibe ich irgendwas, eine Rechnung wahrscheinlich, und flüchtig drängt mir Luis’ Anwesenheit den Gedanken auf, daß ein Leben mit dieser Stadt, mit Manhattan, mit meinem Job, doch keine so gute Idee ist, und plötzlich stelle ich mir Luis auf irgendeiner gräßlichen Party vor, einen schönen trockenen Rose trinkend, um einen Stutzflügel gescharte Tunten, Showmelodien, jetzt hält er eine Blume, jetzt trägt er eine Federboa um den Hals, jetzt hämmert der Pianist irgendwas aus Les Miz, Schätzchen.
»Patrick? Bist du das?« höre ich eine zaghafte Stimme fragen.
Wie ein Schockschnitt aus einem Horrorfilm – ein überraschender Zoom – taucht Luis, urplötzlich, ohne Warnung hinter einer Säule auf, gleichzeitig schleichend und springend, falls so was möglich ist. Ich lächle der Verkäuferin zu, rücke betreten von ihm ab zu einem Schaukasten mit Hosenträgern und brauche dringend eine Xanax, eine Valium, eine Halcion, ein Frozfruit, irgendwas. Ich sehe nicht zu ihm hin, ich kann’s nicht, aber ich spüre, daß er näher kommt. Seine Stimme bestätigt es.
»Patrick? … Hallo?«
Ich schließe die Augen, führe eine Hand vors Gesicht und murmele kaum hörbar: »Laß es mich nicht sagen, Luis.«
»Patrick?« sagt er, Unschuld heuchelnd. »Was meinst du?«
Eine scheußliche Pause, dann: »Patrick … warum siehst du mich nicht an?«
»Ich ignoriere dich, Luis.« Ich ziehe die Luft ein und beruhige mich damit, das Preisschild an einem Armani-Button-Up-Sweater zu checken. »Merkst du das nicht? Ich ignoriere dich.«
»Patrick, können wir nicht wenigstens miteinander reden?« fragt er fast wimmernd. » Patrick – sieh mich an.«
Nach einem weiteren scharfen Atemzug lasse ich mich seufzend zu der Antwort herab: »Es gibt nichts, gar-nichts zu reden –«
»Wir können so nicht weitermachen«, fällt er mir ungeduldig ins Wort. »Ich kann nicht so weitermachen.«
Ich brumme etwas. Ich versuche wegzugehen. Er folgt mir hartnäckig.
»Jedenfalls«, sagt er, nachdem wir die andere Seite des Ladens erreicht haben, wo ich so tue, als würde ich mir eine Stange mit Seidenkrawatten ansehen, obwohl um mich alles verschwimmt, »wird es dich freuen zu hören, daß ich versetzt werde … in einen anderen Bundesstaat.«
Eine Last fällt von mir ab, und ich finde die Kraft zu fragen: »Wohin?«
»Oh, in eine andere Niederlassung«, sagt er in erstaunlich entspanntem Ton, vielleicht, weil ich tatsächlich Interesse an seinen Angelegenheiten gezeigt habe.
»In Arizona.«
»Herr-lich«, murmele ich.
»Willst du nicht wissen, warum?« fragt er.
»Nein, eigentlich nicht«, sage ich.
»Deinetwegen«, sagt er.
»Sag das nicht«, flehe ich.
» Deinet wegen«, sagt er wieder.
»Du bist krank «, sage ich zu ihm.
»Wenn ich krank bin, dann deinetwegen «, sagt er etwas zu beiläufig und schaut prüfend auf seine Fingernägel. »Deinetwegen bin ich krank, und ich werde auch nicht wieder gesund.«
»Diese Obsession von dir übersteigt mittlerweile jedes vernünftige Maß. Un-ver-hältnismäßig übersteigert«, sage ich und gehe in die nächste Reihe.
»Aber ich weiß, daß du dasselbe fühlst wie ich«, sagt Luis und kommt mir nach. »Und ich weiß, daß nur …« Er senkt seine Stimme und zuckt die Achseln. »Nur weil du manche … Gefühle nicht eingestehen willst, heißt das noch nicht, daß du sie nicht hast.«
»Was willst du damit sagen?« zische ich.
»Daß ich weiß, daß du genauso empfindest wie ich.« Dabei nimmt er dramatisch die Sonnenbrille ab, als sei das der Beweis.
»Du hast da … einen falschen Schluß gezogen«, röchele ich. »Deine Recherche war offensichtlich ungenügend.«
»Warum?« fragt er. »Ist es so falsch, dich zu lieben, Patrick?«
»O … mein … Gott.«
»Dich zu begehren? Bei dir sein zu wollen?« fragt er. »Ist das so falsch?«
Ich spüre, daß er mich hilflos anstarrt, daß er dem totalen emotionalen Zusammenbruch nahe ist. Nachdem er fertig ist, habe ich keine andere Antwort als ein langes Schweigen. Schließlich bekämpfe ich es, indem ich zische: »Woher kommt nur deine unheilbare
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