American Psycho
Platte von Huey Lewis and the News. Der Angry Young Man ist nun endgültig durch einen abgeklärten, professionellen Musiker ersetzt worden, und auch wenn Huey eigentlich nur ein Instrument zu beherrschen gelernt hat (die Mundharmonika), gibt der majestätische, dylaneske Sound Small World eine Größe, die nur wenige Künstler erreicht haben. Es markiert offensichtlich einen Kurswechsel und ist ihr erstes Album, das versucht, inhaltlich geschlossen zu sein – tatsächlich nimmt sich Huey eines der wichtigsten Themen überhaupt an: der Bedeutung globaler Verständigung. So nimmt es nicht wunder, daß vier der zehn Stücke auf dem Album das Wort »Welt« im Titel führen, und das zum ersten Mal nicht eine, sondern drei Instrumentalnummern dabei sind.
Die CD hebt furios mit dem von Lewis und Hayes verfaßten »Small World (Part One)« ab, in dessen Zentrum neben seiner Botschaft von Harmonie ein mörderisches Solo von Hayes steht. In »Old Antone’s« kann man die Zydeco-Einflüsse wiederfinden, die die Band auf ihren Touren durchs Land aufgegriffen hat, und das gibt dem Stück ein ganz einzigartiges Cajun-Feeling. Bruce Hornsby spielt das Akkordeon ganz wunderbar, und der Text vermittelt etwas vom wahren Geist des Bayou. Auf der Hit-Single »Perfect World« werden die Tower-of-Power-Bläser erneut ungeheuer wirksam eingesetzt. Gleichzeitig ist das auch die beste Nummer des Albums (geschrieben von Alex Call, der kein Bandmitglied ist) und faßt alle Inhalte des Albums exemplarisch zusammen – wie man die Unzulänglichkeiten dieser Welt akzeptieren kann, ohne zu verlernen, vom »livin’ in a perfect world« zu träumen. Obwohl das Stück ein schneller Popsong ist, it’s still moving in terms of its intentions, und die Band spielt es ganz hervorragend. Merkwürdigerweise folgen dann zwei Instrumentals: die schaurige Reggae-Nummer »Bobo Tempo« mit afrikanischen Einflüssen und der zweite Teil von »Small World«. Aber nur, weil die Stücke keinen Text haben, heißt das nicht, daß die globale Botschaft der Verständigung verloren ist, und dank der Bedeutungsvielfalt, die in den thematischen Wiederholungen anklingt, wirken sie keineswegs wie Lückenfüller; außerdem hat die Band die Gelegenheit, uns ihr Improvisationstalent vorzuführen.
Seite zwei eröffnet mitreißend mit »Walking with the Kid«, der erste Huey-Song, der die Vaterpflichten anerkennt. Seine Stimme klingt reif, und auch wenn wir, als Zuhörer, erst in der letzten Textzeile erfahren, das »the kid« (von dem wir annehmen, es sei ein Kumpel) in Wirklichkeit sein Sohn ist, so gibt die Abgeklärtheit in Hueys Stimme uns doch schon einen Hinweis, und es ist kaum zu glauben, daß der Mann, der »Heart and Soul« und »Some of My Lies Are True« gesungen hat, dies singt. Die große Ballade des Albums, »World to Me«, ist ein verträumtes Kleinod von Song, und obwohl sie davon handelt, in einer Beziehung zusammenzuhalten, spielt sie auch auf China, Alaska und Tennessee an, so dem »Small World« -Thema des Albums treubleibend, und die Band klingt wirklich prima. »Better Be True« ist auch so etwas wie eine Ballade, aber es ist kein verträumtes Kleinod, und der Text handelt eigentlich weder davon, in einer Beziehung zusammenzuhalten, noch gibt es Anspielungen auf China oder Alaska, und die Band klingt wirklich prima.
»Give Me the Keys (And I’ll Drive You Crazy)« ist ein bodenständiger Bluesrocker übers Herumfahren (was sonst?), der das Thema des Albums weitaus spielerischer aufgreift, als es die vorherigen Stücke getan haben, und obwohl der Text etwas dürftig wirken könnte, ist es doch ein Beleg dafür, daß der neue Lewis – Huey, der Künstler – nicht völlig seinen verspielten Sinn für Humor verloren hat. Das Album endet mit »Slammin’«, das keinen Text hat und eigentlich nur aus Bläsersätzen besteht, die einem offen gesagt, wenn man es richtig laut aufdreht, verdammt große Kopfschmerzen bereiten und vielleicht sogar auf den Magen schlagen können, doch vielleicht klingt es auf Platte oder Kassette ja anders, ist mir aber nicht bekannt. Egal, es hat etwas Bösartiges in mir geweckt, das tagelang anhielt. Und tanzen dazu kann man auch nicht besonders.
Um die hundert Leute waren nötig, um Small World fertigzustellen (einschließlich aller Gastmusiker, Drum-Programmierer, Buchhalter, Rechtsanwälte – denen allen gedankt wird), aber das paßt zum Thema der CD, die Gemeinsamkeit, und überfrachtet die Platte keineswegs – es
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