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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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mich … irgendwie … verwechselt haben«, sage ich.
    Er hält das Taxi an und dreht sich zum Rücksitz um. Er richtet eine Pistole auf mich, deren Typ ich nicht erkenne. Ich starre ihn an, mein verstörter Gesichtsausdruck verändert sich.
    »Die Uhr. Die Rolex«, sagt er schlicht.
    Ich höre es schweigend, winde mich im Sitz.
    Er wiederholt: »Die Uhr. «
    »Was soll das? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?« frage ich.
    »Raus«, spuckt er. »Scheiße noch mal, raus aus dem Wagen.«
    Ich starre am Kopf des Fahrers vorbei durch die Windschutzscheibe auf Möwen, die niedrig über dem dunklen, bewegten Wasser schweben, öffne die Tür und steige aus dem Taxi, vorsichtig, ohne hastige Bewegungen. Ein kalter Tag. Mein Atem dampft, Wind nimmt ihn auf und wirbelt ihn hoch.
    »Die Uhr, du Drecksack«, sagt er, aus dem Fenster gelehnt, die Pistole auf meinen Kopf gerichtet.
    »Hören Sie, ich weiß nicht genau, was Sie sich dabei denken, was Sie hier vorhaben oder wieso Sie glauben, daß Sie damit durchkommen. Mir sind nie Fingerabdrücke abgenommen worden, ich habe Alibis –«
    »Schnauze«, grunzt Abdullah und schneidet mir das Wort ab. »Halt einfach deine Drecksschnauze.«
    »Ich bin unschuldig«, schreie ich in tiefster Aufrichtigkeit.
    »Die Uhr.« Er spannt die Pistole.
    Ich löse die Uhr, ziehe sie mir vom Handgelenk und reiche sie ihm.
    »Brieftasche.« Er wedelt mit der Pistole. »Nur Cash.«
    Hilflos packe ich meine neue Brieftasche aus Antilopenleder aus und reiche ihm mit klammen, tauben Fingern schnell das Geld, zum Glück sind es nur dreihundert Dollar, weil ich vor dem Powerfrühstück nicht mehr zum Geldautomaten gekommen bin. Solly war, wie ich vermute, der Taxifahrer, den ich bei der Verfolgungsszene im Herbst getötet habe, obwohl der Typ Armenier war. Gut möglich, daß ich auch einen anderen getötet habe und mir dieser spezielle Anlaß entfallen ist.
    »Was wollen Sie tun?« frage ich. »Gibt es eine Belohnung oder so?«
    »Nein. Keine Belohnung«, brummt er, zählt mit der einen Hand die Scheine, die andere, mit der Pistole, noch auf mich gerichtet.
    »Woher wollen Sie wissen, daß ich Sie nicht anzeige und Ihre Lizenz einziehen lasse?« frage ich und reiche ihm ein Messer, das ich gerade in meiner Tasche gefunden habe – sieht aus, als wäre es in einen Eimer Blut und Haare gefallen.
    »Weil Sie schuldig sind«, sagt er, und dann: »Bleib mir vom Leib«, mit der Pistole auf das verschmierte Messer deutend.
    »Das wissen ausgerechnet Sie«, murmele ich wütend.
    »Die Sonnenbrille.« Er wedelt wieder mit der Pistole.
    »Woher wollen Sie wissen, daß ich schuldig bin?« Ich kann kaum glauben, wie ruhig ich die Frage stelle.
    »Sieh dich doch an, Arschloch«, sagt er. »Die Sonnenbrille.«
    »Die ist teuer«, protestiere ich, seufze dann, als ich meinen Fehler bemerke. »Ich meine billig. Wirklich billig. Nur … reicht das Geld nicht auch?«
    »Sonnenbrille. Her damit, aber schnell«, grunzt er.
    Ich nehme die Wayfarers ab und gebe sie ihm. Vielleicht habe ich wirklich einen Solly getötet, obwohl ich mir sicher bin, daß alle Taxifahrer, die ich in letzter Zeit getötet habe, keine Amerikaner waren. Vielleicht doch. Vielleicht hängt wirklich ein Fahndungsplakat von mir im … wo die Taxis – der Platz, wo die ganzen Taxis stehen? Wie heißt er denn noch? Der Fahrer setzt die Sonnenbrille auf, sieht sich im Rückspiegel an, und nimmt sie dann wieder ab. Er klappt die Brille zusammen und steckt sie in seine Jackentasche.
    »Du bist ein toter Mann.« Ich lächle ihn grimmig an.
    »Und du bist ein Yuppie-Drecksack«, sagt er.
    »Du bist ein toter Mann, Abdullah«, wiederhole ich. Mit mir ist nicht gut Kirschen essen. »Warte auf mich.«
    »Aja? Und du bist ein Yuppie-Drecksack. Was ist wohl schlimmer?« Er startet das Taxi und fährt weg.
    Auf dem Rückweg zum Highway bleibe ich stehen, schlucke aufsteigende Tränen herunter, meine Kehle ist zugeschnürt. »Ich will doch …« Ich sehe die Skyline und murmele wie ein Kind vor mich hin: »… doch nur, daß es weiterläuft.« Während ich wie angewurzelt dastehe, erscheint eine alte Frau hinter einem Plakat der Dreigroschenoper an der verlassenen Bushaltestelle, sie ist obdachlos und bettelt, humpelt zu mir rüber, das Gesicht voller Narben, die aussehen wie Käfer, und hält mir eine zitternde rote Hand hin. »Oh, bitte, warum gehen Sie nicht einfach«, seufze ich. Sie sagt mir, ich soll mir die Haare schneiden lassen.

Bei Harry’s
    Ein

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