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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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verändert worden.
    Sie sind Josua.
    Das ist Ihr Name.
    Es ist auch Ihr Zugriffscode.
    Alle Antworten, die Sie brauchen, sind Ihnen zugänglich. Sie müssen nur Ihren Namen nennen. Denken Sie ihn. Akzeptieren Sie ihn und gewöhnen Sie sich daran.
    Josua.
    Sagen Sie Ihren Namen.
    Josua.
    Nein.
    Sagen Sie ihn.
    Ich will nicht.
    Sagen Sie ihn!
    Mit wüstem, gewaltsamem Drehen und Rucken zerrte Angus seinen rechten Arm aus der Fesselung. Indem er wild um sich schlug, stieß er einen der Ärzte nieder, zerschlug einen Monitor und rupfte sich sämtliche intravenösen und sonstigen Schläuche aus dem Leib. Möglicherweise hätte er sich etwas angetan, wäre nicht jemand so geistesgegenwärtig gewesen, auf die Tasten seines Zonenimplantat-Kontrollgeräts zu drücken und ihn ›abzuschalten‹.
    Das Band zwischen seinem Hirn und dem Computer war nach wie vor inaktiv.
    Heiliger Äskulap, schalt halblaut ein Mediziner. Wie kann er bloß so ’n Aufstand veranstalten? Er ist doch gar nicht richtig wach. Er müßte so leicht lenkbar wie ein Kind sein.
    Aber Angus brauchte nicht wach zu sein, um seinen Alptraum zu fürchten. Im Grunde genommen beruhten alle verschiedenartigen, starken Ängste seines Lebens samt und sonders auf einer einzigen Furcht, entsprangen einem gewaltigen Riß in seiner Seele, der von der Oberfläche seines Wahrnehmungsvermögens bis hinab in seinen metaphysischen Wesenskern klaffte. Nie hatte er gezögert, alles zu bekämpfen, alles zu vernichten, das diesen Abgrund zu öffnen drohte…
    Er lag mit gespreizten Gliedmaßen in seinem Kinderbett…
    Alles und jedes außer Morn Hyland. Doch diese Ausnahme hatte sich ergeben, weil sie aus seiner Sicht – durch die tückische Logik der Vergewaltigung und Versklavung – auf die gleiche Art sein Besitz geworden war, wie ihm die Strahlende Schönheit gehört hatte. Wie die Strahlende Schönheit war sie ihm unentbehrlich geworden, obwohl die Unentbehrlichkeit sie für ihn unendlich gefährlicher machte…
    …die mageren Hände und Füße an die Leisten gebunden…
    Sein Raumschiff jedoch war demontiert worden. Um Morn stand es anders. Sie hatte man ihm entwunden. Jetzt verhielt es sich mit ihr so wie mit seinem Grauen, sie war irgendwo, seiner Macht entzogen, sie konnte überall sein…
    … während seine Mutter ihm Schmerzen zufügte…
    … überall sein, um nachzuspüren, mochte ihm, für ihn bestimmtes Unheil in den Händen, längst nachjagen, ihn schon beschleichen, um den Boden unter seinen Füßen aufzusprengen…
    … ihm harte Gegenstände ins Gesäß und in den Rachen rammte, mit Nadeln das Geschlechtsteil zerstach…
    … so daß er den tiefen Sturz hinab, hinab in die Kluft des Grauens täte und dem Abgrund nie mehr entsteigen, nie wieder der vollkommenen Wehrlosigkeit und grenzenlosen Qual entrinnen könnte, die am Mittelpunkt seines Wesens auf ihn lauerte.
    … und dabei lachte…
    … und danach tröstete sie ihn, als wäre er es, den sie liebte, nicht der Anblick seiner roten, geschwollenen Wunden oder die erstickten Laute seines Jammers.
    Weil er keine andere Zuflucht hatte, zog sich Angus in sich selbst zurück, um vor sich selbst zu fliehen.
    Aber die Ärzte tolerierten keine Flucht. Der Schlaf, den sie ihm gewährten, erfüllte seinen Geist mit diffuser Verschwommenheit und hintertrieb seine Bemühungen; und sobald er vom Fluchtweg abgeirrt war, holten sie ihn hartnäckig abermals ins Bewußtsein zurück, verwendeten neue Medikamente, andere Methoden der Stimulation.
    Sie sind verändert worden, klärte man ihn auf.
    Sie sind Josua.
    Das ist Ihr Name.
    Es ist auch Ihr Zugriffscode.
    Alle Antworten, die Sie brauchen, sind Ihnen zugänglich. Sie müssen nur Ihren Namen nennen.
    Diesmal war die Furcht vor seinen Erinnerungen, vor dem, an das er sich erinnern könnte, größer als seine Furcht vor Zwang und Unterwerfung. Letzten Endes war jede Furcht gleich; doch bis er sich zu dem Gleichmut, der vielleicht dieser Erkenntnis nachfolgte, durchgerungen hatte, standen ihm noch Entscheidungen frei. Und der richtige Entschluß mochte den Sturz in den Abgrund aufschieben.
    »Mein Name«, ächzte er, röchelte gegen die durch langes Schweigen verursachte Trockenheit seiner Stimmbänder an, »ist Angus.«
    Gleichzeitig nannte er mit der Deutlichkeit eines wichtigen Schlüsselworts im Kopf einen anderen Namen.
    Josua.
    Er hatte eine Wahl getroffen. Um sich die Möglichkeit offenzuhalten, eventuell eines Tages wieder andere Entscheidungen treffen zu

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