Amnion 2: Verbotenes Wissen
Sternen-Emblem.
Bevor sie die Zelle betrat, wandte sie sich an den Wärter, der sie und Taverner begleitete.
»Schalten Sie Ihre Monitoren ab!« befahl sie. »Ich wünsche keine Aufzeichnung des Gesprächs.«
Zum Einverständnis nickte Milos Taverner dem Wärter zu, doch wahrscheinlich bedurfte die Anweisung gar nicht seiner Billigung. Die Frau redete in einem Ton, der anzeigte, wie genau sie wußte, daß man ihr gehorchte. Und die nervöse Zackigkeit, mit der daraufhin der Wärter salutierte, glich einer Garantie seines Gehorsams.
Sobald der Wärter gegangen war, um ihre Anordnung auszuführen, trat die Frau in die Zelle und schloß die Tür.
Angewidert rümpfte die Besucherin die Nase, während sie Angus und seine Unterkunft betrachtete. »Sie vergeuden keine Fürsorge an Ihre Häftlinge, was, Milos?«
Etwas ratlos zuckte Taverner die Achseln. Man sah ihm seine Unzufriedenheit an. Er zog eine Packung Niks aus der Tasche, als täte er es unwillentlich. Dann stutzte er und schob mißmutig das Päckchen zurück in die Tasche.
»Er hält’s absichtlich so«, antwortete er mit merklicher Mühe. »Das Psychoprofil verweist auf Suizidneigung, aber er täuscht alles nur vor. Das eine Mal, als wir ihm geglaubt haben, ist er uns fast entwischt.«
Achtlos nickte die Frau. »Ich weiß. Ich habe die Akte gelesen. Einmal vorausgesetzt, die Daten sind nicht frisiert worden.« Eine gewisse Unbekümmertheit milderte ihren Sarkasmus; stärkere Töne hatte sie nicht nötig. »Was ich freilich voraussetze.«
Milos duckte den Kopf. »Wollen Sie hier über die Angelegenheit sprechen, in seiner Anwesenheit? Ich habe ein eigenes Büro.« Die Flecken auf seiner Kopfhaut wirkten augenfälliger als sonst. »Er merkt sich alles. Glauben Sie nicht, er vergäße was. Er grübelt jetzt schon darüber nach, wie er Sie zu seinen Gunsten ausnutzen kann.«
Angus’ feiger Blick blieb verschleiert; er verheimlichte seine Bösartigkeit.
»Darum geht es ja.« Aus der Antwort der Frau sprach eine vielschichtige Art der Ungnädigkeit. »Dazu hat er ein Recht. Nach allem, was Sie mit ihm getrieben haben, hat er dazu das Recht. Sie haben schon genug Vorteile gehabt. Mehr räume ich Ihnen nicht ein.«
Aber da hatte es den Anschein, als ob das Mißvergnügen des Stellvertretenden Sicherheitsdienstleiters ihren Ärger beschwichtigte. »Bis jetzt haben wir Ihnen vertraut«, fügte sie hinzu, als ob sie fair zu sein beabsichtigte. »Sie haben uns nicht im Stich gelassen.«
Milos’ Entgegnung bezeugte eine sonderbare Würde. »Es ist mir egal, ob Sie mir trauen oder was weiß ich denken. Die Hauptsache ist, Sie nehmen ihn mit. Sorgen Sie dafür, daß er nicht die Schnauze aufreißt, und schaffen Sie ihn aus der Station fort. Bevor wir beide Schaden erleiden.«
Die Frau hob die Brauen. »Wenn Sie’s so eilig haben, ihn loszuwerden, warum haben Sie dann nicht Hashi Lebwohls Anweisung befolgt?«
Hashi Lebwohls Anweisung. Panik befiel Angus, so daß sein Magen sich aufbäumte, als wäre er mit dem Stunnerknüppel gekitzelt worden. Hashi Lebwohl, Direktor der Abteilung Datenakquisition der VMKP. Jeder Illegale, der sich je im Asteroidengürtel betätigt hatte, kannte Hashi Lebwohl aufgrund seiner Reputation und zahlloser Gerüchte. Es hieß, er sei ein Wahnsinniger.
Sie haben schon genug Vorteile gehabt. Mehr räume ich Ihnen nicht ein.
Was, zum Teufel, sollte denn das besagen?
Aber Taverner reagierte nicht auf die Erwähnung des Namens. »Weil der Sicherheitsdienst sich provoziert gefühlt hat«, antwortete er und behielt seine ungewohnte Würde aufrecht. »Sogar die Stationszentrale war verstimmt. Wollte man sich nicht für die Beleidigung revanchieren, würden Sie nicht bloß durch einen Stellvertretenden Leiter wie mich begleitet, sondern hätten ein ganzes Komitee um sich. Aber man wird trotzdem auf Ihren Wunsch eingehen. Sie brauchen nur persönlich mit denen zu reden.«
»Dank Ihnen.«
Die Frau stand Angus zugekehrt, musterte ihn, während sie sprach. Angus konnte nicht erkennen, ob sie ihn oder Taverner meinte.
»Wieso?« fragte Milos. Sein Moment der Würde war vorüber. Jetzt sah er nur noch nach Unbehagen aus. Möglicherweise mißtraute er seinen Untergebenen und befürchtete, sie hätten die Monitoren nicht abgeschaltet.
»Ich denke an das Autorisierungsgesetz«, erklärte die Frau. »Was glauben Sie wohl, wie wir’s gedreht haben, es verabschieden zu lassen? Was meinen Sie, weshalb wir an Sie das Ersuchen gerichtet haben,
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