Amnion 2: Verbotenes Wissen
Laß mich Dritte für die Daten sein. In einigem Umfang habe ich ja die passende Ausbildung gehabt, und das Übrige kann ich lernen.«
Laß mich an die Computer. Damit ich herausfinde, was wir tun, wohin wir fliegen. Gib mir eine Chance, um die Wahrheit zu erfahren.
Vertrau mir.
Mikka machte Anstalten, sich dagegen auszusprechen; doch als sie Nicks Miene sah, verzichtete sie darauf, schloß fest den Mund.
Nick grinste breiter. »Ich bin wie ein Flaschengeist«, erklärte er, als wäre alles nur ein ausgeklügeltes Spiel. Sein Tonfall bezeugte eine Mischung aus Vorwitzigkeit und Lüsternheit. »Reibe mich an der richtigen Stelle, und ich erfülle deine Wünsche.« Plötzlich schwang er die Arme hoch über den Kopf empor. »Paff! Und schon bis du Datensysteme-Drittoperatorin.« Lind, Malda und der Steueranlagen-Hauptoperator, vor Streß und Verunsicherung völlig verkrampft, lachten nervös. In Mikkas und Carmels verdrossenen Mienen stand Argwohn. Mackern stieß ein gedämpftes Ächzen aus, einen schwachen Hauch des Aufatmens.
Morn salutierte zackig vor Nick, wie sie es oft vor ihrem Vater getan hatte. Während sie auf sein Spiel einging, verbannte sie jeden Nachklang von Tod und Verlust aus ihrem Gesichtsausdruck.
»Bitte um Erlaubnis, die Brücke verlassen zu dürfen, Kapitän Succorso.«
»Erlaubnis gewährt«, antwortete er, als unterbreitete er damit einen hinlänglich lasziven Vorschlag, um seinen Pulsschlag zu beschleunigen.
Morn Hyland durchquerte, solange sie unvermindert den Vorteil der Situation nutzen konnte, die Konnexblende und verließ das Kommandomodul.
Ohne ihre Id-Plakette; nahezu ohne jede ihr bekannte oder erkennbare Identität. Sie hatte sie für etwas aufgegeben, dessen Wert sie gegenwärtig noch nicht abzuschätzen vermochte.
Aber sie ging nicht ins Krankenrevier. Weil seltsame Ruhe sie durch und durch erfüllte, drängte es sie nicht, die getroffene Entscheidung umgehend in die Tat umzusetzen.
8
Morn suchte nicht das Krankenrevier auf; ebensowenig fuhr sie in den Mittelbereich des Raumschiffs hinab, um Parmute ausfindig zu machen, die Datensysteme-Zweitoperatorin, der es oblag, dafür zu sorgen, daß Morn über ihre Pflichten Bescheid wußte.
Vielmehr kehrte sie in ihre Kabine zurück, um sich auf Nick vorzubereiten.
Nach ihrer Überzeugung würde er zu ihr kommen, sobald sich dazu die Gelegenheit ergab; wenn feststand, daß das Rückkopieren der Daten aus dem Data-Nukleus in die Bordcomputer reibungslos verlief; sobald er und Mikka ihre Pläne geschmiedet hatten, um das Virus zu ›überlisten‹. An seinen Narben und in seinen Augen hatte sie seine wiedererwachte Wollust bemerkt. Je mehr es sich für ihn lohnte, sie zu begehren, um so stärker mußte sein Verlangen nach ihr zunehmen; um so dringlicher trieb es ihn dahin, seine Macht über sie zu beweisen.
Morn war darauf gefaßt. Dazu verhalf ihr das Z-Implantat.
Aber als sie allein in der Kabine nackt auf der Koje ruhte, sich unter der Matratze das schwarze Kästchen bereitgelegt hatte, kreisten ihr sonderbare Gedanken durch den Kopf.
Wie wäre es wohl, ein Kind zu haben?
Sie besah sich ihren Bauch, um nachzuschauen, ob das gekeimte Leben schon sichtbar sei; betastete ihre Brüste, um zu prüfen, ob sie empfindlicher geworden seien und schwollen. Welche Art von innerem Antrieb empfände sie, der ihr die Plackerei der Geburt als erträglich vorgaukeln könnte? Auf intellektueller Ebene wußte sie, daß sie diese Fragen um Monate zu früh aufwarf. Doch sie interessierten sie, weil Sorge und Neugierde sie bewegten – und weil sie sich einsam fühlte. Sie hätte sich nie für eine Schwangerschaft entschieden. Aber jetzt, nachdem sie ihr aufgezwungen worden war, entdeckte sie daran immer mehr verblüffende Aspekte.
Welchen Effekt hätte das Z-Implantat auf ihr Kind?
Müßte es dadurch irrsinnig werden? Könnten all die unangemessenen Ausschüttungen von Hormonen und Endorphinen es schädigen? Würde ihre künstlich aufgebaute, grenzenlose Wollust es seinem Vater ähnlicher oder unähnlicher machen?
Ach, Shit!
Ohne jedes Vorzeichen verflog ihre Abgehobenheit; ihre Gelassenheit schmolz dahin, zerrann wie Wachs. Erschrocken über die Richtung, in die ihre Überlegungen tendierten, schüttelte sie sich unwillkürlich, versuchte ihr Gefühl geistiger Klarheit wiederherzustellen. Meine Güte, was scherte es sie, wie das Z-Implantat ihrem unerwünschten Fötus bekam? Völlig gleich, was sich ereignete, sie hatte die
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