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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hatten, traf zumeist ein Schuß von vorn. Bis zu seiner Begegnung mit Morn hatte er in seinem Leben nur eines bereut; jemals irgendwem soweit vertraut zu haben, daß jenes Weib ihm die Narben hatte einritzen können. Leider krankte seine bittere Begierde, die Fehler, die ihm bei Morn unterlaufen waren, zu korrigieren, an dem Unvermögen, die eigene Schwäche einzusehen. Statt dessen rumorten sie jetzt in ihm wie Magenkrämpfe, unterminierten seine Kräfte, minderten seine Stärke.
    Morn war so schön… Nie war er näher daran gewesen, seine Narben zu heilen, als wenn er mit ihr geschlafen hatte. Und alles war bis ins Kleinste Betrug gewesen. Geradeso wie beim erstenmal; genau wie bei der Frau, die ihm das Gesicht zerschnitten hatte. Das willkommene Beinespreizen Morns hatte sich als stählerne Falle herausgestellt; als Fangeisen, das ihm nahezu die Männlichkeit abklemmte, ihn der Fähigkeit beraubte, sich selbst gegen übermächtige Herausforderungen zu behaupten; als ob ihre Schenkel nur zu dem Zweck geklafft hätten, ihm den Teil seines Ichs zu amputieren, der es gewohnt war, nie zu unterliegen.
    Was sie ihm angetan hatte, verursachte ihm solche Herzbeschwerden, als hätte sie ihm ein Messer nicht bloß in die Wangen geritzt, sondern direkt in die Pumpe gebohrt.
    Wieso, zum Satan, brauchte die Leitzentrale so lang?
    »Wahrscheinlich haben sie sich mit einer ernsten Abwägung zu befassen«, sagte Mikka, als wäre seine Frage nicht nur rethorisch gewesen. »Sie müssen überlegen, auf wessen Seite sie stehen. Das dürfte wohl das erste Mal der Fall sein.«
    Erstmals seit Nick seine Erste Offizierin kannte, wirkte ihre gewohnheitsmäßig mürrische Miene nicht bloß wie ein Anzeichen der Verschlossenheit und Reserviertheit. Vielmehr gelangte jetzt offene Kritik, ja sogar Feindseligkeit darin zum Ausdruck. Sie rechtfertigte die Befürchtung, daß sie ihm nicht mehr vertraute; ihm, Nick Succorso, der für sie einmal so außer Zweifel gestanden hatte wie die Umlaufbahnen der Sterne.
    Auch das hatte Morn ihn gekostet.
    »Kann sein, es wundert dich«, knurrte er aus der Tiefe seines bitterheißen Bedauerns, »aber das wußte ich schon.«
    Stoisch zuckte Mikka die Achseln.
    »Egal worüber sie reden, der Richtstrahl ist zu eng gebündelt, um irgendwas aufzufangen«, meldete Scorz in fahrigem Tonfall. »Ich höre ein Zwitschern, aber sonst krieg ich nichts rein.«
    Nick bemühte sich, Mikka und Morn aus seinen Gedanken zu verdrängen. »Verfluchte Scheiße und elender Dreck«, nuschelte er, als wüßte er nicht, daß er sich ständig wiederholte.
    Kassaforts Leitzentrale funkte fortgesetzt nur routinemäßige Flugverkehrsinformationen, Trajektorie-Bestätigungen und Stationsprotokolle; sonst nichts.
    Nick schritt unentwegt die Brücke ab und versuchte nachzudenken.
    Irgendwann mußte er seine Aura der Überlegenheit und des Selbstbewußtseins zurückgewinnen; sie vortäuschen, falls er es nicht schaffte, sie wiederzulangen. Seine Besorgtheit und Reuigkeit steckten an: je unsicherer ihm zumute wurde, um so stärker wuchs in bezug auf ihn die Unsicherheit seiner Crew. Mikka war nicht die einzige, die jetzt an ihm zweifelte; in ihrem Fall hatte es allerdings die schlimmsten Folgen, weil sie das tüchtigste Crewmitglied war, er sich auf sie stets am meisten verlassen hatte. Sib Mackern schrak zusammen, sobald sein und Nicks Blick sich trafen. Und Ransums Nervosität nahm zu. Normal war, daß sie sich auf ihre Hände beschränkte; doch inzwischen bemerkte man sie auch in der Weise, wie sie den Kopf drehte, und sie scharrte unablässig mit den Füßen, als wollte sie unbewußt fortlaufen, die Flucht ergreifen.
    Schon drei Personen auf der Brücke mißtrauten Nick genug, um als unzuverlässig zu gelten.
    Wer außer ihnen empfand ähnlich? Vielleicht niemand außer Vector Shaheed. Und Vectors Haltung war vorhersehbar: er hatte allen Anlaß zu der Erwartung, daß Nick ihm nach dem Leben trachtete. Scheiße, der ewig phlegmatische Arsch hatte wahrhaftig nichts anderes verdient, als totgeschlagen zu werden. Er hatte einen Befehl mißachtet.
    Möglicherweise hatte der Argwohn noch nicht weiter um sich gegriffen.
    Aber er würde sich weiter ausbreiten. Auf jeden Fall auch Lumpi erfassen. Das Bürschchen war Mikkas Bruder; und Vectors Bewunderer.
    Und das gleiche Übel mußte die restliche Crew befallen, sobald sie Nicks Verunsicherung fühlte und daraus den Schluß zog, daß der Angelpunkt ihres Daseins eventuell nicht mehr lange

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