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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Idiot?
    Die Leute, von denen seine Programmierung stammte, mußten sich im voraus über seine absehbaren Fluchtbestrebungen amüsiert haben. Selbst wenn sie die Kontrolle über ihn lockerten, gewährten sie ihm keine wirkliche Freiheit.
    Damit muß Schluß sein, hatte Warden Dios gesagt. Wir haben ein Verbrechen an Ihrer Seele begangen. Er mußte wohl geflunkert haben: Jede Sekunde der Ausstrahlung des Peilsignals der Posaune bewies, daß noch längst kein Schluß war mit diesem Verbrechen. Doch warum hatte er gelogen? Eine machina infernalis hatte er Angus genannt. Wer log schon eine Maschine an? Zu gerne hätte Angus geglaubt, daß Dios nicht gelogen hatte. An irgend etwas mußte er glauben, aber jede neue, zwangsbedingt langsame Flugphase der Posaune verstärkte allmählich seine Ansicht, daß er sich etwas vormachte.
    Und Feiglinge, die zur Selbsttäuschung neigten, büßten dafür mit Mißhandlung, Erniedrigung und Tod.
    Schließlich unterließ er es vollends, mit den Menschen zu reden, die ihn umgaben, oder ihre Fragen zu beantworten; sogar wenn Morn welche stellte. Durfte er nicht aussprechen: Du bist verraten worden, wir alle sind verraten worden, dann mochte er überhaupt nichts mehr sagen. Er hätte es nicht verkraften können.
    Von Zeit zu Zeit brachte Ciro ihm Sandwiches und Kaffee. Auf energisches Zureden seiner Schwester hatte Ciro die Aufgaben eines Stewards übernommen. Anscheinend empfand er das als Degradierung und hatte etwas dagegen. Es zeigte sich, daß er trotzdem nicht nur ein anhänglicher Bursche war, sondern auch fähig zur Disziplin. Und daß es ihm nicht an Mumm fehlte, hatte er auch schon gezeigt. Er gestattete sich lediglich andeutungsweise Anzeichen des Mißvergnügens, während er Angus und Mikka an den Konsolen Essen servierte, auch jedem anderen, der gerade auf der Brücke erschien, etwas anbot.
    Nachdem die Posaune den Kombi-Montan-Asteroidengürtel hinter sich gelassen hatte, betätigte Mikka sich noch mehrere Stunden lang an der Position des Ersten Offiziers. Wenn Angus etwas Mitarbeit forderte, half sie ihm. Während der übrigen Zeit verschaffte sie sich einen Eindruck vom Schiff. Als sie am Ende des Durchhaltevermögens war, schickte Angus sie von der Brücke und flog den Scout allein, bis sie sich wieder einfand.
    Angus hätte so gut wie jeden darum ersuchen können, ihre Funktion zu übernehmen, sah jedoch davon ab. Er hatte nicht die Absicht, Nick je wieder Zugriff auf die Datenspeicher und Computerprogramme der Posaune zu geben. Morn durfte sich nicht auf der Brücke aufhalten, wenn der Scout in die Tach überwechselte; und Davies mußte bei ihr bleiben. Zwischen den Sprüngen verbrachte Vector praktisch die gesamte Zeit an der Auxiliarkommandokonsole-Technikkontrollpult-Kombination – permanent angeschnallt, um nicht aus dem Sessel abzutreiben –, aber er leistete keinen Beitrag zur Schiffsführung. Vielmehr verwendete er die Konsole, um die früher bei Intertech von ihm betriebenen Forschungen in möglichst großem Umfang zu rekonstruieren und Programme zu schreiben, die ihm bei der Analyse von Nicks Antimutagen helfen sollten. Und Sib Mackern hatte sich in die Aufgabe verbissen, Nick zu bewachen. Mit Schußwaffen konnte Mackern nicht umgehen – Angus hatte ihn schon in Aktion gesehen –, doch offenbar erachtete er Nick als die ärgste Gefahr, die der Posaune drohen mochte, und deshalb hegte er alle Entschlossenheit zu verhindern, daß Nick noch mehr Schaden anrichtete.
    Was Nick betraf, so war er anscheinend in einen Zustand heiteren Irrsinns übergeglitten. Was man zu ihm sagte, verstand er immerhin deutlich genug, um darüber gehässig zu grinsen, nur sprach er kein Wort mehr. Wenn er sich nicht in seiner Kabine aufhielt, schwebte er auf der Brücke umher, lungerte um die Konsolen wie irgendein gebrechlicher alter Tropf, der den Kontakt zur Gravitation und ebenso zur Realität verloren hatte. In Abständen lächelte er, als wäre er, während sein Medi-Tech gerade wegguckte, senil geworden. Die Narben unter seinen Augen waren fahl, hatten die Farbe kalter Asche. Trotz der Tatsache, daß Sib dauernd auf ihn achtgab, ihn ständig unter Beobachtung hatte, ignorierte er das nervöse Männlein, als wäre Mackern unsichtbar.
    Diese Situation befriedigte Angus überhaupt nicht. Erstens bezweifelte er, daß Sib Mackern tatsächlich über die Fähigkeit verfügte, Nick auf lange Sicht effektiv in Schach zu halten. Zweitens war er der Überzeugung, daß Nicks friedliche

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