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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hilft, mir zu verdeutlichen, wer ich eigentlich bin. Er könnte so jemand für mich sein. Er ist ’ne Schlächternatur, ein Vergewaltiger und Schlimmeres – ich weiß es, ich kann’s ja nicht einfach aus meinem Kopf streichen –, aber immerhin sehe ich aus wie er. Angus gibt für mich das einzige Vorbild ab, das einflußreich genug ist, um mir weiterzuhelfen. Aber jedesmal, wenn ich mich voll auf ihn verlasse, stellt er irgendwas an, so daß ich ihn mit ’ner Materiekanone abknallen könnte. Es ist, als ob er mich seelisch vergewaltigte, mein Gemüt quälte…«
    Davies verstummte, als ob er erstickte. Seine Kümmernis war verflogen. Jetzt ähnelte er nur noch einem kleinen Jungen, wirkte er erschreckend kindlich, gänzlich rat- und schutzlos.
    Morn war zum Weinen zumute. Die Vorstellung, daß ihr Sohn, ihr Sohn, Angus brauchte, er Bedürfnisse hatte, die nur Angus befriedigen konnte, schien mehr zu sein, als sie zu ertragen vermochte. Genügte es nicht, daß Angus’ Widerwärtigkeiten jeden Bestandteil ihres Wesens besudelt und verunstaltet hatten? Mußte obendrein ihr Sohn nach seinem Einfluß verlangen?
    Doch wie sollte sie dagegen Einspruch erheben? Welches Recht hatte sie dazu? Sie selbst hatte Davies’ Dilemma herbeigeführt. Sie trug dafür die Verantwortung, ohne Einschränkung und ohne die Möglichkeit zu Ausflüchten.
    Und auch für Angus hatte sie Verantwortung zu tragen. Anstatt ihn seinem Schicksal in der Falle zu überlassen, die ihm durch Nick gestellt worden war, hatte sie das Zonenimplantat-Kontrollgerät von ihm entgegengenommen und ihm das Leben geschenkt. Aufgrund der eigenen Schwächen, aus Rücksicht auf ihre nackte, unbehebbare Unzulänglichkeit, hatte sie ihm das Todesurteil erspart, das bei einem Prozeß wegen gesetzwidriger Anwendung eines Z-Implantats unvermeidlich gegen ihn verhängt worden wäre.
    Ihr blieb gar keine Wahl: sie hatte sich damit abzufinden. Davies mußte von ihr eine Antwort erhalten.
    »Vielleicht solltest du statt an ihn an meinen Vater denken.« Es ging ihr zu Herzen, von dem anderen Davies Hyland, den sie geliebt und dessen Tod sie verursacht harte, nur zu sprechen. Dennoch unternahm sie diesen Versuch, obwohl der Gram ihr die Brust sprengen zu müssen, ihre Lungen in Blut zu tränken schien. »Den Mann, nach dem ich dich genannt habe. Du erinnerst dich genauso gut wie ich an ihn. Wenn die Astro-Polizei korrupt ist, dann gilt das für die Datenakquisition und die Führung, für Hashi Lebwohl und Warden Dios. Aber nicht für Min Donner. Die OA hat saubere Hände. Und selbst wenn Direktorin Donner geradeso wie die anderen sein sollte, mein Vater war’s bestimmt nicht. Angus hat mir erzählt…«
    Ihre Kehle verengte sich, so daß sie kein Wort mehr hervorbrachte. Sie mußte eine Anwandlung der Trauer verwinden, ehe sie weitersprechen konnte. »Nach der durch mich ausgelösten Havarie der Stellar Regent waren ein paar von uns noch am Leben… Darunter auch mein Vater. Angus sagte, er wäre infolge der Explosion blind gewesen… Aber selbst als Blinder verzichtete er nicht darauf, um sein Schiff zu kämpfen. Er hörte nicht auf, ein Polizist zu sein. Als Angus ins Wrack eindrang, hat mein Vater versucht, ihn zu verhaften… Angus’ Schiff zu beschlagnahmen. Obwohl er nichts sehen konnte, wollte er Angus durch einen Bluff unschädlich machen…«
    Wieder schnürte sich ihr die Kehle ein. Sie konnte keinen Laut mehr von sich geben, bis die Erinnerungen wichen. »Mehr habe ich dir nicht zu bieten«, bekannte sie zum Schluß. »Das Andenken meines Vaters ist alles, was ich noch habe.« Und ihr blieb das Andenken an Bryony Hyland, seine Frau, ihre Mutter, die gleichfalls stets mit ganzem Herzen geliebt, geglaubt und gefochten hatte; die in den Tod gegangen war, um ihr Raumschiff und die anderen Besatzungsmitglieder vor dem Superlicht-Protonengeschütz der Liquidator zu schützen. »Sonst nichts.«
    Aber es reichte aus. Ihrem Sohn mochte es zuwenig sein; ihr jedoch genügte es.
    »Komm«, sagte sie beherrscht, rang um Fassung. »Essen wir erst mal was. Wir werden’s brauchen.«
    Zuerst regte Davies sich nicht. Er beobachtete sie, um den Mund einen starrkrampfhaften Zug, der an Angus Wutfratzen erinnerte, und in den Augen einen Ausdruck der Verzweiflung. Und doch war er, vermutete Morn, ihr zu widersprechen unfähig. Alle tieferen Bereiche seiner Seele beharrten darauf, er sei sie, und der Kapitän der Stellar Regent sein Vater gewesen.
    Langsam atmete er durch, wandte

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