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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Bordgravitation. Sie hatte sich an angenehme Schwerkraftverhältnisse gewöhnt, an Gewicht und Masse; an Umgebung, in der ihre Nerven und sogar die Venen wußten, wo oben war, wo unten. Der freie Fall, wie er in der Rächer herrschte – begleitet von unvermitteltem Rucken, Rumpfdröhnen und Andruck, sobald der Kreuzer Kurskorrekturen vornahm –, bekam ihr ziemlich schlecht.
    Entweder das, oder sie wurde allmählich alt, ohne es zu merken.
    Selbstverständlich war die Rächer nicht für eine solche Flugweise konstruiert worden. Im Gefecht blieb sie natürlich schwerkraftfrei, weil zentrifugale Trägheit ihre Manövrierbarkeit verringert hätte. Aber unter allen anderen Bedingungen behielt sie Bordgravitation bei. An Bord befanden sich zu viele Menschen mit zu vielen verschiedenerlei Pflichten. Sie alle konnten sich effektiver bewegen und arbeiten, sich leichter erholen und schlafen, wenn das Eigengewicht ihnen Halt verlieh.
    Aber Kapitänhauptmann Ubikwe hatte Null-G angeordnet, damit der Polizeikreuzer die Posaune einholen konnte. Die Drallverschiebung beeinträchtigte bei jeder Hyperspatium-Durchquerung die Navigation. Nach jedem Rücksturz in die Tard mußte die Rächer Zeit dafür opfern, das Peilsignal des Interspatium-Scouts neu zu orten. Zudem verschlimmerte sich die Drallverschiebung. Mit jeder Stunde, die verstrich, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, daß die Freistaat Eden – oder war es die Sturmvogel? – die Posaune zuerst einholte.
    Fast vierundzwanzig Stunden hindurch war die Radier effektiv unter Gefechtsbedingungen geflogen, ehe der Kreuzer ins Massif-5-Sonnensystem vorstieß.
    Und jetzt hatte man keine andere Wahl mehr, als den Flug ohne G fortzusetzen. Wenn Raumschiffe sich mit der Geschwindigkeit der Rächer und der Posaune fortbewegten, verkörperte eine stellare Zone wie das Kosmo-Industriezentrum Valdor ein lebensgefährliches Labyrinth aus Hindernissen und Risiken. Unter solchen Umständen bedeutete eine zusätzliche Erschwernis durch Bordgravitation eine zu hohe Gefährdung.
    Ohne das Peilsignal der Posaune als Anhaltspunkt mochte das aus dem Bannkosmos gekommene Raumschiff die Spur des Interspatium-Scouts längst verloren haben. Daß die Freistaat Eden inzwischen die Rächer überholt hatte, war allerdings denkbar. Min konnte kein Ende der Lügen mehr absehen, die ihr erzählt worden waren; sie hielt es für durchaus möglich, daß Hashi Lebwohl nach wie vor dirigierte, wohin Angus Thermopyle flog, und mittlerweile die Freistaat Eden entsprechend informiert hatte.
    Aus diesem Grund arbeiteten die besten Kommunikationsexperten der Rächer daran, den Code zu knacken, der Warden Dios’ Nachricht an Nick Succorso verschlüsselte.
    Möglicherweise hatten diese Code-Zeilen, das war Dolph Ubikwes Meinung, überhaupt nichts zu bedeuten. Aber wenn sie eine Bedeutung hatten, wünschte Min sie zu erfahren. Sie mußte dringendst herausfinden, was sich eigentlich abspielte.
    Unterdessen raste die Rächer unter rücksichtslosen Strapazen durchs All. Trotz der erheblich größeren Masse des Kreuzers, den Schwierigkeiten beim Neuorten des Peilsignals der Posaune sowie den Auswirkungen eines wirklich ungünstigen Hinflugs ins Massif-5-Doppelsonnensystem bemühte sich Kapitänhauptmann Ubikwes Besatzung schonungslos darum, dem schnellen, beweglichen Interspatium-Scout auf der Fährte zu bleiben.
    Daß Min unter solchen Verhältnissen die Kabine verließ, war tatsächlich reiner Wahnsinn. Sie müßte angeschnallt in der Koje liegen. Aber das war keineswegs die erste Verrücktheit, die sie beging, weil Not es gebot. Und sollte sie lange genug leben, war es bestimmt nicht die letzte Übergeschnapptheit. Per Interkom hatte Dolph Ubikwe sie angerufen und zu kommen gebeten. Ohne zu zögern hatte sie dem Ersuchen nachgegeben und sich losgeschnallt.
    Er wollte sie im Medizinalrevier sprechen.
    Eine Begleitung war seinerseits nicht angeboten worden, und Min harte keine verlangt. Sie kannte den Weg. Und je weniger Leute sich in den Korridoren dem Manövrierrisiko aussetzten, um so besser. Daß Ubikwe das gleiche Risiko wie Min auf sich nahm, war schlimm genug.
    Irgend etwas mußte vorgefallen sein.
    Wieder einmal.
    Min vergeudete keine Kräfte auf Grübeleien darüber, was es sein könnte. Vielmehr konzentrierte sie sich aufs Zurückgewinnen ihrer Nullschwerkraftreflexe; auf die Aufgabe, sich mit möglichst wenig überflüssigen Bewegungen durch die Gänge vorwärtszubewegen.
    Im selben Moment, als sie die

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