Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
noch lehnte er ab. Er wartete auf Morns Antwort.
    Davies schaute zu ihr herüber, entnahm dem Verbandskasten eine Tube Gewebeplasma und entleerte vom Inhalt einiges auf Angus’ Wunde.
    »Ich glaube…«, fing Sib zögerlich an.
    »Sag nichts«, fiel Vector ihm mit unvermuteter Schärfe ins Wort. »Das ist eine Angelegenheit zwischen den zweien. Du und ich haben in dieser Sache kein Recht zum Dreinreden.«
    Morn wandte sich ab. Das Zittern, durch das sie vorhin beim Zielen behindert worden war, erreichte jetzt eine derartige Stärke, daß sie es nicht mehr ertragen konnte. Sie brauchte das schwarze Kästchen, ohne das Kontrollgerät war sie zu schwach, zu hinfällig. Angus hatte sie um zu vieles gebracht. Sie hatte den Entschluß gefaßt, ihm den Weg zur Freiheit zu ebnen: doch nun fühlte sie sich dazu außerstande, die Konsequenzen zu verkraften.
    Doch als sie sich umdrehte, blickte sie in Nicks Augen.
    Trotz seines angeschlagenen Kopfs und der Fesseln grinste er wie ein Totenschädel. »Du blöde Schlampe«, schimpfte er halblaut. »Ich sei ’n schlechter Kerl, glaubst du? Was nun kommt, ist viel schlimmer.«
    Beim Anblick seiner verzerrten Miene und dem Klang seiner Stimme verhärtete sich etwas in Morns Gemüt: Es glich einem Nachhall der Entschlossenheit, die ihr die Entscheidung gestattet hatte, Angus zu helfen.
    Wir trauen demjenigen, der die Programmierung deines Data-Nukleus vorgenommen hat. Ich glaube, es ist Warden Dios persönlich gewesen. Meine Ansicht ist, er versucht einen Weg zufinden, um gegen Holt Fasner vorzugehen. Und falls es so ist, bin ich der Meinung, wir sollten ihn unterstützen.
    Angus hatte niemandem etwas angetan, bevor er unter Nicks Kontrolle geriet.
    Deine Mutter hätte sich retten können. Aber sie hat sich dagegen entschieden.
    »Nur damit du Klarheit hast«, entgegnete sie Nick, indem sie seinen Blick erwiderte, »nicht Angus hat dir den Teppich unter den Füßen weggezogen. Zu so etwas war er gar nicht fähig. Er hatte keinerlei Aussicht, den Prioritätscodes je zuwiderzuhandeln. Es sind die Leute gewesen, die dir den Funkspruch geschickt haben.«
    Erneut gab Nick dumpfe, unartikulierte Laute von sich; diesmal jedoch hörte es sich weniger nach Gelächter an.
    Morn steckte den Laser weg; sie brauchte keine Waffe mehr. Ohne Waffe endete das Zittern ihrer Hand, konnte sie sich wieder Angus zuwenden.
    »Ich will, daß du die Kommandokonsole übernimmst«, sagte sie zu ihm. »Sib muß mit der Kommunikationszentrale palavern, aber um das Schiff durch den Asteroidengürtel zu steuern, brauchen wir dich.« Da Davies, Sib und Vector zuhörten, ließ sie keinen Zweifel an ihrer Absicht. »Wir fliegen der Sturmvogel nach. Wahrscheinlich können wir sie ohne deine Hilfe nicht schlagen. Du bist auch weiterhin Kapitän dieses Schiffs.«
    Vor Dankbarkeit bleckte Angus die Zähne, aber gab keine Antwort. Statt dessen ließ er Davies stehen und schwang sich in den G-Andrucksessel der Kommandokonsole. Die Bordmontur noch bis zur Taille heruntergestreift, Blut rings um die halbverschlossene Wunde, machte er sich daran, Befehle einzutippen, die die Systeme der Posaune in Betrieb setzten.
    Nick lachte abermals, doch Morn kümmerte sich nicht darum. Um frischen Mut zu sammeln, sagte sie sich insgeheim eine Litanei der Hoffnung auf.
    Ein Mann, der ihr Leid zugefügt hatte, lag gefesselt und hilflos da. Die Restriktionen in Angus’ Data-Nukleus hatten nach wie vor ihre Gültigkeit; er hatte die Freiheit zu tun, was Morn von ihm verlangte. Dies Geschenk war ihr seitens Warden Dios’ zugefallen.
    Ihr Sohn und ihre Kameraden hatten überlebt.
    Vector kannte die Formel des Antimutagens.
    Und die Sturmvogel hatte einmal Liquidator geheißen.
    Vielleicht hatte Davies recht. Vielleicht war jetzt die Zeit anderer Jäger gekommen, um auf die Jagd zu gehen.

 
ERGÄNZENDE DOKUMENTATION
     
     
SPRACHE UND INTELLIGENZ DER AMNION
    Im Verkehr mit den Amnion erwies sich mehr als in eventuell jeder anderen Periode der Menschheitsgeschichte die Sprache als das einzige praktikable Mittel der Verständigung.
    Eine Verständigung war erforderlich für die Aushandlung von Wirtschaftsabkommen, die Festschreibung der Grenzen und die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten – eben für das, was die Menschheit als ›Diplomatie‹ bezeichnete. Aus diesem Grund hatten die Amnion gelernt, die menschliche Sprache zu übersetzen, soweit sie nur konnten, und ihre eigene Sprache den Menschen zum Erlernen zur Kenntnis gegeben.

Weitere Kostenlose Bücher