Amok der Amazonen
Beine in schwarzen Stiefeln und langen Hosen, die keine
zwei Meter vor Denice und mir standen. Ich zwang
mich, den Blick weiter zu heben, bis er den empörten Blicken zweier Frauen
begegnete, die nicht so schön waren wie Denice , aber
immerhin so ansehnlich, daß mir angesichts soviel holder Weiblichkeit ganz schwach wurde. Dann fiel mir ein, daß ich ihren mißbilligenden Blicken fast nackt ausgesetzt war.
Ich stolperte durch das Gras,
packte meine Kleider und warf Denice ihren Rock zu.
Dann fuhr ich hastig in die Hose.
»Wir erörterten nur einige
rechtliche Aspekte der Vergewaltigung«, bemerkte ich. »Nun werden wir der Sache
wohl niemals ganz auf den Grund kommen .«
»O doch, wenn es nach mir geht,
schon«, sagte Denice schmollend.
»Mir sah es mehr nach einer
Demonstration als einer Erörterung aus«, stellte eine der Frauen mit Abscheu
fest.
Die größere der beiden hatte
rabenschwarzes Haar, das von einer silbernen Strähne durchzogen war. Ob die
silberne Strähne echt war oder gefärbt, ließ sich schwer sagen, aber die Frau
sah aus, als wäre sie höchstens sechsundzwanzig. Die zweite war gut fünf
Zentimeter kleiner. Ich kannte sie bereits. Sie hieß Linda Lazareth .
»Du solltest ihn doch zu uns
bringen, Denice «, sagte Linda vorwurfsvoll. »Wir
haben über eine halbe Stunde drüben bei der Garage gewartet .«
Denice lächelte noch immer
schmollend.
»Warum habt ihr nicht noch ein
wenig länger gewartet ?«
»Weil wir dich kennen«, fuhr
die andere Frau sie an.
Sie war gertenschlank, mit
knabenhaftem Körper. Das Gesicht ohne Make-up wirkte streng.
»Wir möchten etwas mit Ihnen
besprechen«, sagte Linda mit leichtem Stirnrunzeln. »Wir wollen Sie um Hilfe
bitten, Mr. Roberts .«
»Natürlich. Alle brauchen
plötzlich meine Hilfe«, stellte ich mißmutig fest.
»Was ist denn aus Ihrem selbständigen Verstand geworden ?«
»Sie wollen uns nicht helfen ?« fragte Linda.
»Natürlich hilft Randy uns«,
erklärte Denice . »Wenn ich ihn darum bitte .«
»Natürlich helfe ich Ihnen«,
bestätigte ich verdrießlich. »Erzählen Sie ruhig, ich ziehe mich nur fertig an .« Ich stand auf und schnallte meinen Gürtel zu. »Aber
zuerst möchte ich gern wissen, wer eigentlich hier wer ist. Ich weiß, welche
Funktion Sie bei den >Zornigen Amazonen< haben, Linda. Aber was Denice tut, weiß ich nicht, und die andere Dame — «
»Oh, entschuldigen Sie .« Linda lächelte. »Das hier ist Carrie Nately .
Sie ist für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die persönlichen Kontakte. Sie
sorgt außerdem dafür, daß alles, was ich schreibe, möglichst weite Verbreitung
findet .«
»Und Denice ?«
»Ach, ich bin nur für die
Finanzen zuständig und führe die Bücher. Ich habe ein Talent dafür .«
»Los, Denice ,
zieh’ dich jetzt an«, bellte Carrie, »damit wir endlich zur Sache kommen
können. — Linda, hast du den Brief ?«
Linda zog einen gefalteten
Briefumschlag aus ihrer Hosentasche.
»Der Brief kam vom Vater eines
unserer New Yorker Mitglieder«, erklärte sie mir. »Ich fand ihn durch Zufall
und zeigte ihn Denice und Carrie .«
Sie reichte mir das Schreiben.
Abgesehen davon, daß mein Haar so wirr war, als hätte ich mich im Gras gewälzt,
sah ich wieder einigermaßen vorzeigbar aus. Ich lächelte und nahm den Brief.
»Carrie meint, der Mann wollte
sich wahrscheinlich nur wichtig machen , aber Denice und ich fürchten, daß mehr daran sein könnte. Wir
fanden, man müßte der Sache nachgehen, nur wußten wir nicht, wie wir es
anfangen sollten. Aber dann fielen Sie uns ein .«
Ich fand es allmählich
reichlich anstrengend, daß sie alle ausgerechnet auf mich verfielen, wenn sie
eine männliche Stütze brauchten. Trotzdem zog ich den Brief aus dem Umschlag
und entfaltete ihn. Er bestand aus einem Blatt Papier, das kreuz und quer
durchgerissen und wieder zusammengeklebt worden war:
»Sehr geehrte Miss Holmes,
Sie haben vielleicht durch
Funktionäre Ihrer New Yorker Zweigstelle von mir gehört. Wenn nicht, darf ich
Ihnen mitteilen, daß ich der äußerst besorgte Vater eines achtzehnjährigen
Mädchens bin, das, wie ich glaube, das unschuldige Opfer gewisser Mitglieder
Ihrer Organisation geworden ist. Ich sage >glaube<, weil es mir bis zum
heutigen Tag nicht möglich war, meine Tochter ausfindig zu machen. Ich hoffe
jedoch, daß es mir binnen kurzem gelingen wird, und möchte Sie schon jetzt
darauf aufmerksam machen, daß ich Ihre Organisation dann zur Rechenschaft
ziehen
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