Amok: Thriller (German Edition)
ihn auch in Falcombe gesehen.«
Ihr Gespräch wurde von Kate unterbrochen, die mit einer Decke auf sie zugelaufen kam. Einen Augenblick lang schien ihre Erleichterung getrübt, als sie Craig mit einem argwöhnischen Blick streifte, doch sie schien bereit, über ihre Bedenken hinwegzusehen. Sie legte Julia die Decke um die Schultern und nahm sie in den Arm.
»Was ist mit Ihnen passiert? Ich konnte Sie nirgends finden.«
»Ich bin an den Strand gegangen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen«, antwortete Julia. Sie blickte über Kates Schulter und sah Craig bedauernd nicken. Sie hatte seine Rückendeckung für die Lüge.
Sie lösten sich aus der Umarmung, und Kate fasste Julias Hand. »Kommen Sie. Sie müssen sich untersuchen lassen.«
Julia ließ sich zu einem Krankenwagen führen. Während Kate einem Sanitäter Julias medizinische Vorgeschichte erläuterte, erfasste plötzlich eine leichte Unruhe die Menge. Eine der Bewohnerinnen der Pension wurde zu einem wartenden Polizeiwagen geführt und auf die Rückbank gesetzt, worauf der Wagen mit hoher Geschwindigkeit davonfuhr. Julia erkannte die Frau, mit der sie Karten gespielt hatte.
»Die Polizei glaubt, dass sie das Ziel des Anschlags gewesen sein könnte«, vertraute Kate ihr an. »Sie sagt als Zeugin bei einem Prozess aus, bei dem es um Heroinschmuggel geht.«
Julia gab sich gebührlich betroffen und mitfühlend und wechselte erneut einen bedeutungsvollen Blick mit Craig. Kate ließ sie in der Obhut des Sanitäters zurück und tauchte wieder in die Menge ein. Julia ließ sich in den Krankenwagen helfen und legte sich auf eine Trage. Nachdem der Sanitäter sie gründlich untersucht hatte, stellte er fest, dass ihr Blutdruck ein wenig zu niedrig sei, und riet zu weiteren Untersuchungen im Krankenhaus.
Dann wandte er sich an Craig: »Gehören Sie zur Familie?«
Craig zögerte ein wenig zu lange mit seiner Antwort, doch der Sanitäter winkte schon ab. »Macht nichts. Diese Schnittwunde an Ihrem Kopf muss sich sowieso mal jemand ansehen.«
Bevor sie losfuhren, wurde der Sanitäter noch einmal zu einem Feuerwehrmann gerufen, der Rauch in die Lunge bekommen hatte. Sobald sie allein waren, trat Craig zu Julia und sagte mit gedämpfter Stimme: »Sieht aus, als hätte die Polizei voreilig die falschen Schlüsse gezogen. Die Frage ist, ob wir es riskieren können, sie über ihren Irrtum aufzuklären.«
»Wie meinen Sie das?«
»Erstens wissen wir ja, dass sie nicht an die Theorie eines zweiten Täters glauben. Und zweitens: Wenn wir aussagen, dass uns jemand hierher gefolgt ist, müssten wir eigentlich auch zugeben, dass wir bei Peggy Forester waren. Und ich wette, dass wir die Letzten sind, die sie lebend gesehen haben, abgesehen von ihrem Mörder.«
Julia schien skeptisch. »Aber würden sie wirklich uns verdächtigen …?«
»Sie ist Carls Mutter. Carl hat meinen Vater ermordet und versucht, Sie zu ermorden. Ich kann mir kein besseres Motiv vorstellen, ihr nach dem Leben zu trachten.«
Julia seufzte, als ihr klar wurde, wie glaubwürdig das klingen würde, verglichen mit ihren eigenen Behauptungen.
»Und wenn es darum geht, was sich heute Abend hier abgespielt hat – was können Sie ihnen eigentlich erzählen? Ein Mann hat Sie auf dem Fußweg verfolgt, und Sie sind vor ihm davongelaufen. Haben Sie ihn deutlich gesehen? Können Sie ihn beschreiben?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mir das nicht eingebildet«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»He, das weiß ich doch.« Er nahm ihre Hand. »Er hat mich in den Graben gedrängt, schon vergessen? Ich will nur sagen, dass wir im Moment kaum irgendetwas beweisen können. Sicherlich nicht genug, um das Interesse der Polizei zu wecken. Wir würden nur riskieren, dass sie uns verdächtigen, etwas mit Peggy Foresters Tod zu tun zu haben.«
Julia musste ihm beipflichten. »Wir sind also auf uns allein gestellt?«
»Ich fürchte, ja. Aber heute Abend hat er sich wenigstens einmal gezeigt. Wir wissen jetzt, dass er existiert, und er hat uns demonstriert, wozu er fähig ist. Uns bleibt jetzt wirklich nur noch eine Wahl, meinen Sie nicht?«
Julia sah den kalten Zorn in seinen Augen. Sie hörte eine Bewegung draußen vor dem Krankenwagen – der Sanitäter kam zurück. Sie nickte rasch.
»Wir schlagen zurück«, sagte sie.
Dritter Teil
47
Um sechs Uhr war Vanessa bereits wach. Ihr Schlaf war in letzter Zeit meist sehr unruhig, immer wieder gestört durch einen schwachen Kreislauf und unterbrochen
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