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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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hatte, dachte sie grimmig.
    Als sie die Mulde erreicht hatte, rollte sie sich zusammen und grub sich mit Händen und Füßen in den Sand ein. Es war eiskalt, und sie begann zu zittern. Der Schmerz in ihrem Kreuz flutete jetzt wie Eiswasser durch ihren ganzen Körper, und das Gefühl wurde begleitet von dem Schreckensbild innerer Blutungen. Sie verdrängte den Gedanken, dass sie dem Mörder entkommen sein könnte, nur um gleich darauf ohnmächtig zusammenzubrechen und allein hier im Sand zu sterben.
    Sie lag auf der Seite, und ihr Blick über die Dünen reichte jetzt nur wenige Meter weit. Geräusche drifteten über den Strand, wie aus einer anderen Welt: Sirenen, Türenschlagen, das Knistern und Prasseln der gierigen Flammen.
    Und dann ein anderes Geräusch. Näher, viel näher.
    Schwere Schritte im Sand.
    Sie drückte sich in die Mulde, versuchte mit dem Untergrund zu verschmelzen und hielt den Atem an. Über ihr weitete sich das Firmament wie eine gewaltige Kuppel mit Myriaden von Sternen, jeder einzelne unvorstellbar kalt und fern. Ein Schwindel erfasste sie, und sie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie den Halt verlieren und kopfüber in den leeren Raum stürzen könnte.
    Ein paar Sandkörner rieselten ihr ins Gesicht. Sie hörte ein Schnaufen, wütend und frustriert. Er stand direkt über ihr, vielleicht noch zwei Schritte entfernt, doch wegen der Form der Düne konnte er sie nicht sehen.
    Er musste in Richtung Strand gegangen sein und sich im Bogen genähert haben. Das hieß, dass er ihren Fluchtweg vorhergesehen hatte. Er hatte sie überlistet. Noch ein Schritt, und sie war tot.
    Sie schloss die Augen und wartete. Ihre Lunge fühlte sich an, als müsse sie jeden Moment platzen. Ihr war schwindlig von der Anstrengung, nicht zu atmen, sich nicht zu rühren, nicht aufzuspringen und ihn anzuflehen, kurzen Prozess mit ihr zu machen – alles, nur nicht diese unerträgliche Anspannung, nicht zu wissen, ob sie leben oder sterben würde.
    Wieder hörte sie ein verärgertes Stöhnen. Wieder rieselte Sand auf ihre Augen, ihre Lippen.
    Und dann ein Knurren, tief und bedrohlich und sehr nahe.

46
     
    Es war ein Hund. Julia konnte ihn hecheln hören. Sie glaubte auch, seinen Geruch wahrzunehmen – nass und warm und irgendwie nach Meer.
    Der Hund knurrte wieder. Diesmal konnte sie das Geräusch orten. Es kam von rechts, nur wenige Schritte von ihr entfernt.
    Eine Männerstimme rief: »Billy! Jetzt komm schon!«
    Doch der Hund blieb, wo er war. Er hörte nicht auf zu knurren, und es klang, als meinte er es ernst. Über sich registrierte sie eine Bewegung, ein Rascheln – der Killer, der auf diese neue Bedrohung reagierte.
    »Billy! Bei Fuß!«
    Der Hund antwortete mit einem Kläffen, doch anstatt zu seinem Besitzer zurückzulaufen, kam er noch etwas weiter auf Julia zu. Jetzt konnte sie ihn sehen – eine schlanke, schwarze Silhouette, die sich vor dem Sand abzeichnete. Er senkte den Kopf, als machte er sich zur Attacke bereit.
     
    Früher hatte Craig sich einiges auf seine Fitness eingebildet, aber es war schon ein paar Jahre her, dass er zuletzt ernsthaft Sport getrieben hatte. Schon nach rund einer Meile begann sein Knie zu protestieren, und dann kam auch noch Seitenstechen dazu. Bald schnaufte er wie ein Walross, doch jedes Mal, wenn er merkte, dass seine Entschlossenheit ins Wanken geriet, hob er den Kopf und heftete den Blick auf die lodernden Flammen. Er musste unbedingt herausfinden, wo das Feuer war. Er musste wissen, ob Julia wohlauf war.
    Er hörte die Sirenen der Löschfahrzeuge, die auf der Küstenstraße an ihm vorbeirasten. Rauchwolken quollen in den Himmel, und er betete nur, dass die Bewohner, wer sie auch sein mochten, sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatten.
    Auf dem Strand angelangt, stellte er fest, dass das Laufen auf dem festen Sand für seine Gelenke wesentlich angenehmer war, und er konnte sein Tempo sogar noch ein wenig steigern. Trotz des Brennens in seiner Lunge war er beinahe euphorisch, als ob der überstandene Schock ihn nur noch stärker gemacht und seine Konzentration geschärft hätte.
    Er war bis auf ein paar hundert Meter herangekommen, als er ohne jeden Zweifel erkannte, dass es die Pension war. Trotz der tapferen Bemühungen der Feuerwehrleute wurde das Gebäude von den Flammen verzehrt. Augenblicklich war ihm klar, dass es in einem gewissen Sinn schon zu spät war: Julias Schicksal war bereits entschieden. Entweder hatte sie es rechtzeitig nach draußen geschafft – oder

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