Amok: Thriller (German Edition)
erinnern, im Halbschlaf die Türglocke gehört zu haben, die er jedoch zu ignorieren beschloss. Er und seine Frau schliefen während der folgenden Ereignisse weiter, bis sie um 8:40 vom Geräusch des Polizeihubschraubers geweckt wurden.
Es ist anzunehmen, dass Forester vielleicht frustriert war, weil niemand ihm öffnete, und deshalb beschloss, die restlichen Häuser zu ignorieren und direkt zum Laden weiterzugehen. Unglücklicherweise konnte Forester den Laden betreten und die Inhaberin, die 57-jährige Mrs. Moira Beaumont, erschießen, bevor Ms. Trent sie vor der Gefahr warnen konnte. Anschließend setzte Forester Ms. Trent nach, als sie über den Fußweg zurück in Richtung Kirche flüchtete. Ihre Erinnerung an die Ereignisse ist, wie später noch näher ausgeführt wird, einigermaßen unzuverlässig, doch sie behauptet, Forester habe sich zu seinem eigenen Vergnügen auf diese Verfolgungsjagd eingelassen.
Trent flüchtete über den Friedhof und weiter auf den Dorfplatz, was von Alice Jones bestätigt wird. Dort wurde sie durch einen Schuss aus größerer Entfernung, der ihr Bein streifte, zu Fall gebracht. In diesem Moment wurde Ms. Trents Leben durch das Eingreifen von Philip Walker gerettet. Seiner schweren Verletzung zum Trotz lenkte Mr. Walker Forester ab, der zum alten Schulhaus zurückging und ihn erschoss. Ms. Trent nutzte diese Ablenkung, um die Eibe in der Mitte des Platzes zu erreichen, und es gelang ihr, den Baum bis auf eine Höhe von etwa 3 Metern zu erklimmen.
Man vermutet, dass Forester zum Dorfplatz zurückkehrte und die Blutspur entdeckte, die zu Ms. Trents Versteck führte. Inzwischen konnte er möglicherweise schon die erste Polizeisirene hören. Jedenfalls feuerte er seine Pistole mehrfach in den Baum ab, wobei Trent in die Seite getroffen wurde und bewusstlos auf den Rasen stürzte.
Schließlich nahm Carl Forester sich das Leben, indem er sich eine Kugel in die Schläfe schoss. Es wird angenommen, dass er nur ein oder zwei Minuten vor dem Eintreffen der ersten Polizeikräfte am Tatort um 8:22 Uhr verstarb.
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Es fiel ihr schwerer und schwerer weiterzulesen. Ohne es zu merken, begann sie vor sich hinzumurmeln: »Nein … nein …« Es war ebenso sehr ein Aufschrei angesichts der Schrecken jenes Tages, die sie aufs Neue bestürmten, wie ein Protest gegen das Fazit des Berichts.
… nahm Carl Forester sich das Leben . Hier war die Bestätigung, schwarz auf weiß, dass sie auf sich allein gestellt war.
Rasch überflog sie den nächsten Abschnitt. Unter der Überschrift »Einsatzbeschreibung« wurden die Maßnahmen von Polizei und Rettungskräften zur Sicherung des Tatorts und zur Versorgung der Verletzten, unter ihnen auch Julia, detailliert beschrieben. Es folgte eine Zusammenfassung der gewaltigen Ermittlungsoperation, die noch am gleichen Morgen in die Wege geleitet worden war. Anschließend wurden kurz die landesweiten Reaktionen auf die Tragödie erwähnt, wie auch der Besuch des Innenministers am Montag.
Julia las weiter, hörte aber irgendwann auf, das Gelesene zu erfassen. Sie nahm nichts mehr wahr, nur diesen einen furchtbaren Satz. Das offizielle Urteil.
… nahm Carl Forester sich das Leben.
Carl Forester hat sich selbst getötet.
Ende der Diskussion.
Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie weinte, und auch noch so laut, dass man es bis auf den Flur hören konnte. Irgendwann registrierte sie ein leises Klopfen an der Tür, und sie hörte Kate fragen, ob alles in Ordnung sei.
Julia trocknete ihre Tränen, stand auf und ging zur Tür.
»Es ist alles okay«, sagte sie. »Wirklich.«
»So sieht es aber nicht aus.« Kate zögerte einen Moment, ehe sie fortfuhr: »Ich weiß nicht, ob es richtig ist, Ihnen das zu sagen …«
»Das ist in Ordnung. Ich habe schon mit ihm gesprochen.
Kates Blick ging von Julia zum Bett, auf dem immer noch der aufgeschlagene Bericht lag, und dann wieder zurück zu Julia. Sie platzte sichtlich vor Neugier, beherrschte sich aber erstaunlich gut und sagte lediglich: »Er ist auf dem Parkplatz.«
Er wartete in einem schwarzen VW Golf. Julia war ein wenig pikiert, als sie ihn dort sitzen sah, gerade so, als hätte er gewusst, dass sie zu ihm herunterkommen würde, aber es schien ihr nicht angebracht, ihn vor den Kopf zu stoßen. Er würde einfach am nächsten Tag wiederkommen oder aber – schlimmer noch – ihren Aufenthaltsort an die Medien verraten.
Diesmal hatte sie ihren Spazierstock mitgenommen. Sie hatte gezögert, weil ihr die
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