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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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der seinen Platz verlassen hatte, Leonies Begleiter tötete und in diesem Moment nicht mehr zu sehen war.
    Von einer Sekunde zur anderen überließ sich Götz ganz seiner Intuition und dachte nicht mehr über die einzelnen Schritte nach. Zuerst aktivierte er beide Sprechkanäle. Dann stand er auf und rannte los.
    »Der Pilot!«, brüllte er. Im Laufen drehte er sich kurz um und gab beiden Teams ein kurzes Zeichen. Sie sollten schießen, sobald er die Hand hob.
    Als er sich wieder umdrehte, tauchte der Mann in der Hubschraubertür auf. In seiner Hand eine Waffe. Neeeein!
    Götz schlug eine Flanke, um sich seitlich in Position zu bringen. Die Waffe hielt er im Laufen auf den Killer gerichtet.
    O mein Gott. Aus dieser Distanz wird er alle treffen. Jan, Leoni. Und Ira.
    »Hinlegen«, schrie er so laut, dass sie ihn auch ohne Funkverstärkung verstanden. Der Pilot hob den Kopf und sah zu ihm hinüber.
    Egal. Götz rannte weiter. Direkt in die Schusslinie.

29.
    Für Jan zählte in dieser Sekunde nur noch eins: Leoni zu berühren. Seine ängstlichen Finger zitterten wie die eines Teenagers, der zum ersten Mal im Kino die körperliche Nähe seiner heimlichen Liebe sucht. Voll aufgeregter Erwartung und zugleich voller Sorge vor einer schmachvollen Zurückweisung. Als Leoni ihre zarte Hand um seine schloss und diese sanft drückte, war das Gefühl der Vereinigung fast schmerzhaft schön. Er schloss die Augen und schottete damit gleichzeitig all seine Sinne ab von der Wahrnehmung der Welt um ihn herum. Auf diesen Moment hatte er gewartet. Dafür hatte er die letzten Wochen gelebt und gleichzeitig sein gesamtes Leben geopfert. Jetzt gab es nur noch ihn und Leoni. Er zog sie näher zu sich. Sie leistete keinen Widerstand. Im Gegenteil. Fast schien es so wie bei ihrem ersten Mal. Als sie sich liebten, ohne ein einziges Wort zu sagen. Weder davor, noch dabei. Jeder Satz würde den Moment entwerten. Keine Sprache dieser Welt könnte die Bedeutung des Augenblicks adäquat schildern. Dennoch öffnete Jan seinen Mund, denn er spürte ihren lang vermissten Atem auf seiner Wange. Ihre Gesichter waren so nah, dass die Härchen ihrer Haut bereits in einen unsichtbaren Kontakt getreten waren. Und ihre Lippen folgten. Leoni stöhnte auf, als Jan sie umarmte, an sich zog und sie küsste. Mit einer Intensität, als wolle er acht Monate Trennung nachholen.
    Natürlich würde er sie nie wieder loslassen. Natürlich würde er sie keinen Moment mehr aus den Augen lassen. Er würde es nicht noch einmal erlauben, dass man sie ihm entriss. Alles war so wie früher. Der Geruch frisch gebackenen Kuchens, den ihre reine Haut verströmte. Die seidigen Haare, die ihn streichelten wenn er hineingriff. Der spürbare Ruck, der durch ihren gesamten Körper ging, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, damit sich ihre Zungen besser berühren konnten. Selbst ihre Tränen schmeckten so wie früher. Vielleicht gab es nur einen Unterschied.
    Jan versuchte den störenden Gedanken zu verdrängen, doch schon drangen die Geräusche um sie herum in sein Bewusstsein.
    Das Einzige, was sich verändert hatte, war der Geschmack des Kusses. Oder nicht? Er war etwas metallisch. Leicht eisenhaltig. Durch Leoni ging ein weiterer Ruck, nur dieses Mal nicht, weil sie sich größer machen wollte. Jan küsste sie noch immer. Aber der bittere Geschmack wurde noch intensiver. Und die Geräusche lauter. Es ging nicht anders. Er öffnete die Augen.
    Sah sie direkt an. Und wollte schreien. Ihr Blick war leer. Von einer Sekunde auf die andere war die Wärme aus ihrem Blick gewichen und waren ihre Pupillen starr geworden.
    Jan hörte ein metallisches Ritsch-Ratsch. Das tödliche Nachladegeräusch einer Pumpgun. Er lehnte seinen Kopf zurück und sah die kleine rote Perle, die sich aus Leonis Mundwinkel löste, um ihr am Kinn nach unten zu tropfen. Ein weiterer Schuss fiel. Dann hustete sie und spuckte noch mehr Blut.

30.
    Die erste Kugel traf niemanden. Götz war noch nicht in Position und feuerte in die Luft. Durch die Ablenkung gewann er eine halbe Sekunde, bis der Pilot den Abzug seiner Slide-Gun durchdrückte.
    Während Jan und Leoni eng umschlungen die perfekte Zielscheibe boten, warf Ira sich sofort auf den Boden. Eine Welle des Schmerzes durchspülte ihren Körper, und sie glaubte schon, getroffen zu sein. Aber der Schmerz rührte von ihrer gebrochenen Rippe, auf die sie unsanft gefallen war.
    Die zweite Kugel war ein Flintenlaufgeschoss aus dem Repetiergewehr des Piloten. Es

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