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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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betraten. Rauskommen würde sie problemlos. »Was machst du hier?«, fragte Götz. »Na, wonach sieht es denn aus?«, antwortete sie mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme. »Nach einer Flucht, würde ich sagen.« Sie spürte seine Hand auf ihrem Oberarm und ärgerte sich, dass ihr Körper immer noch so empfänglich für seine Berührung war. Nach all der Zeit.
    »Hör mal, wenn ich einen schlechten Psychologen brauche, dann ruf ich mich selbst an.« Sie warf die letzte Münze ein.
    »Du bist nicht schlecht. Das weißt du. Nur weil .«
    »... weil was? Nur weil ich meine eigene Tochter nicht vom Selbstmord abhalten konnte, sagt das nichts über meine Fähigkeiten als Psychologin aus? Na klar .« Ira lachte verächtlich. »Vielleicht sollte ich darüber mal einen Ratgeber schreiben.«
    Sie drückte auf den Knopf für Cola light Lemon und die letzte Halbliter-Glasflasche des Faches ratterte in den Ausgabeschacht.
    »Ich hab eine noch bessere Idee. Wie wär's damit: Du reißt dich endlich zusammen und hörst mit deiner beschissenen Selbstmitleidstour auf.«
    »Und dann ...?«, schrie sie ihn an. »Was mache ich dann?«
    »Deinen verdammten Job!«, brüllte er zurück. Zwei Polizisten am Eingang sahen zu ihnen herüber. Götz senkte seine Stimme.
    »Da drinnen sitzen sieben Geiseln, und eine davon braucht jetzt ganz besonders deine Hilfe.«
    »Was soll das heißen?«
    »Na, wonach hört es sich denn an?«, äffte er ihren Tonfall nach.
    Ira bückte sich, zog die Cola aus dem Schacht, doch Götz nahm sie ihr gleich wieder aus den Händen. »Glaubst du etwa, ich weiß nicht ganz genau, was du vorhast?«
    »Jetzt bist du also auch noch Hellseher, ja?«
    »Du lebst verdammt noch mal nicht allein auf der Welt. Sara ist tot. Okay. Du hast unserer Beziehung danach keine Chance mehr gegeben. Schön. Hast dich von allen, die dir nahestanden, entfernt, am weitesten von dir selbst. Auch gut. Aber vielleicht solltest du in diesem Moment wenigstens an deine andere Tochter denken.«
    »Katharina kommt sehr gut ohne mich zurecht.« Ira griff wütend wieder nach der Flasche und entriss sie Götz' großen Händen.
    »Da wär ich mir an deiner Stelle nicht so sicher.«
    »O doch, glaub mir. Sie will seit einem Jahr nicht mehr mit mir reden. Sie gibt mir die Schuld an Saras Tod.«
    Womit sie gar nicht mal so falsch liegt.
    »Gut möglich«, sagte Götz. »Aber die Dinge haben sich etwas geändert. Ich habe Kontakt zu ihr.«
    »Seit wann?«
    »Seit zwanzig Minuten.«
    »Sie hat dich angerufen?«
    »Nicht mich. Vor wenigen Minuten ging in der UPS-Zen-trale ein Hilferuf ein. Die erste Geisel, die erschossen wurde, hat dort gearbeitet. Und eine Mitarbeiterin des Senders ist irgendwie an das Funkgerät von dem Mann gekommen.«
    »Wer?«
    »Deine Tochter!«
    Ira ließ die schwere Glasflasche fallen, die durch den Aufprall einen Riss am Hals bekam, aus dem sich die braune Flüssigkeit sofort schäumend auf den Steinfußboden ergoss.
    »Aber ... aber, das ist nicht möglich ...«
    »Doch. Was glaubst du denn, warum ich dich unbedingt hier haben wollte? Zuerst war es nur ein Verdacht. Katharina arbeitet seit einem Monat am Hörerservicetelefon. Als wir die Mitarbeiterlisten durchgingen, stellten wir fest, dass sie fehlt. Katharina hält sich offenbar unter der Spüle in der Senderküche versteckt.«
    »Du lügst.«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil sie Jura studiert.«
    »Das hat sie geschmissen.«
    »Aber warum . warum sagst du mir das erst jetzt?«
    »Weil ich mir bis zum Funkkontakt nicht sicher war. Sie steht unter dem Nachnamen ihres Vaters im Personalverzeichnis, und sie benutzt nur ihren Spitznamen: Kitty. Ich habe Steuer noch nichts davon verraten. Er soll so spät wie möglich erfahren, dass du von der Situation persönlich betroffen bist. Er ist sowieso schon gegen deinen Einsatz.«
    »Du bist ein Arschloch«, fauchte Ira ihn an und wischte sich mit dem Handrücken eine Träne von der Wange. »Ein gottverdammtes, beschissenes Arschloch.«
    »Und du bist die Einzige, die deine Tochter retten kann.« Er nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. Früher, in einer anderen Zeitrechnung, hätte ihr seine mitfühlende Geste Geborgenheit vermitteln können. Doch heute empfand sie nur die angstvolle Gewissheit, dass ihre Tochter verloren war.
    Es ist hoffnungslos, dachte Ira. Katharinas Schicksal liegt in den Händen eines durchgedrehten Psychopathen und einer suizidgefährdeten Alkoholikerin. Je länger sie sich in Götz' Armen

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