Amore macchiato: Roman (German Edition)
ist wohl das Problem«, erläutere ich. »Die Damen befürchten, dass das zum Handauflegen einladen wird.«
»Ja, aber dafür ist ihr Stundenlohn außerordentlich hoch«, winkt Paula ab.
»Habe ich ihr auch gesagt. Die Kröte musste sie schlucken, aber hassen werden sie mich trotzdem dafür.«
»Sag ihr doch das nächste Mal, du würdest dich hinsetzen und neue Uniformen für die Hostessen nähen. Vielleicht bist du gegen Weihnachten fertig damit.« Paula lässt sich auf einen Stuhl fallen und verzieht das Gesicht.
»Super Idee, das mache ich«, lache ich, klicke auf meinem Laptop ein Fenster zu und schiebe die Maus beiseite. »Sonst alles okay bei dir?«, frage ich Paula, die mich angespannt anstarrt.
»Nee.« Sie rutscht auf dem Stuhl herum, offenbar noch auf der Suche nach einer angenehmen Sitzposition.
»Gibt es Probleme mit dem neuen Generator?«
»Nein, was das Event betrifft, ist alles im Fluss«, sagt sie wieder in leicht gequältem Tonfall.
»Was hast du denn dann? Etwa auch zu enge Schuhe?«
»Wenn’s nur das wäre«, jault sie nun und lässt sich langsam, die Hände fest um die Stuhllehne gekrallt, im Sitz zurückgleiten.
Ich schaue sie neugierig an.
»Es ist …«, beginnt sie zögernd.
»Hm?«
…
Ich ziehe fragend die Augenbrauen hoch.
»Mich juckt’s«, seufzt sie endlich jämmerlich.
»Tigermücken?«, nicke ich verständnisvoll. »Diese Biester fressen mich auch auf.«
»Nein, keine Tigermücken«, jault sie, »der Russe!«
Der Russe? Was hat denn so ein Dimitri mit deinem Juckreiz zu tun? Mein Hirn kombiniert mühsam. »Ach, du Schande«, sage ich, als es bei mir Klick macht. »Wirklich?«
Paula nickt verzweifelt.
Ich starre sie mit offenem Mund an.
Iwan der Schreckliche! Oder wie immer er heißen mag.
»Habt Ihr etwa kein Kondom benutzt?«
»Nein, wir hatten keins«, haucht Paula. »Ihr etwa?« Sie schaut leicht provokant zurück und muss trotz allem grinsen.
Ich weiche ihrem Blick aus. »Um mich geht es gerade nicht«, murmele ich.
Paula stützt sich mit dem Ellenbogen auf dem Tisch auf und legt die Hand vors Gesicht. »Was soll ich denn jetzt bloß machen?«, wispert sie. »Annika, ich hatte noch nie solche Schmerzen. Ich kann nachts nicht mehr schlafen.«
»Du musst zum Arzt gehen. Am besten sofort. Wer weiß, was du dir da eingefangen hast.«
»Ich traue mich nicht«, heult sie auf.
»Wie, du traust dich nicht?«, frage ich ungläubig. »Du bist doch sonst nicht so schüchtern.«
Paula zögert. »Ich habe gegoogelt, was das sein könnte, und in einem Chat gelesen, das meine Symptome auf Syphilis zutreffen.«
»Uh«, sage ich, »und dann?«
»Das ist mel-de-pflich-tig«, verkündet sie bedeutungsvoll.
»Meldepflichtig? Was bedeutet das denn?«
»Keine Ahnung«, ruft Paula angstvoll. »Wahrscheinlich rufen die Ärzte irgendwo an, und dann komme ich in Quarantäne oder so. Was weiß ich!« Sie sackt verzweifelt in sich zusammen, um sich sofort wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht aufzurichten.
»Und nun?«, frage ich.
»Kannst du bitte mitkommen?«, fragt sie kleinlaut.
»Einen Tag vor dem Event? Never ever! «, rufe ich. »Wir können uns doch nicht beide vom Ort des Geschehens verdrücken.«
»Bitte, ich flehe dich an, ich habe solche Angst.« Paula ist den Tränen nahe.
Ich verschränke die Arme vor der Brust und denke nach. »Was macht denn deine Hostessenschulung?«, will ich wissen.
»Ist abgeschlossen, nur heute Abend ist noch mal eine Generalprobe vor Ort«, flüstert Paula.
»Und die Abnahme der Technik?«, frage ich.
»Habe ich gerade eben zusammen mit Stefan absolviert«, lautet die Antwort.
Ich schaue auf die Uhr. Es ist kurz nach neun. Wenn wir jetzt schnell zum Krankenhaus fahren, sind wir vielleicht mittags wieder hier, ohne dass jemand groß mitbekommt, dass wir ausgefallen sind, überlege ich. Mails und Anrufe kann ich auch von unterwegs beantworten.
»Ist gut«, gebe ich mich geschlagen, »ich komme mit dir. Lass uns einen Vorführwagen vom Gelände vorne nehmen, dann können wir später notfalls sagen, wir hätten eine Produktschulung gemacht.«
Das Krankenhaus von Olbia erscheint auf den ersten Blick funkelnagelneu und überraschend modern. Ich melde Paula an der Rezeption an und werde nach oben in die ginecologia geschickt.
Hier sind in vier Reihen hintereinander die typisch sardischen Plastikstühle aufgestellt, auf denen rund zwanzig Menschen, die meisten davon Frauen, sitzen und uns anstarren, als wären wir im Theater und
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