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Amore macchiato: Roman (German Edition)

Amore macchiato: Roman (German Edition)

Titel: Amore macchiato: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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Meist ist es Bräunlich, der offenbar gelangweilt im Hotel herumlungert und nicht recht weiß, was er jenseits der vier Wände seines grauen Büros mit sich anfangen soll. Ganz nach dem Motto »Ich telefoniere, also bin ich«, hält er mich daher mit seinen administrativen Fragen vom Feuerlöschen ab.
    »Wo ist denn die Einkaufsausschreibung für die Messemöbel?«, will er zum Beispiel am Dienstagvormittag wissen.
    Ich stehe im großen Festzelt und diskutiere gerade mit dem Bühnenbauer die Positionierung der beiden Personentreppen. »Die … was?«, frage ich kopflos und dirigiere zwei Arbeiter mit meiner Mappe in Richtung Bühnenhintergrund, damit sie die kleinere Treppe etwas weiter nach hinten rücken und dabei den Notausgang freilassen.
    »Die Ausschreibung für die Messemöbel«, bellt Bräunlich gereizt, »Herrn Schrader liegt nur eine einzige Auftragsbestätigung vor, aber ich muss Ihnen ja wohl hoffentlich nicht erklären, dass Sie laut den Einkaufsbestimmungen der GID Company unterschiedliche Angebote hätten einholen und einreichen müssen.«
    »Stopp, das reicht. Jetzt bitte wieder ein Stück vor!«, rufe ich den Arbeitern zu, die im Begriff sind, die Treppe irgendwo im Backstage-Bereich zu versenken.
    »Die Einkaufsausschreibung«, stottere ich halbherzig. »Hören Sie, Herr Bräunlich, ich kann mich um den Papierkram gerade wirklich nicht kümmern, ich …«
    »Papierkram ? «, braust er auf. »Frau Herrmann, Sie verkennen mal wieder die Prioritäten. Ich habe darauf keine Lust mehr! Finden Sie sich bitte heute Nachmittag bei Schrader im Hotel ein, und klären Sie die Sache mit ihm. Immerhin geht es um dreißigtausend Euro. Zahlen Sie die etwa aus der Portokasse?«
    »Okay«, antworte ich entnervt, »ich kümmere mich darum.«
    Wir legen auf.
    Paula kommt auf mich zugelaufen. »Es gibt Probleme mit der Stromversorgung«, informiert sie mich. »So, wie ich Pittalis und seine Männer verstanden habe, sind sie gerade dabei, eine weitere Leitung samt Generator aufzutreiben. Was die Generatoren rauspusten, reicht offenbar doch nicht für das, was wir hier aufgebaut haben. Es könnte sonst passieren, dass wir hier übermorgen ohne Klimaanlage bei lauwarmem Prosecco sitzen.«
    »Das sind ja wieder neue Kosten«, sage ich und reibe mir müde mit der Hand über die Stirn. »Diesen Zusatzeinkauf müsste ich nach den GID-Einkaufsbestimmungen ausschreiben.«
    »Wie bitte?«, fragt Paula.
    »Ach, nichts«, antworte ich. Mein Handy fiept. Markus hat mir über Outlook eine Terminanfrage zur »Besprechung der offenen Kostenpunkte« geschickt. In anderthalb Stunden.
    Als hätte ich nichts Besseres zu tun …
    »Sämtliche Anschaffungen, bei denen noch Klärungsbedarf herrscht, habe ich hier aufgelistet«, unterrichtet mich Markus kurz darauf am Flipchart des Konferenzraumes des Hotels. Die paar Zeilen, die er darauf gekritzelt hat, hätten auch mühelos auf ein Post-it gepasst, jedoch wäre er sich damit sicherlich nicht so toll vorgekommen, wie er sich derzeit offenbar fühlt. Bestimmt haben ihm seine Karriere-Coachs beigebracht, Anschuldigungen ausschließlich im Stehen vorzutragen, damit die sitzenden Sündenböcke zu ihm aufschauen müssen.
    Ich beuge mich vor und versuche einerseits, das Geschmiere seiner grauenhaften Schrift zu entziffern, andererseits die blendenden Sonnenstrahlen zu überlisten. Strategisch günstig hat Markus das Flipchart direkt vor dem Fenster platziert.
    »Das sind vor allem Posten, die in den letzten Tagen angefallen sind, wenn wir gemerkt haben, dass noch etwas fehlte«, erkläre ich ihm. »Was die Messemöbel betrifft: Der Lieferant hat letzten Monat pleite gemacht, weshalb wir ganz schnell einen neuen auftreiben mussten.«
    »Wo sind die dazugehörigen Ausschreibungsunterlagen abgelegt?«, fragt Markus in einem Ton, in dem sich Mütter bei ihren Kleinkindern nach dem Verbleib der Kekse vom Couchtisch erkundigen.
    »Markus, die gibt es nicht«, ereifere ich mich. »Wann und wie hätten wir in solch eiligen Fällen bitte drei Vergleichsangebote einholen und prüfen sollen?«
    »Das ist dein Job, Annika.« Er setzt sich auf einen Stuhl und legt die Fingerspitzen aneinander. » Dein Job ist es, deine Projekte verantwortungsvoll abzuwickeln. Mein Job ist es, diese Vorgänge zu prüfen, bevor uns die interne Revision auf die Finger haut.«
    Er lehnt sich gemütlich zurück und schaut mich auffordernd an. Ich kenne seine Haltung dazu, er hat sie mir oft genug dargelegt. Wenn man über lange

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