Amore macchiato: Roman (German Edition)
Markus, die beide interessiert und zustimmend dem großen Papa lauschen. Ob Markus Bräunlich von heute früh berichtet hat? Ob überhaupt irgendeiner hier irgendetwas von dem morgendlichen Chaos erfahren hat?
Inzwischen kommt der Vorstandssprecher zum Ende seiner Ausführungen. Dabei versäumt er es nicht, ausdrücklich seinem treuen Mitarbeiter Herrn Bräunlich sowie dem Chef der Fireagency, Stefan Matzek, für ihr Engagement zu dieser gelungenen Veranstaltung zu danken, und bittet sie zu sich auf die Bühne.
Wie stolze Schulbuben steigen Matzek und Bräunlich grinsend und winkend auf die Bühne und ernten dafür freundlichen Beifall von der Zuschauermenge.
»So bleibt mir last but not least nichts weiter zu tun«, redet der Vorstand weiter und greift nach einem Sektkelch vom Tablett einer bereitstehenden Hostess, »als mein Glas zu erheben auf eine unserer größten Produktinnovationen, die ab heute weltweit eingeführt wird. Ich wünsche dem Dakar sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von GID viel Erfolg mit unserer großen gemeinsamen Sache. Ich danke Ihnen allen.«
Er prostet der frenetisch applaudierenden Menge zu und nimmt einen Schluck aus seinem Glas. Stefan und Bräunlich bekommen ebenfalls einen Drink von der Bühnenhostess serviert und stoßen zufrieden an. Unten beim Volke wimmelt es nun wie auf Knopfdruck von Hostessen, die mit vollen Tabletts durch die Reihen laufen. Der DJ auf der Bühne spielt »We are the Champions« des leider verstorbenen Freddy Mercury, was der Laune jedoch keinen Abbruch tut.
Zur besten Mittagszeit ist die Party voll im Gange.
Erleichtert seufzend schlendere ich in die Cateringküche hinter der Bühne, um die Vorbereitungen für den Mittagssnack zu überwachen. Das Servicepersonal läuft geschäftig auf und ab, als hätte diese Küche nie andere Zeiten gesehen.
Mitten im Gewimmel steht im dunkelblauen Anzug Herr Schwartze, unser Key-Account-Manager Territory Süd, der höchstpersönlich damit beschäftigt ist, umständlich eine Flasche Champagner zu entkorken und das Gebräu in ein paar Kelche auf einem Silbertablett zu verteilen.
»Herr Schwartze«, begrüße ich ihn überrascht, »Sie sind ja auch schon angereist. Wie geht es Ihnen?«
Er guckt mich mit wichtiger Miene an. »Frau Herrmann, guten Morgen oder vielmehr guten Tag«, sagt er hektisch. »Ich bin ja so busy, busy, busy. Total im Stress, mit dem Neuwagen haben meine Mitarbeiter und ich wirklich alle Hände voll zu tun.«
Es gibt Menschen, bei denen man förmlich spürt, wie ihnen beim Aussprechen von Formulierungen wie »meine Mitarbeiter« einer abgeht, hätte doch auch ein einfaches »meine Kollegen« für ausreichend Klarheit gesorgt.
»Aha«, sage ich daher möglichst neutral. Schließlich habe ich in letzter Zeit auch ein bisschen geschuftet. Ich deute auf das Tablett. »Warum helfen Sie dann in der Küche aus? Die Hostessen sind angewiesen, den Key-Accountern alles zu servieren, was sie brauchen.«
»Aber die servieren heute nur Prosecco, Frau Herrmann, nur schnöden Prosecco«, erklärt Herr Schwartze mir eilig. »Der Vorstand verlangt etwas Besseres«, endet er und wischt mit einem Tuch geschäftig ein paar Tropfen vom Tablettrand. Wischen für den Vorstand macht sogar Herr Schwartze.
»Wollen die sich alle lieber mit echtem Champagner stärken?«, lache ich. »Das kann ich gut verstehen«, füge ich kollegial hinzu. »Ach, Herr Schwartze, schenken Sie mir doch auch mal einen kleinen Schluck Champagner ein, bitte.«
Au ja, das wäre jetzt genau das Richtige!
Ich strecke die Hand aus und will mir ein halb gefülltes Glas vom Tablett nehmen.
»Nein!«, ruft Schwartze aufgebracht. »Frau Herrmann, der Champagner ist für die Führungsriege vorgesehen. Ich werde in der VIP-Lounge damit erwartet.«
Erschrocken ziehe ich die Hand zurück, als hätte ich eine gewischt bekommen. Das glaube ich jetzt nicht. Ich mustere ihn prüfend, ob ich vielleicht doch einen Hauch von Scherz in seinem Gesicht erkennen kann. Aber da ist nichts dergleichen.
»Wie bitte?«, frage ich tonlos.
Schwartze nickt aufgeregt. »Es tut mir leid, Frau Herrmann, nichts gegen Sie, aber so sind die Regeln.« Er nimmt das Tablett und verlässt strammen Schrittes die Küche.
Bevor er in der Menschenmasse auf dem Weg zum VIP-Bereich verschwindet, sehe ich noch, wie ihm eine brünette Schönheit in roten Pumps und einem sündhaft kurzen Rock mit spitzen Fingern und einem umwerfend charmanten Lächeln ein Glas vom Tablett
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