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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzie Bronder
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Millisekunde, in der mein Mund sich öffnete, und schob mir das Tier zwischen die Zähne. Mich schauderte. Voller Ekel kaute ich auf dem armen Tintenfisch herum und ignorierte den Geschmack, der eigentlich nichtschlecht war. Ich wollte das Essen nicht mögen, ich war mit Pasta und Brot und Gemüse bisher in Italien glücklich gewesen.
    »Vedi, è facile, na, siehst du«, nickte Nonna Margherita wohlwollend, als ich den Bissen schließlich runtergewürgt hatte. »Tut gut, nicht wahr? Ja, so ein leckeres Essen ist die beste Medizin gegen Liebeskummer!«
    Ich sah das etwas anders. Die beste Medizin gegen Kummer war Ablenkung. Ich beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und endlich meine Neugier zu stillen, was Micheles abwesende Frau anging. »Wenn du sagst, dass du Simona das Rezept weitergibst, heißt das, dass ihre Mutter es nicht kennt und weitergeben kann?«, fragte ich sie deshalb nach ihrer Schwiegertochter. Immerhin hatte ich sie bis heute nicht gesehen, irgendetwas stimmte hier also nicht.
    Augenblicklich verdüsterte sich Nonna Margheritas Blick. »Simonas Mutter hat nur eine gute Sache zustande gebracht«, bewertete sie ihre Schwiegertochter, »und das war, Simona auf die Welt zu bringen. Aber zum Glück hat das Kind nichts von ihr geerbt, Simona ist ein gutes Mädchen und wird eines Tages eine gute Ehefrau sein. Sie wird ihren Mann nicht verlassen.«
    Oha, dachte ich, Volltreffer! Michele war also verlassen worden? Das konnte noch nicht allzu lange her sein, sonst wäre Lucia de Vivo sicher längst aus den Prospekten des Agriturismo entfernt worden. Ich wollte gerade mit meiner Ausfragerei fortfahren, als Simona den Raum betrat.
    Sofort wechselte ihre Großmutter das Thema und begann,von der Zeit zu erzählen, als ihr Mann noch mit großem Erfolg Wein angebaut hatte.
    Simona setzte sich zu uns und nahm von den Meeresfrüchten. Dankbar schob ich die Platte näher zu ihr hinüber, in der Hoffnung, dass mir dadurch weiteres Tierfleisch erspart blieb. Ich hatte noch den würzigen Kräutergeschmack des Tintenfischringes auf der Zunge und keine Lust, in Versuchung geführt zu werden, den Thunfisch oder die Scampi zu probieren, die hundertpro noch besser schmeckten. Scampi hatte ich in meinen nichtvegetarischen Zeiten nämlich sehr gern gegessen.
    »Che peccato, Großvaters Wein war einzigartig«, stimmte Simona ihrer Großmutter zu. »Es liegen nur noch wenige Flaschen davon in unserem Weinkeller, und wir trinken ihn ausschließlich zu Großvaters Geburtstag.«
    »Ach, deshalb wollt ihr den alten Hang wieder neu bepflanzen«, erinnerte ich mich an Simonas Führung vom ersten Tag.
    Nonna Margherita schob mir eine Miesmuschel in den Mund. »In sizilianischem Wein geschwenkt«, erklärte sie.
    »Was für ein Wein?«, fragte ich. Muscheln sind okay, dachte ich mir, Muscheln sind wie Pflanzen. Ich kaute genussvoll. Und was in Wein geschwenkt war, konnte nicht verkehrt sein.
    »Inzolia, naturalmente«, meinte Simona. »Wir kochen viel mit Weißwein, vor allem mit sizilianischem, das ist der Beste.«
    Klar, das würde ich nicht wagen anzuzweifeln.
    »Weißwein, Tomaten, Meeresfrüchte, Artischocken – mit den richtigen Gewürzmischungen kann man aus wenigen Zutaten jeden Tag ein anderes Gericht zaubern«, weihte mich die Großmutter in ihre Küchengeheimnisse ein. »La cosa più importante sono le erbe, das Wichtigste ist, dass die Kräuter frisch sind. Hier, Kind, iss«, meinte sie und schob mir eine weitere Muschel in den Mund. An ihre Enkelin gerichtet erklärte sie: »Das arme Mädchen wurde von ihrem Freund verlassen!«
    »Non è vero!«, verbesserte ich. »Ich habe mich von ihm getrennt.«
    Simonas Blick verdunkelte sich ein wenig, als sie nach dem Grund fragte: »Etwa wegen eines anderen Mannes?«
    Damit meinte sie sicher Paolo. Ich hatte schon gemerkt, dass es ihr nicht entgangen war, wo ich den Sonntag verbracht hatte. Schließlich waren wir auf dem Land, hier sprach sich alles herum.
    »Ma non per questo, aber nein«, antwortete stattdessen ihre Großmutter. »Der Mann war böse zu ihr. Und sehr unhöflich, ich habe ihn bis in die Küche schimpfen gehört. Ich verstehe zwar kein Deutsch, aber dass er nichts Gutes gesagt hat, hab ich sofort gehört. Aber Alessandra geht es schon viel besser, nicht wahr, Mädchen? È proprio così, es ist eben so: Gegen Kummer hilft mangiare.«
    Simona sah mich weiterhin skeptisch an. »Du hast dich mit deinem Freund gestritten? Nun, das wird sich schon wieder einrenken«, meinte

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