Amors Glücksfall (German Edition)
Papiertasche vom Bäcker dabei und eine Tüte, deren Inhalt sie mir entgegenhält. „Warte mal, Karim.“ Es ist eine Jeans und ein schwarzes Polohemd von mir. Sie ist tatsächlich hingefahren und hat die Sachen für mich geholt! „Ich bin in einer halben Stunde da“, setze ich knapp nach und lege auf.
„Du bist ein Engel“, sage ich zu Stella und dann: „Kann ich schnell duschen?“ Ich trinke das Wasser aus und gieße mir eine Tasse Kaffee ein, die ich anschließend mit ins Bad nehme und dort herunterstürze. Ich muss auf dem schnellsten Wege wieder wach werden!
„Du, das mit heute Nacht“, beginnt Stella, während ich halb angezogen wieder ins Zimmer trete und nach meinen Socken suche. Stella kaut an einer Brezel und trinkt den Rest des Kaffees dazu.
„Du meinst das mit dem Krankenhaus und so?“
Sie nickt und sagt dabei aber sonst nichts. „Ach, war nichts weiter“, winke ich ab. „Ich dachte, dass du schläfst und habe mich deswegen mit mir selbst unterhalten.“ Ich hoffe, sie glaubt mir und hakt jetzt nicht doch noch nach.
„Okay“, sagt sie. „Dass mit Mark fand ich übrigens am grusligsten .“ Ich nicke. Das verstehe ich natürlich. Sie und ich sind wie Hund und Katze. Stella würde sterben, wenn sie wüsste, neben wem sie die Nacht verbracht hat. Ich sehe mir an, wie konzentriert sie ihren Kaffee trinkt. Augen halb geschlossen und doch auf die Tasse gerichtet. Sie genießt jeden Tropfen, das sehe ich ihr an. Wie friedlich sie wirkt, ist fast nicht auszuhalten. Ich beschließe, sie nicht weiter zu beunruhigen. „Ich muss dann!“ Ich beuge mich herunter und küsse sie auf die Wange. Die Sachen von heute Nacht lasse ich da, ohne es großartig zu besprechen. Ich habe ja auch keine Tasche dabei, in die ich das Ganze hineinstopfen könnte, um es mitzunehmen. Ich gehe die Stufen hinunter.
„Warte mal!“ Sie läuft mir nach. „Hier“, sagt sie und drückt mir die Bäckertüte und meine Schlüssel in die Hand. „Musste ich mir ausleihen“, grinst sie und bleibt noch am Treppenabsatz stehen, bis ich um die Ecke gebogen und Richtung Straße verschwunden bin.
Erst in der Tram überlege ich, was sie wohl macht, seit sie nicht mehr für Munichlive arbeitet. Dass sie beim Speeddating eingesprungen ist, spricht für einen gewissen Leerlauf im Job. Seit dem Streit, bei dem sie mir alles Mögliche an den Kopf geschmissen hat, weiß ich, dass sie lieber arbeitslos wäre, als darauf zu warten, dass ich sie selbst rauswerfe. Und dass sie weiter für mich arbeitet, käme für sie außerdem nicht in Frage.
„Es geht dir nur noch um das Geld, das du scheffeln kannst und nicht me hr um die Sache an sich!“, hat sie mir vorgeworfen. Dass ich erwähnt habe, dass es ein Klacks wäre, Ersatz für sie zu finden, war nicht nur gelogen, sondern auch ziemlich unklug im Nachhinein. Aber das weiß ich erst jetzt. „Ich habe die Spiele nicht entwickelt, damit du die Leute dafür bezahlen lässt! So haben wir es nicht ausgemacht“, hat sie gesagt. Ich habe versucht, ihr klar zu machen, dass ich nur wirtschaftlich denke.
„Außerdem gehört diese Firma mir“, habe ich gesagt . Da wurde sie lauter.
„Du ha st es mir versprochen, Mark!“
Ich sehe aus dem Fenster und wünsche mir, Stella hätte mir statt Brötchen eine Sonnenbrille mitgebracht. Mein Kopf droht noch immer zu explodieren. Wieder denke ich an damals . Mein Büro, das sich so leer anfühlte, nachdem sie gegangen war und dazu tausend Gedanken in meinem Kopf. Die Werbeeinnahmen, von denen sich das Ganze anfangs sehr gut getragen hatte und die auf Dauer, trotz steigender Anzeigekunden, aufgrund von Rabatten geschmolzen waren, wie Frühjahrseis in der Sonne. Ich fühle, wie ich in Gedanken an diese Tage wütender werde. Stella, der Engel, der in den letzten Stunden und Tagen wieder zu meiner Stella geworden ist, erinnert mich plötzlich auch an die andere Stella. Stella, die Nervensäge, Stella, die Rechthaberische, die immer das letzte Wort haben wollte und die mir mit ihrer Loyalität für die Firma die gleiche Loyalität abverlangte. Ich glaube, mein Kopfschmerz beruhigt sich langsam. Dafür aber erwacht plötzlich die Wut auf Stella in mir. Sie hat mich im Stich gelassen, als ich sie gebraucht habe. Und sie war nicht zurückgekommen, wie ich es hoffte. Viel lieber ist sie arbeitslos geworden, nehme ich an, und ist es geblieben, was sich noch übler ausnimmt. Was mich plötzlich am meisten nervt: Sie hält sich noch immer für diejenige,
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