Amors Glücksfall (German Edition)
sortiert die passenden Worte in ihrem Kopf, damit sie mich nicht wie giftige Pfeilfrösche anspringen, sobald sie ihren Mund aufmacht.
„Nein“, antwortet sie nach einer Weile. „Ich habe ein Problem damit, dass du mir unterstellst, ich sei ...“ Sie unterbricht sich. „Wahrscheinlich denkst du sogar, dass er mich gar nicht mag, sondern ...“ Wieder stockt sie. Ich denke an den Abend im Café Lottchen , als ich glaubte, sie trifft sich dort mit Tanner. Erst jetzt wird mir klar, dass ich es wirklich angenommen habe. Bis eben habe ich mir vorgemacht, dass es nur Stellas Unterstellung zu meinem Auftauchen gewesen war. „Was ist nun?“, frage ich mich. „Was unterstelle ich denn?“ Jetzt starre ich sie an. Sie hält meinem Blick nicht stand, greift sich stattdessen ihr Handy und öffnet die eingegangene Nachricht. Dass sie mich nicht beachtet, wurmt mich. Ich sehe, dass es eine MMS ist, die sie bekommen hat, ein Bild, das zu undeutlich ist, als dass ich es auf dem Kopf erkennen könnte. Ich setze mich weiter hoch auf die Couch neben sie, stelle den Laptop zwischen uns und korrigiere den ersten Satz.
„Du musst ihn gar nicht extra ansprechen. Er gehört ja auch zu der Jury. Sag’ einfach „liebe Jury und liebe Kollegen“ und gut ist ‘s“, schlage ich vor. „Du kannst ja in seine Richtung nicken, wenn du willst. Aber das musst du natürlich nicht“, schiebe ich nach. Ich lächle ihr zu. „Hm?“ Stella verzieht keine Miene. Sie ist noch immer sauer auf mich. „Hey, natürlich mag er dich“, flüstere ich und versuche es erneut mit einem Lächeln. Diesmal reagiert sie, indem sie mir wortlos das Handy hinhält. Ein Friedensangebot, nehme ich an und sehe mir das Bild an. Sie und Tanner, offensichtlich beim Essen. Er hat einen Arm um sie gelegt, mit dem anderen hält er das Handy hoch, mit dem er das Bild gerade aufnimmt. Ich schaue nur ganz kurz hin. Sie grinsen beide und stecken ihre Köpfe ganz nah zusammen. Ein bisschen zu vertraut für meine Begriffe. Dass ich Frank Tanner sofort erkenne, überrascht mich nicht. Er hat zugenommen, sonst ist er allerdings noch immer der gleiche alte Schleimer wie vor fünf Jahren. Er sieht noch immer so aus, als könnte er jedem ohne Seife in den Hintern kriechen. Was mag ausgerechnet so jemand wie Stella an ihm? Ich verkneife es mir, diese Frage überhaupt auszusprechen. Und mir selbst befehle ich, nicht über die mögliche Antwort nachzudenken. „Ehrlich gesagt sieht er nicht unattraktiv aus“, denke ich stattdessen. Nicht unattraktiv für einen Mann, meine ich. „Die Zwei passen überhaupt gut zusammen“, gebe ich in Gedanken zu: „Jetzt nicht, weil sie beide keine Modeltypen sind, aber sie sehen nebeneinander zufrieden aus.“ So ein bisschen wie Mia und Wolfgang. Sie strahlen aus, dass es ihnen zusammen sehr gut geht. „Mia und Wolfgang? Mooment!“ Wie komme ich jetzt auf die?
Meine Geda nken kehren zu Stellas MMS zurück. Das Bild ist sicher von heute. Sie hat das gleiche Kleid an wie jetzt. Ich sehe es mir an. Es steht ihr fast so gut wie das Schwarze, das sie beim Tanzen anhatte. Obwohl ich von Kleidern sonst nichts verstehe, stelle ich fest, dass Stella sich mit der Wahl, auf Hosen zu verzichten, durchaus einen Gefallen getan hat. Ich versuche es noch einmal mit einem Lächeln. Mit einem Schmunzeln, genau genommen. „Wieder gut?“, frage ich. Sie lehnt sich zurück und nickt, so als läse sie schon wieder meine Gedanken. Aber ich sehe noch immer kein Lächeln auf ihrem Gesicht. Weder ein Lächeln noch etwas anderes in diese Richtung. Für mich sieht sie eher nachdenklich aus. Wahrscheinlich überlegt sie, warum ich sie erst angraben musste, damit sie über mich hinwegkommt. Komisch, dass ich ausgerechnet das in ihrem Gesicht sehe. Ich und sie und diese eine Nacht. Ich merke, wie ich abschweife. „Stopp!“, befehle ich mir. Daran denkt sie bestimmt gar nicht. Ich bilde mir das sicher nur ein. Mit einem Mann, der so sehr wie Frank von ihr angetan ist, da hat sie solche Gedanken überhaupt nicht mehr nötig.
„Was ist eigentlich mit dem Rest des Textes?“, versuche ich Stella und auch mich selbst abzulenken. „Magst du den?“ Sie greift nach dem Laptop, legt ihn sich auf den Schoß und tippt eine Weile. Nach ein paar Minuten dreht sie den Monitor zu mir. Ich überfliege, was sie geschrieben hat. Sie hat einige Dankesworte hinzugefügt, ohne etwas von mir zu löschen. Nicht gerade das, was ich für meine Rede verwendet hätte, aber es passt
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