Amors Glücksfall (German Edition)
überzeugen will. Ich greife an meinen Kopf. Er macht es mir nach. So macht er es immer. Üblicherweise weil er auf meine Haare neidisch ist oder denkt, dass ich ihm ein Zeichen gebe, dass mit seinem Toupet etwas nicht stimmt.
„Ich habe Mark das mit den 100.000 erzählt. Und er wollte sich bei seiner Bank erkundigen, was er da machen kann!“
„ Ach, ich verstehe“, denke ich. Dieser Kreditantrag, den Frau Fuchs per E-Mail abgelehnt hat, hat bei Paul seinen Ursprung. Und die Sache mit Alex Geis war nur die Krönung des Ganzen.
„Und warum durfte ich doch zurückkommen?“, frage ich. „Warum hilfst du mir jetzt doch?“ Wenn er mir nicht glaubt, bin ich geliefert .
„Das tun Freunde so“, sagt er. Sonst nichts. In seinen Augen sehe ich den Rest an Zweifel und doch ist es, als wäre die winzige Wahrscheinlichkeit, dass ich gerade nicht lüge, Grund genug für ihn, sich meiner anzunehmen. Ich beschließe, sein Vertrauen nicht über zustrapazieren und kehre zu der Sachlage zurück.
„Ich habe keine 100.000 Euro!“, sage ich wieder. Ich weiß, dass ich eine Lösung brauche, weil ich sonst meine Firma verliere.
„Setze von mir aus einen Darlehensvertrag auf. Ich werde es abstottern.“
Er starrt mich ungläubig an. Er geht weder davon aus, dass ich ihm das Geld zurückzahlen werde, noch hat er vor, es mir überhaupt zu geben.
„ Ich habe das Geld nicht“, sagt er nach einer Weile und ich weiß auch, dass er mich nicht anlügt. Das Haus, in dem wir sitzen, gehört seiner Frau und das Geschäft der Kanzlei ist fremdfinanziert. Ich kenne Paul so gut, dass ich beinahe Mitleid mit ihm haben könnte. Doch das habe ich nicht, weil für mich viel mehr auf dem Spiel steht.
„Das Gehalt meiner Mitarbeiter ist am Dienstag fällig. Wenn die Pfändung bis dahin nicht vom Tisch ist, sitze ich in der Klemme.“
Paul schweigt, seine Gesichtszüge verraten aber, dass er überlegt. So wie ich ihn kenne, arbeitet sein Kopf bereits an einer Lösung.
„Ich melde mich“, sagt er irgendwann. „Aber jetzt musst du gehen.“
1 9 Lorenzos Geheimnis
Am Montag bin ich so gut gelaunt wie schon lange nicht mehr. Nicht einmal Karim schafft es, mich zu stören, obwohl ich noch am Freitag sauer auf ihn gewesen war. Er scheint sich wirklich schnell in seine Arbeit eingefunden zu haben, wirkt voller Energie, tippt etwas in die Tastatur vor sich ein und spricht parallel mit jemandem am Telefon. Nur kurz sieht er zu mir hoch und nickt zur Begrüßung. Er wirkt so routiniert, dass ich beinahe neidisch werde. Ich sehe zu ihm, dann zu Mia. Im Grunde war sie es, auf die ich hätte sauer sein sollen. Lorenzo und sie sind Freunde. „Warum schlägt sie sich dann auf Karims Seite?“, frage ich mich jetzt, während ich darauf warte, dass mein Computer hochfährt.
„Was war denn los mit dir?“, fragt sie. Als ich nach dem Besuch bei Paul nach Hause gekommen war, war es spät. Die Jungs hatten sich längst verzogen. Ich fand eine Notiz von Wolfgang auf dem Couchtisch: „Melde dich, wenn du reden willst“, hat er darauf geschrieben. Natürlich habe ich den Zettel weggeworfen. Unwillkürlich denke ich an meinen Vater, sobald ich an Wolfgang denke. „Komisch, irgendwie mag ich ihn“, begreife ich, obwohl ich ihn erst gehasst habe, als mir klar wurde, dass er zu Mia gehört. „Krankenhaus?“, hilft sie mir auf die Sprünge. Ich weiß, was sie wissen will und bin jetzt froh, dass Wolfgang wenigstens nicht mitbekommen hat, dass die Frau, die mich angerufen hat, Hübner hieß. „Hat es etwas mit Mark zu tun?“, fragt sie. Zu früh gefreut! Offensichtlich hat Sam ihm doch alles erzählt. Ich tue so, als wäre es Zufall. „Ich hoffe, es geht ihm gut?“ Komisch. Ich dachte, sie mag mich nicht. Wo kommt jetzt dieses Mitgefühl her?
„Meine Nachbarin!“, lüge ich. „Die alte Dame ist gestürzt und hat sich die Hüfte verdreht!“
Sie verzieht ihr Gesicht. Nach ein paar Sekunden bemerke ich, dass sie erleichtert aussieht. Ich nicke und versuche betroffen auszusehen. „Ich kümmere mich um ihre Katze.“ Mia lächelt. Jetzt bin ich ihr Held und alles ist wieder gut. Mark Hübner ist vergessen.
„Du, das mit Karim ...“, beginnt sie nach ein paar Minuten. Ich habe gehofft, sie lässt mich damit in Ruhe. Aber offen bar hat sie ein schlechtes Gewissen. Ich sehe zum Platz des Studenten. Er ist nicht da. Sie hat wohl damit gewartet, bis er weg ist, um mich darauf anzusprechen. „Ich will nicht, dass du denkst, wir
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