Amors Glücksfall (German Edition)
müsste ich allerdings die Sache erst ausprobieren. Das Risiko, wieder zu scheitern, mit eingeschlossen. Die Skepsis auf Stellas Gesicht schwindet allmählich, als ich Richtung Küche verschwinde und mit ihrem heißgeliebten Baileys zurückkehre. Zwei Schnapsgläser im Anschlag. Sie räumt den Couchtisch frei, bringt den mittlerweile kalt gewordenen Tee weg und gesellt sich wieder zu mir.
„Trinken wir darauf, dass es auch heute Abend wieder glückt!“, sagt sie feierlich, rückt näher, führt ihre Hand mit dem Gläschen unter meinem Arm hindurch und dann zu ihrem Mund. Brav wie ich bin, mache ich es nach. Nun verknoten wir doch noch etwas, wenn es auch nicht gera de unsere Beine sind. „Macht man das so nicht eigentlich nur bei Wodka?“, überlege ich, werde dabei allerdings von kleinen Küsschen abgelenkt, die Stella mir rechts und links auf die Wangen drückt. Und noch bevor ich in Gedanken beim russischen Bruderkuss ankomme, habe ich ihn mitten auf meinem Mund sitzen.
Vor Überraschung zucke ich zusammen und schmatze dabei offensichtlich. Stellas Lippen schmecken nach Schokoladeneis, außer dass sie warm sind und mich an Frauen denken lassen, die für mich gerade nicht zu haben sind.
Ich hasse Stellas Überraschungen. Denn schon wieder reagiert Lorenzos Körper, bevor ich es unterbinden kann. Ich ziehe meine Beine ein und verkrieche mich in die Couchecke hinter mir. Weiß sie nicht, dass ich schwul bin? Jetzt bin ich es, der skeptisch schaut. Vor allem, als Stella das nächste Glas vollmacht. Zum Glück unterbricht das Handy ihre nächste Knutschattacke.
„Das Date steht!“, verkünde ich und sehe auf die Uhr. „Wir haben noch eine Stunde, um uns fertig zu machen“ Bis in die Stadt brauchen wir maximal eine halbe Stunde. Macht zwölf Uhr, die Zeit, die Peter vorgeschlagen hat. Ich lasse meinen Blick über Stellas Jogginghose gleiten und überlege, was sie anhatte, als sie hier angekommen war.
„Ja so gehe ich natürlich nicht los!“, lacht sie, greift sich an den Hinterkopf und löst den Haarknoten. Die Haare springen sofort in alle Richtungen. Sie schüttelt den Kopf und streicht mit beiden Händen darüber, so als hoffte sie, die störrischen Korkenzieher so in Form zu bekommen. „So besser?“ Ich muss lachen.
„Ich meine doch nicht deine Haare!“ Ganz im Gegenteil, die sind toll, leuchten jetzt sogar wie eine Fackel und lassen mich unwillkürlich an unseren letzten Streit denken, eine Stunde, bevor sie ihren Job hingeschmissen hatte. Die wild gewordene Stella, ganz das Gegenteil von der Frau, die mir eben noch Yoga beibringen wollte. Viel näher an der Stella, die mich mit ihren Küssen aus der Fassung bringt und die sich sicher ist, dass ich weiß, was ich tue. „Hast du Schminksachen dabei?“, frage ich. „Eigentlich könnte sie eine schöne Frau sein“, fällt mir ein, während ich sie genau betrachte.
„Willst du dich schminken?“, gibt sie irritiert zurück. Dabei verzieht sie amüsiert ihr Gesicht.
„Nein, aber du!“ „Wenn ich mit ihr im MUC nicht auffallen will, muss sich Stella wenigstens ein bisschen schönmachen“, beschließe ich. Unter den ganzen Püppchen wird sie so oder so schon unvermeidlich ins Auge stechen. Wir müssen es ja nicht auch noch provozieren. Stella holt ihre Tasche und zieht sowohl eine Jeans als auch ein Schminktäschchen hervor. Ein bisschen sehr winzig für meine Begriffe, wenn ich an all die anderen Taschen mit Schminkzeug denke, die ich bisher schon gesehen habe. Aber besser als Nichts ist es allemal. Ich nicke zufrieden und begebe mich selbst ins Schlafzimmer.
„Übertreibe ruhig“, rufe ich, als ich höre, dass Stella sich ins Bad verzieht. Erst duscht sie, dann höre ich sie am Waschbecken. Als sie rauskommt, sehe ich allerdings keinen Unterschied zu vorher und das sage ich ihr auch, bevor ich selbst in die Dusche steige. Ich rasiere Lorenzos Schädel und das Gesicht sorgfältig, trockne mich ab und versuche es wieder.
„Ach komm schon, Stella!“, schimpfe ich fortwährend und ziehe mich an. „Das ist doch nicht dein Ernst!“ Nach zähen Verhandlungen und zweimal Nachschminken bin ich endlich zufrieden mit meiner Ex-Assistentin. „Hätte sie doch früher auf meine kleinen Hinweise in diese Richtung gehört“, denke ich, während wir aufbrechen.
„Du siehst gut aus“, bemerkt sie mit dem Blick zu meinem dunkelblauen Anzug. Jetzt scheint sie auch nicht mehr motzig darüber zu sein, dass ich sie zu einer angemalten Version ihr er
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