ampir-Phantome
Höhe.
Er ließ alles mit sich machen. Auf seinem Gesicht malte sich ein ängstlicher Ausdruck ab, was seine Freunde bei ihm nicht kannten. Er war der Draufgänger, der Mann ohne Nerven und Skrupel.
Jetzt glich er mehr einem Würstchen.
Die blonde Bestie legte ihn sich zurecht. In einer schrägen Haltung. Ihr linker Arm gab dem Körper die dazu gehörende Stütze. Er lag so, dass Justine in sein Gesicht schauen konnte.
»Das perfekte Opfer«, flüsterte sie, hob ihn noch ein wenig an und senkte selbst den Kopf.
»Was soll das?«, keuchte Gil. Aus den Wunden, die Justines Fingernägel beim Würgen hinterlassen hatten, quoll ein wenig Blut.
»Gleich bist du erlöst.« Wie ein Pfeil schnellte die Zunge aus der Mundöffnung. Der Standort war perfekt. Jeder Zuschauer sah, was die Zunge vollführte.
Mit geschickten Bewegungen leckte die Spitze über die Haut des Halses hinweg, über die Wunde. Kein Tropfen ging verloren.
Man hörte die Geräusche. Dieses leise Schmatzen, das Schlecken und auch das wohlige Stöhnen dazwischen. Justine führte ihnen einen regelrechten Zungentanz vor, sie leckte den Hals blutfrei und hob danach ihren Kopf blitzartig an, sodass sie auch in die Runde schaute und in die Gesichter der Männer.
Keiner von ihnen hatte es gewagt, sich von seinem Platz zu erheben. Sie alle hatten dem Vorgang fasziniert zugeschaut und sahen aus wie vor den Kopf geschlagen.
Das passte Justine nicht. Und so fragte sie:»Was sagt ihr? Wo bleiben eure Kommentare?«
Es gab keine.
»Ach?«, höhnte sie. »Feige seid ihr auch.«
Das wollte Sir Lionel Curtis nicht auf sich sitzen lassen. »Du magst das Blut, wie?«
»Ja, ihr habt es alle gesehen.«
Ein grauhaariger Mann überwand sich und sprach sie mit leiser Stimme an. »Bist du ein Vampir? So etwas Ähnliches?«
»Nein, das bin ich nicht. Nicht so etwas Ähnliches. Ich bin genau das, was ihr denkt und euch nicht zu fragen getraut habt. Ich bin ein weiblicher Blutsauger...«
***
Eine Bombe hätte nicht härter einschlagen können. Nur gab es hier keine Explosion, kein Geschrei und Gezeter. Diese Bombe explodierte mehr nach innen, und genau so verhielten sich die Männer mit ihren Reaktionen. Sie sagten nichts. Sie saßen starr da, und die meisten unter ihnen bekamen einen Schauer.
Aber sie starrten in das Gesicht der Blonden, die ihren Mund jetzt so weit wie möglich öffnete, damit jeder sah, dass sie nicht geblufft hatte.
Sie präsentierte ihre beiden langen, an den Enden spitzen Zähne.
Zwei perfekte Hauer, die tief in die Haut eines Menschen eindringen konnten, um die Wunden zu reißen, aus denen das Blut sprudelte. Es gab niemand, der danach fragte, ob die Zähne echt oder unecht waren. Die gestandenen Männer erlagen der Faszination des Grauens. Auch wenn sie nie zuvor an Vampire geglaubt und darüber nur gelacht hatten, so traute sich jetzt keiner mehr, auch nur den leisesten Lacher auszustoßen. Sie waren fasziniert und zugleich geschockt.
»Warum sagst ihr nichts?«, zischte die Cavallo. »Glaubt ihr mir nicht? Wolltet ihr nicht neue Wege gehen? Wolltet ihr nicht das verdammt langweilige Alltagsleben hinter euch lassen? Gratuliere, ihr habt es geschafft, denn ihr könnt jetzt auf die andere Seite der Welt blicken. Dort wird man sich freuen und euch mit ausgebreiteten Armen erwarten.«
Justine wusste genau, wie sie Menschen schocken konnte. Und sie befand sich noch mitten in der Aufführung. Sie war längst nicht fertig, denn ihre Nahrung lag nach wie vor auf ihrem Arm.
»Es wird euch jetzt wie im Film Vorkommen«, flüsterte sie, »aber es ist kein Film. Ich präsentiere euch die neue Realität, und die auf eine perfekte Art und Weise.«
Sie hatte genug geredet.
Die Tat folgte.
Ruckartig senkte sie den Kopf. Ihr Mund stand weiterhin weit offen. Wie zwei gebogenen Hörner blinkten die Zähne aus dem Oberkiefer hervor – und es folgte der Biss.
Wie zwei krumme Nägel bohrten sich die Zähne in die Haut am Hals des Mannes. Justine hatte genau gezielt, weil sie etwas Bestimmtes durchziehen würde.
Ihre Zähne trafen die dicke Halsschlagader nicht. Das war so beabsichtigt. Jeder schaute zu, wie der Mund der Frau praktisch am Hals ihres Freundes klebte.
Jeder sah, wie Justine saugte und sich dabei ihre Wangen als auch die Halsmuskeln bewegten.
Aber der Vorgang dauerte nicht mal zehn Sekunden. Dann hatte sie genug. Beinahe anwidernd schleuderte sie den Körper zur Seite und schüttelte den Kopf. Der Mann schlug schwer zu Boden, stöhnte
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