ampir-Phantome
aber nicht mal auf.
Keiner hatte einen Blick für ihn. Die Augen waren auf Justine Cavallo gerichtet, die wieder einmal im Mittelpunkt stand, und auch weiterhin dort blieb.
Sie genoss es. Sie umleckte ihre Lippen, an denen noch einige Tropfen hingen. Sie ließ sich nichts von diesem Genuss entgehen.
Die Männer schauten zu. Sie schwiegen, und Justine schloss ihren Mund wieder. Mit einer gemächlich wirkenden Bewegung drehte sie sich um. Ihr Blick saugte sich am Gesicht von Lionel Curtis fest, der sich mehr als unbehaglich fühlte.
»Du hast es gesehen, nicht?« Ihre Stimme war fast ein Schnurren.
Er nickte zögernd.
»Was denkst du? Was ist mit Gil geschehen? Was habe ich mit ihm gemacht?«
Der Mann wand sich. »Ich... ähm...«
»Was, Lionel, was?«
»Gebissen!«, flüsterte er scharf. »Du hast ihn gebissen. Ja, verdammt, das ist so!« Am liebsten wäre er geflüchtet, nur hätte das die Cavallo nicht zugelassen.
»Wie Recht Du hast, mein Freund. Ich habe ihn gebissen. Aber nicht nur das. Ich habe auch sein Blut getrunken. Ihr alle habt es gesehen und vielleicht sogar gehört. Sein Blut kreist in mir. Und wisst ihr, was das bedeutet? Ahnt ihr es?«
Curtis wusste, dass die Frage ihm galt, deshalb gab er auch die Antwort. Er sprach mit leiser Stimme. »Ja, ich kann es mir denken. Nein, ich... ich weiß es. Du hast ihn zu einem Vampir gemacht!«
Justine zielte mit der Spitze des rechten Zeigefingers auf ihn. »Es ist fast perfekt. Nur kann ich das Wort Vampir nicht unterstreichen. Er ist noch kein richtiger Vampir, denn ich habe ihn nur angebissen. Ich trank nur ein wenig Blut, aber satt bin ich noch längst nicht.« Sie drehte sich langsam im Kreis und schaute sich die vom Schein der Kerzen angeleuchteten Gesichter an. »Ihr seid gekommen, um das Neue, das noch nie Dagewesene zu erleben. Okay, ihr werdet es genießen können. Eure Körper stecken voller Blut, und ihr habt gesehen, was mit diesem Gil geschah. Es ist nicht weiter schlimm. Er wird sich gleich erheben und kann seines Wegs gehen. Nur steckt der Keim bereits in ihm. Er ist so etwas wie ein Vampir-Phantom geworden.« Sie spreizte ihre Finger und bewegte die Hände dabei von rechts nach links. »Er ist eben etwas Besonderes. Man kann sagen, dass er auf dem Weg ist, und genau den werdet ihr auch einschlagen.«
Sie ließ die Männer nicht erst zum Nachdenken kommen. Mit einem blitzschnellen Griff hatte sie Sir Lionel Curtis zu sich herangerissen und in eine entsprechende Position zurechtgelegt.
Keine Warnung mehr – es folgte der Biss!
Curtis zuckte ein paar Mal. Allerdings nur mit den Beinen, sein Oberkörper befand sich in der Umklammerung, und Justine Cavallo genoss den erneuten Blutschwall. Sekundenlang biss sie sich fest und trank so viel Blut wie möglich, ohne ihn umzubringen. Dann zog sie ihren Mund zurück und stieß den Mann von sich.
Curtis taumelte unsicher. Zum Glück gab es die Wand, an der er sich abstützen konnte. Er blieb dort stehen. Er stöhnte und wischte sich immer wieder über die Augen, als wollte er so seine Sicht klären.
Justine war in ihrem Element. Sie fühlte sich stark, und sie fühlte sich sicher. In drei dieser Körper floss noch das Blut, und sie würde sich wirklich satt trinken können. Keiner hatte sich getraut, die Flucht zu ergreifen, und hätte jetzt jemand mit dem Gedanken gespielt, wäre es sowieso zu spät gewesen.
Justine winkte mit ihren Fingern. »Ist jemand hier, der freiwillig zu mir kommen will?«
Keiner meldete sich.
Die blonde Bestie machte kurzen Prozess. Sie zerrte den ersten Körper zu sich heran und riss ihn dabei über einen der kleinen Steintische hinweg. »Dein Blut wird mir schmecken...«
Sie konnte nicht mehr an sich halten und rammte ihre Zähne tief in den dritten Hals. Aber auch der vierte und der fünfte wurden nicht verschont. Justine aber war schließlich satt. Sie fühlte sich gut, denn sie hatte wieder mal einen Sieg über eine Übermacht errungen.
Die echte Vampirin war sie, denn die fünf Männer zählte sie nicht dazu. Sie waren ihre Vampir-Phantome. Gestalten zwischen Mensch und Blutsauger. Männer, die sie steuern konnte, die sie zugleich hassen und lieben würden.
Das war perfekt für den weiteren Plan, an dem sie arbeitete...
***
Das Bild verschwand aus der Erinnerung, und Justine stand wieder in dem dunklen saalartigen Raum. Sie war noch immer allein. Eigentlich hätte Sir Lionel Curtis kommen müssen, doch der hatte sich verspätet, wahrscheinlich wegen
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