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Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Titel: Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janwillem Van De Wetering
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verwenden. Sie kümmern sich weder um oberflächliche Logik noch versuchen sie, tägliche Ereignisse zu beschreiben, sondern sie zielen auf die Wurzeln menschlichen Verhaltens.»
    «So?» fragte Grijpstra.
    Der Commissaris wurde lebhaft. «Wie Nellies Bar, Grijpstra», sagte er und grinste. «Wie das, was du denkst, wenn du angelst oder morgens aufwachst.»
    «Wenn ich mich rasiere?» fragte Grijpstra und grinste ebenfalls. «Viel heißes Wasser und Schaum, eine neue Rasierklinge, niemand im Badezimmer, die Tür verschlossen und schwapp, schwapp mit dem Rasierpinsel.»
    «Woran denkst du, wenn du dich rasierst?» fragte der Commissaris.
    Grijpstra rieb sich kräftig über den kurzhaarigen Schädel. «Schwer zu sagen, Mijnheer.»
    Die Frau war mit den schmutzigen Kaffeetassen auf dem Wege zur Küche, blieb aber stehen und drehte sich interessiert um.
    «Versuchen Sie, Ihre Gedanken zu beschreiben», sagte Corin Kops. «Das Meer», sagte Grijpstra. «Meistens denke ich ans Meer, und dabei bin ich nie Seemann gewesen, das ist doch seltsam, meine ich. Aber ich denke ans Meer, wenn ich mich rasiere. An große Wellen und an einen blauen Himmel.»
    «Könnten Sie ein Beispiel aus Abes Leben nennen, Juffrouw?» fragte der Commissaris.
    «Meinen Sie irgendwas Surrealistisches? Aber sein ganzes Leben war so. Er lebte sogar im Traum, wenn er etwas Praktisches tat. Er gab nie voraussehbare Antworten auf vernünftige Fragen und schien sich immer alles anders zu überlegen. In seinem Leben gab es kein festgelegtes Verhaltensmuster. Der Mann war wie ein nasses Stück Seife.»
    Sie klang plötzlich verbittert. Sie schaute den Commissaris verzweifelt an. «Einmal war er nachts hier, es war früh am Morgen. Es stürmte draußen. Die Fenster klapperten, ich konnte nicht schlafen. Ich sah ihn aufstehen und sagte, er solle wieder ins Bett kommen. Ein starker Wind macht mich immer nervös, und ich wollte ihn bei mir haben. Aber er sagte, er werde segeln gehen. Und Louis Zilver erzählte mir später, daß sie beide mit der kleinen Plastikyacht draußen auf dem großen See waren und beinahe ertrunken wären.»
    Sie setzte das Tablett ab. «Die Deutschen haben im Krieg Abes Eltern umgebracht, wissen Sie. Die haben sie über die Straße gezerrt, in einen Viehwaggon geworfen und vergast. Aber anscheinend gab er den Deutschen nicht die Schuld; er belegte an der Universität sogar Deutsch als zweite Fremdsprache.»
    «Die Deutschen wollten sicherlich auch ihn schnappen», sagte Grijpstra.
    «Ja. Aber die SS-Streife verpaßte ihn. Zufällig spielte er an jenem Morgen im Haus eines Freundes. Er gab nicht den Deutschen die Schuld, sondern den Planeten.»
    «Planeten?»
    «Ja. Er glaubte, daß die Planeten Merkur und Neptun und vor allem Uranus – er war sehr interessiert an Uranus und all den anderen, deren Namen ich vergessen habe – unser Leben kontrollieren. Wenn die Planeten bestimmte Konstellationen bilden, gibt es Krieg auf der Erde. Und wenn sich die Konstellationen wieder ändern, hört der Krieg auf und für eine Weile herrscht Frieden. Er hielt von menschlichem Streben sehr wenig. Er glaubte, wir seien einfältige Geschöpfe, in Bewegung gesetzt von Kräften, die völlig außerhalb unserer Kontrolle lie gen. Er hat oft zu mir gesagt, wir könnten nichts dagegen tun, außer vielleicht, nicht gegen das Schicksal anzukämpfen, sondern zu versuchen, sich ihm anzupassen.»
    «Aber er war selbst eine sehr aktive Person», sagte der Commissaris.
    «Genau. Ich habe das auch zu ihm gesagt, aber er hat nur gelacht und gesagt, seine Aktivität sei nur auf Uranus zurückzuführen, der zum Zeitpunkt seiner Geburt sehr wirksam gewesen sei. Uranus ist der Planet der Veränderung.»
    «Ihn traf also bei der Geburt ein kosmischer Strahl, der ihn zu der Art von Person machte, die er war», sagte der Commissaris. «Ich verstehe.»
    «Der ließ ihn herumspringen wie ein Eichhörnchen, wie?» fragte Grijpstra.
    Sie lachte. «Eher wie einen Affen, einen großen, haarigen, verrückten Affen. Ein Affe mit seltsam glänzenden Augen.»
    «Ihr Freund muß ziemlich unzuverlässig gewesen sein», sagte der Commissaris.
    Sie nahm das Tablett wieder auf, aber die Bemerkung des Commissaris schien sie zu schmerzen. «Nein. Überhaupt nicht. Er war vertrauenswürdig. Er bezahlte immer seine Schulden und hielt seine Verabredungen ein. Wenn er etwas versprach, hielt er es.»
    «Nun, wir müssen ihn noch ein wenig besser kennenlernen», sagte der Commissaris. «Vielen

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