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Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Titel: Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janwillem Van De Wetering
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Augenblick vergessen, Brigadier. Es wird nicht wieder vorkommen, Brigadier. Willst du, daß ich mich melde, wenn ich alles arrangiert habe, Brigadier?»
    «Nein», sagte de Gier. «Das ist nicht nötig. Ich seh dich morgen früh pünktlich um halb neun an der Polizeigarage. Viel Glück.»
    Er legte den Hörer auf und ging zum Bett zurück.
    «Ein ausgezeichneter junger Mann», sagte er zu Esther, «und klug dazu.»
    «Bist du nicht klug?»
    «Nein», sagte de Gier.
    «Bist du ein guter Kriminalbeamter?»
    «Nein.»
    «Versuchst du einer zu sein?»
    «Ja.»
    «Warum?»
    Er lachte, beugte sich vor und küßte sie.
    «Nein. Ich möchte es wissen. Warum versuchst du, ein guter Kriminalbeamter zu sein?»
    «Um dem Commissaris zu gefallen», sagte er und versuchte, die Bemerkung als Scherz abzutun.
    «Ja», sagte Esther ernsthaft. «Ich hatte mal einen Professor, dem ich gefallen wollte. Mir schien er ein sehr fortschrittlicher kleiner alter Mann zu sein, und ich liebte ihn, weil er so häßlich war und einen so großen kahlen Kopf hatte. Er war sehr scharfsinnig, aber auch ein gründlicher Geist, und ich war sicher, er wußte Dinge, die ich wissen sollte. Er war ein seltsam glücklicher Mensch, obwohl ich wußte, daß er während des Krieges alles verloren hatte, was er liebte, und er allein in einem alten, unordentlichen und sehr deprimierenden Haus wohnte. Ich machte mich sehr gut in seiner Vorlesung, obwohl mich sein Thema kaum interessierte, als ich anfing. Er lehrte mittelalterliches Französisch und erweckte es wieder zum Leben.»
    «Verbrechen interessieren mich», sagte de Gier. «Sie interessierten mich schon, bevor ich unter dem Commissaris zu arbeiten begann.»
    «Warum?»
    Er legte sich zurück und streckte verliebt einen Arm aus, dem sie sich nicht widersetzte.
    «Warum gefallen dir Verbrechen?»
    «Ich habe nicht gesagt, daß mir Verbrechen gefallen. Ich habe gesagt, sie interessieren mich. Das Verbrechen ist manchmal ein einziger Fehler, häufiger jedoch eine Serie von Fehlern. Ich versuche zu verstehen, warum Verbrecher Fehler machen.»
    «Warum? Um sie besser fangen zu können?»
    «Ich bin kein Jäger», sagte de Gier. «Ich jage, weil es ein Teil meiner Arbeit ist, aber ich finde keinen Gefallen daran.»
    «Was bist du also?»
    Er setzte sich hin und suchte nach seinem Päckchen Zigaretten. Sie gab ihm das Päckchen und schnippte ihr Feuerzeug an. Ihr Kimono öffnete sich, sie brachte ihn wieder in Ordnung.
    «Müssen wir reden?» fragte de Gier. «Ich kann mir etwas Besseres denken.»
    Sie lachte. «Ja. Laß uns für eine Weile reden. Ich werde gleich meinen Mund halten.»
    «Ich weiß nicht, was ich bin», sagte de Gier, «aber ich versuche, es herauszufinden. Verbrecher versuchen auch herauszufinden, was sie sind. Es ist ein Spiel, das wir mit ihnen teilen.»
    Seine Stimme war lauter geworden. Olivier erwachte und miaute klagend.
    «Olivier!» sagte Esther.
    Der Kater drehte den Kopf und sah sie an. Er gab eine Reihe von Lauten von sich, tiefe Laute unten aus der Kehle, und er streckte sich und legte eine Vorderpfote auf ihren Schenkel.
    «Geh und fang dir einen Vogel», sagte de Gier, als er ihn aufhob, auf den Balkon setzte und die Tür hinter ihm schloß.
    «Sei nicht eifersüchtig», sagte Esther.
    «Ich bin eifersüchtig», sagte de Gier.
    «Hast du keine Ahnung, was du bist?»
    «Doch», sagte er, legte sich auf das Bett und zog sie hinunter, «eine vage Ahnung. Eher ein Gefühl. Aber es muß noch viel klarer werden.»
    «Und du bist Polizist geworden, um es herauszufinden?»
    «Nein. Ich bin zufällig Polizist geworden. Ich hatte keine Pläne, als ich die Schule verließ. Ich habe einen Onkel bei der Polizei, der die Möglichkeit gegenüber meinem Vater erwähnte, und bevor ich wußte, was ich tat, hatte ich ein Formular unterschrieben und beantwortete Fragen, und zwar alle mit ‹ja›. Und dann war ich plötzlich in Uniform mit einem Streifen auf dem Ärmel und hatte täglich acht Stunden Unterricht.»
    «Mein Bruder wollte ebenfalls herausfinden, was er war», sagte Esther. «Es ist gefährlich, so zu sein. Du wirst umkommen.»
    «Ich glaube, es würde mir nichts ausmachen», sagte de Gier und zog an ihrem Kimono.
    Hinterher schliefen sie ein, und de Gier erwachte eine Stunde später, weil Olivier sich gegen die Glastür zum Balkon warf und sie zum Klappern brachte. Er stand auf und fütterte die Katze, wobei er das Fleisch sorgsam in dünne Scheibchen schnitt. Er legte sich wieder hin,

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