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Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Titel: Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janwillem Van De Wetering
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ohne Esther zu stören, die auf der Seite lag und leise atmete. Ihr Atmen erregte ihn wieder. Er drehte sich um und betrachtete die Geranien und zwang seine Gedanken zur Konzentration. Er wollte über die Stachelkugel nachdenken, die Kugel, die das Leben von Esthers mächtigem Bruder zerschmettert hatte. Er wußte, dies war die beste Zeit, um nachzudenken, wenn sein Körper fast schlief und das Gehirn allein funktionieren ließ. Es hatte ihn frühmorgens zu dem Schluß geführt, daß die Kugel mit einem Band verbunden gewesen war, vermutlich mit einem elastischen Band. Er hatte sich an ein paar kleine Jungen erinnert, die auf dem Balkon eines Hotels in Frankreich Ball gespielt hatten. Er hatte sie von der Hotelhalle aus beobachtet; das war vor einigen Jahren während eines Urlaubs gewesen, den er mit einer Polizeisekretärin verbracht hatte, die sich als sehr reizbar und besitzergreifend erwiesen und das versprochene Vergnügen der Reise zu einer Reihe von Streitereien und Rückzügen gemacht hatte. Er hatte an jenem Tag versucht, von ihr mal loszukommen, und war auf dem Weg durch die Halle nach draußen gewesen, als er die Kinder sah. Sie hatten einen Ball, der mit einem Gummiband an ein schweres Gewicht gebunden war und nach dem sie mit Miniaturraketts schlugen. Sie konnten den Ball nicht verlieren, denn er konnte nur eine bestimmte Strecke zurücklegen. Er hatte nicht versucht, an spielende Kinder zu denken, sondern sich nur auf das Geheimnis der Stachelkugel konzentriert, als das Bild von den Kindern und ihrem Spielzeug plötzlich aufgetaucht war.
    Der Ball war in Abes Zimmer geworfen oder geschossen worden, aber nicht dringeblieben. Er war sicher, daß der Mörder nicht im Zimmer gewesen war. Falls doch, hätte es einen Kampf gegeben. Esther und Louis Zilver hatten sich zu dem Zeitpunkt im Haus aufgehalten. Sie hätten den Kampf gehört. Es hätte Rufe gegeben, Möbel wären gerückt worden, Körper hätten miteinander gekämpft und wären gefallen. Der Mörder hätte das Haus nach Abes Tod verlassen müssen. Er hätte das Risiko eingehen müssen, entweder von Esther oder Louis gesehen zu werden. De Gier war sicher, daß der Mord geplant war. Geplant mit einer Höllenmaschine. Er hatte im Polizeimuseum eine Ausstellung von Höllenmaschinen gesehen. Füllfederhalter, die Gift verspritzen, Ringe mit einem verborgenen Stahldorn, bewegt von einer Feder, sehr komplizierte Apparate, die eine Explosion auslösen, Falltüren, schwere Gewichte, die im richtigen Augenblick fallen. Aber keine Stachelkugel, die verschwindet, nachdem sie ihr Werk vollendet hat. Und dennoch wußte er, daß er die Antwort kannte. Er hatte mal etwas gesehen, etwas, was eine Stachelkugel bewegen konnte. Wo hatte er es gesehen?
    Es mußte etwas sein, was alltäglich, harmlos war. Etwas, worüber die Polizisten nicht weiter nachdenken würden. Und es mußte geräuschlos sein. Ein Knall hätte die Polizisten alarmiert, die sich an dem Tag sowieso schon unbehaglich fühlten. Etwas, was der Mörder durch den Recht Boomssloot tragen und dabei die Polizisten anlächeln konnte.
    Seine Augen schlossen sich. Er mühte sich ab. Die Antwort war nahe ; er brauchte nur danach zu greifen.
    Er schlief ein und erwachte zwei Stunden später. Esther war nicht im Bett. Er hörte sie in der Küche. Sie rührte in einem Topf. Der Geruch erreichte ihn, ein guter Geruch, der seinen Magen reizte. Ein Schmorgericht. Sie mußte das Hack und das frische Gemüse gefunden haben. Er stand auf und steckte den Kopf in die kleine Küche. Sie kochte auch Reis.
    Sie aßen und hörten Schallplatten. De Gier fühlte sich glücklich, unglaublich und vollkommen glücklich. Er fühlte sich außerdem schuldig und öffnete eine Dose Sardinen für Olivier.
15
    Die Albert Cuypstraat ist lang und schmal und durchschneidet einen der häßlicheren Stadtteile von Amsterdam, wo die Häuser schmale, hohe Ziegelscheiben sind, zusammengeschoben in endlosen Reihen, wo keine Bäume wachsen und der Verkehr ewig zum Erliegen kommt. Der Straßenmarkt ist das Herz einer Gegend aus Stein und Teer, und seine Farbtupfer und Geräusche bringen etwas Leben in einen Stadtteil, der sonst nicht viel mehr als eine Hölle der Langeweile wäre, in der die Ameise ‹Mensch› ihre sechzig oder siebzig Jahre Leben mit Aufstehen und Zubettgehen verbringt, mit Fabrik- und Büroarbeit, mit Fernsehprogrammen und einer kleinen Sauferei in der Kneipe an der Ecke. Es war eine Gegend, die de Gier und Cardozo gut kannten,

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