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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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mich auf die Scheibenwischer, wie sie sich hin und her bewegten. Und obwohl Roger mich sehen konnte und ich ihn auch, war ich plötzlich sehr dankbar, dass es im Auto dunkel war. Dadurch war es leichter, mir einzubilden, dass er nicht erkennen konnte, wie ich mich bemühte, nicht in Tränen auszubrechen, und wie mein Kinn plötzlich ein Eigenleben entwickelte, über das ich keine Kontrolle mehr hatte. »Es gab einen Unfall«, zwang ich mich schließlich zu sagen.
    »Einen Autounfall?«
    »Ja«, sagte ich. Es kostete mich riesige Anstrengung, mich im Griff zu behalten. Ich war kurz davor, loszuweinen, und es gab nichts, wohin ich fliehen konnte, wenn das passierte. Kein Badezimmer, in das ich mich einschließen konnte, keinen Rückzugsort.
    »Wann ist das denn gewesen?« Roger stellte mir diese Fragen ganz ruhig und sanft, doch er hätte sie mir genauso gut entgegenschreien können – so fühlte es sich an, sie zu hören und darauf antworten zu müssen.
    »Vor drei Monaten«, sagte ich und fühlte, wie meine Stimme beim letzten Wort ein wenig versagte. »Am achten März.«
    »Das ist alles?«, fragte Roger. Er klang überrascht. Und traurig.

    »Ja.« Ich holte tief Luft und versuchte, zu einem lockeren Ton überzugehen. »Du weißt aber schon, dass das als Frage zählt?« Nach dem Zittern in meiner Stimme zu urteilen und danach, wie kehlig sie klang, war mein lockerer Ton wohl nicht ganz so überzeugend.
    »Die letzte«, sagte er. Wieder warf er mir einen Blick zu und fragte dann sehr leise: »Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?«
    Ich hatte gewusst, dass das kommen würde, aber das machte es kein Stück leichter. Denn ein Teil von mir wollte es erzählen. Irgendwie tief in mir drin wusste ich, dass es auf Dauer besser war, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Dass ein Knochen gerichtet werden musste, damit er vernünftig heilen konnte und nicht schwach und schief zusammenwuchs. In Bronwyns Spiegel in Colorado hatte ich einen Funken meines früheren Ich gesehen. Ich wollte es gern wiedersehen. Ich wollte wieder die werden, die ich einmal war.
    Und der vernünftige Teil von mir wusste, dass das Schweigen mir den Schlaf raubte und wahrscheinlich der Grund war, dass mir die Haare ausfielen.
    Aber es gab da eben noch einen anderen Teil von mir, den Teil, auf den ich die letzten drei Monate lang gehört hatte und der mir geraten hatte, wegzurennen, nicht zu antworten, mir die Decke über den Kopf zu ziehen und mich zu verstecken.
    Roger hatte tatsächlich keine Ahnung, was passiert war. Wenn er es aber erfuhr, würde er mich nicht mehr so ansehen wie bisher. Sobald er es herausfand, würde er sich von mir abwenden und mich allein lassen, genauso wie Mom
und Charlie es getan hatten. Und ich wollte nicht seinen Blick ertragen müssen, wenn ich für ihn nicht mehr die war, für die er mich wahrscheinlich hielt. Ich ließ meine Knie los, stellte die Füße auf den Boden und sah ihn an. »Nein«, sagte ich ebenso leise. Dennoch schien meine Stimme in dem stillen Auto widerzuhallen.
    Roger sah kurz zu mir und zurück auf die Fahrbahn, presste die Lippen aufeinander und nickte. Dann erweckte er den iPod zum Leben und startete die Musik wieder, sein Mix begann von vorn.
    Ich hatte das Gefühl, ihn enttäuscht zu haben, aber ich wusste ja, dass es besser war, es für mich zu behalten. Schließlich hatte ich damit inzwischen einige Übung. Und bald würde er nicht mehr fragen. Bald würde Amy! mein wirkliches Ich sein, weil mein früheres Ich tot war. Ich lehnte den Kopf an die kalte Fensterscheibe. Als ich spürte, dass ich anfing zu weinen, wehrte ich mich nicht. Und als ich mein Spiegelbild auf dem dunklen Glas sah, konnte ich Tränen und Regentropfen nicht unterscheiden.

I called your line too many times.
    – Plushgun
     
     
    8. MÄRZ – DREI MONATE ZUVOR
     
    Ich ging wieder ins Haus und steckte mein Handy in die Hosentasche. Meine Mutter war nicht in der Küche, aber ich konnte sie aus dem Wohnzimmer hören, wo sie telefonierte. Ihre Worte klangen abgehackt und nervös. »Charlie«, murmelte ich. Ich war stinksauer auf meinen Bruder, weil er uns das antat.
    Mit Riesensätzen rannte ich die Treppe hinauf und riss die Tür zu seinem Zimmer auf, aus dem mir ein heftiger Schwall Lufterfrischer entgegenschlug. Ich dachte ja immer, dass es meine Eltern misstrauisch machen musste, wenn es in Charlies Zimmer ständig nach Duftmischungen aller Art roch, aber sie schienen sich nie etwas dabei zu denken. Oder falls doch,

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