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An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

Titel: An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wiebelt
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gutgemeinte Aufforderung ungehört im allgemeinen Tumult verebbte, winkte er kopfschüttelnd ab und hetzte we i ter.
    „Herrgott, Floogan! So warte doch!“
    Marcus war sichtlich überrascht von der Schnelligkeit und Au s dauer des alten Seebären, der doch regelmäßig und ungezügelt alkoholischen Getränken in seiner Schenke gefrönt hatte und nun mit beneidenswert jugendlicher Geschicklichkeit über das buck-lige Pflaster der steil abfa l lenden  Gasse hastete.
    Die bejahrten, mehrstöckigen Häuserreihen aus leicht vergilbtem Kalkstein, an denen Marcus schon als Kind unzählige Male zum Versteckspiel laut gezählt hatte, mit den schwer behangenen Wä-scheleinen, die in schwindelerregender Höhe wie ein unübersich t liches Netzwerk über den Weg gespannt waren, wurden nun zum Opfer eines gefräßigen Monstrums, das sich unerbittlich seinen Weg bahnte.
    Mit kürzer werdendem Atem rannte er ums nackte Überleben, die Hand an der Seite, um das unerträgliche Seitenstechen zu lindern, das hektisch pumpende Herz bereit den beengenden Brustkorb zu sprengen.
    Letzte, tröstende Gewissheiten geisterten verführerisch durch seine Gedanken, als Floogan, einige Schritte vor ihm, endlich den rettenden Hafen erreichte und mit einem geschickten Satz über die langgezogene Kaimauer sprang. Marcus tat ihm gleich und polterte ungleich schwerfälliger auf die alten, vom allgegenwärt i gen Salz des Meeres dunkel vernarbten Bretter des breiten La n dungssteges.
    Fluchend kam er wieder auf die Füße und rannte sogleich weiter über die teils gefährlich glitschigen Planken des Ankerplatzes, der in besseren Zeiten ein Ort belebten Handels gewesen war, doch nun zahlloser Händler und interessierter Kä u fer entbehrte, die noch vor einigen Jahren geschäftig durch den Hafen gelaufen und die Stadt mit Leben erfüllt hatten.
    Floogan lief über einen der vielen breiten Ausläufer, die sich gelagert, auf fest im Meeresb o den verankerten Holzpflöcken, weit über das Wasser erstreckten. Einst erbaut als Anlegestellen für kapitale Handelsschiffe aus fernen Ländern, waren sie heute nur noch großflächige Holzstege, an denen ein paar vereinzelte, ar m selige Fischerboote vor sich hin dümpelten.
    Der alte Fischer sprang in eines der Boote, setzte das völlig aufg e löste Mädchen sachte auf den Boden und winkte Marcus he k tisch, bevor er sich eilends daran machte, die Leinen mit einer rostigen Machete zu kappen.
    Die Hände in atemloser Rast auf die Knie gestützt, blieb Marcus demonstrativ vor Floogans Barkasse stehen, die nach seiner A n sicht alles andere als seetauglich wirkte.
    „Das ist dein Boot!“, keuchte er bestürzt.
    „Natürlich!“, entgegnete der alte Fischer in geschäftiger Verwu n derung, „wundervoll nich wahr! N´gutes Schiff!“
    Er hielt inne, schaute auf und lächelte spitzbübisch in das e r schütterte Gesicht von Marcus.
    „Oder willste lieber hier bleiben und auf deine zahlende Kun d schaft warten?“, lachend durc h schlug er die letzte Leine und stieß sich langsam mit einem Ruder von der Anlegestelle ab.
    „Dafür verfluche ich dich, du alter Säufer!“ Mit einem kühnen Satz sprang Marcus an Bord und krallte sich misstrauisch an der alten Reling fest, als das Boot durch seine schwungvolle Landung heftig ins Wanken geriet.
    „Na also!“, würdigte Floogan die Cour a ge seines Begleiters und drückte ihm beide Ruder in die Hand, „und jetze! Ruder um unser Leben! Ich mach die Segel klar!“
    Mit einem aufmunternden Schulterklopfen überließ er dem ve r dutzten Marcus die überla n gen Holzpaddel und begann sogleich die aufgerollten, löchrigen Leinen des alten Kutters aufzubi n den.
     
    Der mächtige Bug der Gyntiver stob durch die Reihen der Reichendomizile, die sich in der verführerischen Dekadenz ve r gangener Tage an der verwaisten Promenade entlang zogen.
    Der Zwerchfell erschütternde Lärm, mit dem der Weltensegler die Prachtbauten zerschmetterte, übertönte die empörten Wi-derworte des unfreiwilligen Matrosen, der sich daraufhin schl a g-artig hinsetzte, die Ruder auf die reichlich eingefetteten Führu n gen legte, sie ins Wasser gleiten ließ und wie ein Besessener a n fing zu pu l len.
    Trotz seiner kraftraubenden Bemühungen gleitete der schwerfä l lig knarrende Kahn nur gemächlich auf die unruhige See hinaus. Die schwere Brandung warf sich ihnen unbarmherzig entgegen und die eiskalte, schäumende Sole schwappte in beän g stigenden Massen in das schwankende

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