An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
innerhalb von zwei Tagen einen Verteidigungsring um die Festung zu erbauen. Gr ä ben wurden ausgehoben, geschützt von langen Barrikaden aufg e häufter Erde und schweren Platten, mühselig aus einem naheg e legen Steinbruch herangeschleppt.
Die Stimmung war gedrückt, denn dies war kein normaler Feind, gegen den sie in den Kampf ziehen mussten, sondern eine uralte Gemeinschaft, die über Wissen und Technologien verfügte, die jenseits ihrer Vorstellungskraft lag. Selbst die sonst respektlosen Zwerge sprachen nur ehrfürchtig von den Fremden und ihre meist unbeherrschten Stimmen ve r kamen zu einem ängstlichen Flüstern.
Muriel stand verbissen auf dem höchsten Turm und trotzte dem kühlen Wind, den die Sphäre in dieser Höhe passieren ließ. Ihre langen Haare peitschten ihr in das hasserfüllte G e sicht und ihr starrer Blick war auf die unerbittlich näherkommenden Rauchsä u len gerichtet, die vom Erscheinen ihres alten Widersachers kü n deten. Bis hier oben konnte sie das Wehklagen ihrer Schwe s tern hören, denn auch sie konnten die mächtige Präsenz spüren.
„W ä re ich nicht hier gefangen, würde ich euch in Stücke reißen, ihr verfluchten Kreaturen!“, zischte sie gegen den u n nachgiebigen Wind und strich sich dabei die dunklen Strähnen aus der Stirn.
General Borgo saß auf seinem, mit einem dunkel schimmer n den Panzer behangenen Ross und überblickte die ferti g gestellten Verteidigungsanlagen von einer kleinen Anhöhe aus, während die ranghohe Gefolgschaft hinter ihm versuchte, die unruhigen Pfe r de in den Griff zu bekommen.
Sein Helm war mit zwei gewaltigen Hörnern geschmückt, die weithin sichtbar waren und den Männern eine gewisse Siche r heit gaben. Er war einer der erfahrensten Kriegsherren seiner Zeit und hatte in unzähligen Schlachten den Sieg errungen, nur das wehrhafte Elderwall hatte ihm bisher erfolgreich die Stirn geb o ten. Aber trotz seiner Standhaftigkeit und seines Mutes spürte auch er ein leichtes Unbehagen in der Mage n grube, von dem er seine Leute jedoch nichts wissen ließ.
Das Beben des frostigen Bodens hatte zugenommen und das Zerbersten von Jahrhunderte altem Holz riss die Warte n den aus ihrer tröstenden Lethargie.
Borgo kniff die Augen zusammen und versuchte, in den sch e menhaften Umrissen der verblassenden Abendsonne, den nahen Waldrand zu erkennen. „Selbst die Sonne zieht es vor, zu ve r schwinden“, flüsterte er in seinen grauen Bart.
„Wie lauten eure Befehle, Sire?“ Der Bote riss ihn aus seinen G e danken und blickte erwartungsvoll empor.
„Keine Kampfhandlungen ohne mein Zeichen. Wir werden wa r ten, welche Gäste uns der Abend bringt!“ Amüsiert ve r nahm er den irr i tierten Gesichtsausdruck des Herolds, der sogleich ein großes Horn von seiner Seite nahm, es an den Mund setzte und mit aufgeblähten Backen hineinblies. Mehr e re unverwechselbare Signale hallten kraftvoll durch das düster werdende Tal, um s o gleich mit derselben prägnanten Melodie bestätigt zu werden.
Fackeln wurden entzündet, Sehnen gespannt und scharfer Stahl schimmerte tausendfach in dem schwächer werdenden feurigen Spiel des brennenden Himmelskörpers.
Mehrere standhafte Waldriesen am Rande der Lichtung zerbr a chen unter dem mass i ven Druck der gewaltigen Gefährte und stürzten krachend auf den harten Boden.
Ohne Vorwarnung, nach einem kurzen Moment der Stille, stür z ten Hunderte von aufgeschreckten Tieren aus dem Wald und rannten in wilder Flucht über die Ebene.
Die Soldaten verschanzten sich hinter den Barrikaden, um nicht von riesigen Gabeihirschen aufgespießt oder von ängstlichen Wildschweinen niedergetrampelt zu werden. Au f gescheuchte Vögel erhoben sich in fächerförmigen Formati o nen aus den fallenden Baumkronen und flogen unter lautsta r kem Protest über die Köpfe der Soldaten hinweg. Gewaltige, dornenbesetzte Räder pflügten sich unbarmherzig durch die karge Erde und hinterli e ßen tiefe Schneisen auf ihrem Antlitz. Dicke Rauchschwaden pulsierten aus unzähligen Öf f nungen auf der Oberseite der oval geformten Fahrzeuge und gingen mit einem rhythmischen Hä m mern aus ihrem Inn e ren einher.
Furchtgetränkte Neugier ergriff die Soldaten, als ihnen der o h ren-betäubende Lärm kalte Schauer über den Rücken jagte, wä h rend sie auf das Signal zum Angriff warteten. Manche aus den vorder s ten Reihen riskierten einen verstohlenen Blick, als sie kriechend die Barrikaden erklommen, um über den Rand zu schauen.
Die
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