An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
hob er den Knaben in die Höhe und trug ihn d a von.
Ein wenig später hatte er ein kleines Feuer mit trockenem Reisig entzündet, das zu seiner Überraschung zusammen mit den beiden Feuersteinen in den Satteltaschen von der Nässe verschont g e blieben war. Die zarten Flammen flackerten lebhaft in der Abenddämmerung und hielten die aufko m mende Kälte ein wenig fern. Weit entfernt heulte ein Rudel Wölfe den strahlenden Mond an, der mit seinem blassen, halben Gesicht vom Himmel starrte.
Wolf hatte die Feuerstelle in einer kleinen Mulde entzündet, um ein wenig Schutz vor dem Wind zu haben, der unbar m herzig durch das noch löchrige Blätterkleid der Sträucher und Bäume wehte. Die beiden Gestrandeten hatten ihre Kleidung ausgezogen und sie zum Trocknen dicht an die kleine Wä r mequelle gelegt. Der noch leicht feuchte Nimbronpelz war groß genug, um beiden darunter Schutz zu bieten. Wolf saß aufrecht und schaute ko n zentriert in den wohligen Reigen der tanzenden Flammen, wä h rend Natas in seinen Armen bis zum Hals eingewickelt in den dicken Pelz, eingeschlafen war. So spendeten sie sich gegense i tig Wärme, während Wolf ernst in das gelöste Gesicht des Jungen in seinen Armen blickte und tief im Gedanken versunken, bis zum Morgengrauen verharrte, ohne auch nur einen kurzen A u genblick erhols a men Schlafes.
Die Verkünderin des Tages beschritt gemächlich ihren leuchte n den Pfad am Horizont und ihre wärmenden Vorboten vertrieben die Schatten der Nacht. Wolf hatte inzwischen damit begonnen, die verbliebenen Sachen zur Weiterreise in einem provisorischen Rucksack zusammen zu packen. Als er damit fertig war, weckte er vorsichtig den schlummernden Jungen, der sich komplett in dem Fell eingeigelt hatte. „Steh auf! Wir müssen schnell aufbrechen! Ein Rudel Merlotwö l fe hat unsere Fährte aufgenommen. Sie ha-ben Sturms Blut gewi t tert und nähern sich jetzt von Osten!“
Merlotwölfe waren in dieser Region weit verbreitet und gefürc h tet. Mit ihrem sensiblen Geruchssinn konnten sie das Blut ihrer Beute über enorme Distanzen wahrnehmen. Au s gestattet mit ra-siermesserscharfen Krallen und einem ebenso beeindrucke n den, nicht minder gefährlichen Gebiss, das massive Knochen zerma l men konnte, waren sie neben dem gewaltigen Nimbron, die g e fürchtetsten Lebewesen dieser Wälder. Außer ihrer Größe, die gut und gern die eines hal b wüchsigen Knaben annehmen konnte, waren die Kreaturen außerordentlich kraftvoll und zäh. Wolf wusste, dass ihre Chancen gegen ein Rudel dieser Bestien gering waren und obwohl er einer Konfrontation mit ihnen ein i ges an Mut und kämpferischem Geschick entgegensetzen konnte, en t schloss er sich zur Flucht, um Natas vor ihnen zu schützen. Den Kadaver seines treuen Weggefährten musste er ihnen w i derwillig überlassen, um wenigstens einige der Tiere von ihrer Spur abz u lenken. Schnell hatte er die letzten glimmenden Überreste des Feuers gelöscht, schnallte sich das Bündel auf den Rücken und schaute über die Schulter zu dem Jungen, der sich hastig angez o gen hatte. Seine Kleider waren noch immer feucht, doch er ve r suchte sich das unangenehme Gefühl nicht a n merken zu lassen.
„Spring auf, Kleiner. Wir müssen uns beeilen!“ Wolf ging in die Hocke, um dem Kind den Aufstieg zu erleichtern. Behände kle t terte Natas auf den Rucksack und umklammerte seinen Hals.
„Aber lass mir noch Luft zum Atmen!“, beschwerte sich der La s tenträger, stand ächzend auf und lief einen kleinen Hügel hinab, während das raureife Gras unter seinen Stiefeln knirschte und er sichtlich Mühe hatte, mit dem zusätzlichen Gewicht den Bäumen auszuweichen, die seinen abschüssigen Weg kreuzten.
In der Ferne konnte man das Heulen der Meute hören, die ihre Fährte aufgenommen hatte. Krallenbewährte Pranken gruben sich tief in die jungfräuliche Erde und hinterließen tiefe Wunden auf ihrem gierigen Weg durch die sonnendurchfl u tenden Wälder des Sees. Wie haarige Schatten hetzten sie jaulend und knurrend durch das Unterholz in ungeduldiger Vorfreude auf das bevor-stehende Mahl zu früher Stunde, dessen Geruch sie mit weit geöffneten Nasenlöchern ko n zentriert einsogen, um die frische Spur nicht zu verlieren. Schnell hatten die Bestien den Leichnam des Pferdes aufge s pürt und stürzten sich gierig auf ihre Beute. Gewaltige Reißzähne verbissen sich in das kalte Fleisch und hi n terließen tiefe Wunden in dem massigen Körper des toten Tieres. Die krä f tigsten
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