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An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

Titel: An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wiebelt
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worden waren, so wie es Binschli ihnen berichtet hatte. Kurze Zeit später reihten sich beide in einen nicht enden wolle n den Strom von Menschen, die sich unaufhörlich in Richtung der schutzverheißenden Mau-ern drängten.
    Männer, Frauen und Kinder jeder Altersklassen, Hunderte von Gespannen mit müden Zugtieren und Handkarren, zum Zerber s ten gefüllt mit den Habseligkeiten der Menschen, die sich in der Nähe des Monuments in Sicherheit wähnten und insgeheim die Hoffnung hegten, in das unbesiegbare Herz Chalderwallchans Eintritt zu erlangen. Sicherlich wussten diese armen Seelen nichts von dem Wegezoll, den sie entric h ten mussten und nur wenige von ihnen sahen danach aus, als wären sie in der Lage, den fes t gesetzten Obolus zu leisten.
    Der Großteil des Fußvolkes würde keine andere Wahl haben und sich in der schieren Größe des Flüchtlingslagers vor den Toren Elderwalls verlieren, das gezeichnet von Armut und Krankheit, das Schicksal ganzer Familien besiegelte. Unkon t rollierte Willkür und Gewalt herrschte an diesem trostlosen Ort, das konnte Wolf aus den Gesichtern lesen, die sie im hypnotischen Trott der en d losen Massen passierten. Leere, hoffnungslose Augen starrten die Neuankömmlinge verächtlich an und musterten jeden argwö h nisch, der nur im En t ferntesten nach wertvollen Besitztümern aussah.
    Natas hielt sich ängstlich an seinem Beschützer fest, der ihn
    e benso mit sicherem Griff bei sich hielt, um ihn nicht in diesem dumpf vor sich hintrottenden Meer von Heimatlosen zu verli e ren. Fliegende Händler fielen wie Mücken über die Leute her und versuchten mit unnötigen Waren oder Betrügereien, sich den Weg in die wohlige Sicherheit und den legendären Luxus zu e r gaunern. Dunkle Gestalten huschten gebückt durch die Massen, um geringste Unachtsamkeiten auszunutzen, während Weltve r besserer am Wegesrand ihre Parolen von kleinen Podesten schmetterten, umgeben von willigen Zuhörern, die sich ihren Verblendungen nur zu gerne hingaben. Überwältigt von diesen mannigfaltigen Eindrücken erfüllte sich das Herz des Jungen mit einer tiefen Verunsicherung.
    „Das düstere Gesicht der Zivilisation!“, wie es Wolf abschä t zig nannte, als er dem irritierten Blick des Jungen mit einem aufmu n ternden Lächeln entgegenkam.
    „Habt Acht vor den frygischen Sehern. Sie blicken direkt in euer Herz und erkennen eure verborgensten Erinnerungen!“, schrie ein unbekannter Mann den Reisenden zu.
    „Nur die reinen Herzens und reich an harter Währung sind, e r halten Einlass ins Paradies von Druidas Karben, dem Wächter des Himmels!“
    Ein wirres Lachen folgte dem wohlgemeinten Rat, ehe die u m stehenden Wachen den in Lumpen gekleideten Alten mit Gewalt zum Schweigen brachten.
    Wolf hob den Knaben empor und setzte ihn sich auf die Schu l tern, so dass er weit über den Strom der Flüchtlinge blicken konnte. Beeindruckt betrachtete er das gigantische Bauwerk, dem sich die schiebenden Massen unaufhörlich näherten. Die massive Mauer aus weißem Gestein war durch Wind und Wetter eines Jahrtausends verblasst und verwittert, hatte aber von ihrer maje s tätischen Erscheinung und ihrer uneingeschränkten Wehrha f tigkeit nichts eingebüßt. Weit oben auf der alten Wehr, in schwindelerregender Höhe standen Dutzende Bogenschützen und be o bachteten wachsam das Geschehen vor dem riesigen Eingang s tor, dessen einer Flügel, durch den der nicht enden wollende Flüchtlingsstrom quoll,  weit geöffnet war. Das Schi e ben und Drücken wurde stärker und Natas war froh, auf den breiten Schultern seines Beschü t zers Luft zum Atmen zu haben. Wolf indes wehrte sich e r folgreich gegen die Rücksichtslosigkeit, mit der manche versuchten, den verhe i ßungsvollen Durchgang zu passieren. Mit dem Ellenbogen brach er einem aggressiven Drängler die Nase, der blutend zu Boden fiel und von den fo l genden Ma s sen einfach überrannt wurde, ohne dass einer der Wächter auf den gepanzerten Pferden, die den Weg flankierten, auch nur Notiz davon nahm.
    Das tumultartige Treiben war ihnen wohlbekannt, und in ihren Gesichtern konnte man die Verachtung und Gleichgü l tigkeit er--kennen, mit der sie dem unstillbaren Verlangen der Leute geg e n-überstanden, in den sicheren Garten Eden zu gelangen.
    Wolf und Natas ließen sich im Strudel der Menschen durch den gigantischen Torbogen treiben, der die Passage ei n drucksvoll überspannte. Die meterdicken Schwingflügel bestanden aus ura l ten Holzbohlen, die vom Feuer

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