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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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bewusstseinsauslöschenden Rausch verdient gehabt hätte, dann ja wohl jetzt! Wie gerne würde er diese letzten paar Tage gegen einen ordentlichen Brechreiz und einen Brummschädel eintauschen! Um sich danach ins Bett packen zu lassen und übers Haar gestreichelt und flüsternd versichert zu bekommen: »Alles gut. Schlaf einfach, dann ist alles gut.«
    Als am nächsten Morgen Allison – lichtscheu und grün im Gesicht – aus dem Haus getaumelt war, schweiften Marks Gedanken hartnäckig von seiner Arbeit ab. Sie kreisten abwechselnd um Chloes Anruf – den er unscharf in Erinnerung hatte, als wäre ihre Stimme ein Rauschmittel gewesen – und um Connie Pelham.
    Chloe musste es erfahren. Er sollte sie anrufen, ihr sagen: Eigentlich wollte ich dir gestern noch was erzählen. Halt dich fest, es ist vollkommen irr.
    Bis dahin war er davon ausgegangen, dass Chloe genauso reagieren würde wie er: irritiert, aufgebracht. Aber jetzt fragte er sich, ob sie es nicht womöglich ganz anders aufnahm.
    Er sah sie vor sich, auf Brendans Bett zusammengekrümmt. Ich dachte, ich höre ihn.
    Mark stand auf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, dann ging er nach unten, um sich noch einen Kaffee zu machen.
    Mittags um eins gab er auf. Er legte sich aufs Wohnzimmersofa, vor den Fernseher. Und zum ersten Mal seit der Szene in der Buchhandlung entkrampfte sein Denken sich. Er glaubte, er hätte nur ein Momentchen die Augen zugemacht, aber dann rüttelte ihn plötzlich Allison, und draußen war es dunkel.
    »Schlafmütze«, sagte sie. »Schau dich an.«
    Sie war noch im Mantel, ihre Einkaufstüten überm Arm. Er kämpfte sich aus der Horizontale. »Wie spät ist es denn?«
    »Sieben.«
    Er hatte den Schlaf einer ganzen Nacht in den Nachmittag gezwängt. In seinem Nacken und den Schulterblättern ächzten Stahlseile.
    Allison sagte: »Eins von diesen Häusern steht zum Verkauf, gleich um die Ecke von uns. Eins von den großen. Mit Blick auf den Park. Da ist heute Besichtigungstag.«
    »Heute?«, fragte er. »Oje.«
    »Es geht noch bis acht.« Allie ließ sich neben ihn aufs Sofa fallen und hopste vor Aufregung – eine Masche, die sie nicht oft genug ironisch einsetzte. »Es sind höchstens zwei Blocks zu gehen. Es ist phantastisch!«
    »Du scheinst wieder auf dem Damm zu sein.«
    »Ich bin noch jung.« Sie puffte ihn leicht. »Ich habe mit der Maklerin geredet. Ich habe ihr gesagt, ich komme mit meinem Mann wieder, der Arzt ist.«
    Das war ein Spiel, das sie schon mehrmals gespielt hatten, aber so ganz war er jetzt nicht in der Stimmung dafür.
    Allie sagte: »Und ich bin Anwältin, habe ich gesagt. Komm schon – dieses Haus ist echt gigantisch.«
    Mit wackligen Beinen stand er auf. »Was ist mit Colorado?«
    Ihre Flitterwochen, hatten sie entschieden, sollten nicht nur zu Sex und Entspannung gut sein, sondern auch zu einer Sondierung des Terrains. Sie hatten schon vorher manchmal ihre Scherze darüber gemacht, dass sie aus Columbus weggehen, weiter nach Westen ziehen könnten, aber allmählich (und umso mehr, je tiefer der Winter seine Klauen schlug) hatte sich in den Scherz Ernst gemischt. Warum nicht von hier wegziehen? Wenn schon ein neues Leben, warum nicht gleich an einem völlig neuen Ort? Seit Connie Pelham auf der Bildfläche erschienen war, hatte die Frage für Mark deutlich an Brisanz gewonnen.
    »An Colorado ändert das gar nichts«, sagte Allie. »Keine Angst – dieses Haus ist ein paar Nummern zu groß für uns.« Sie grinste und hopste wieder. »Aber vielleicht ja nicht für Dr. Marcus Fife und Allison Daniel, Esquire.«
    »Liebling …«
    »Ach, kooooomm«, sagte sie und machte einen Schmollmund – auch das eine Masche, die er an ihr nicht so mochte.
    »Ich bin nur – ich schlafe noch halb.«
    »Wir müssen es doch einfach nur anschauen. Ich schulde dir ein bisschen Spaß nach gestern Nacht.«
    Sie schuldete ihm mehr als das, dachte er. Sie schuldete ihm tausendmal mehr, als ihn hinaus in die Kälte zu schleppen, für ein albernes Spiel, von dem sie mehr hatte als er …
    Aber jetzt war er ungerecht. Er hatte nicht all diese Jahre so hart an sich gearbeitet – nicht so darum gekämpft, am Leben zu bleiben –, nur damit ihm Connie Pelham mit einem Fingerschnippen alles kaputt machte. Oder Chloe mit ihrer Stimme am Telefon. Also sagte er Ja.
    Er zog sich um: Sakko und Krawatte, blankpolierte Schuhe. Putzte sich die Zähne und rasierte und kämmte sich. Als er herunterkam, musterte Allie ihn lächelnd und strich

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