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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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Überwindung. »Ich hatte es eigentlich etwas förmlicher geplant, aber ich war zwanzig und mitten im Vögeln, und da ist es mir … eben so rausgerutscht.« Er streichelte Allisons Finger und versuchte, nicht an Chloe zu denken: wie sie sich an ihn geklammert hatte, weinend, wie sie geflüstert hatte: Ich bin so glücklich. »Und bei euch?«
    »Ich habe Bill gefragt. Wir sind deshalb sofort aneinandergeraten – er war wütend, dass ich ihn gefragt habe. Weil das die Aufgabe des Mannes ist.« Sie hob Marks Hand hoch und küsste seine Fingerknöchel. »Ich glaube, mir fehlt einfach ein bisschen die Überwältigung. Ich meine, alle freuen sich für uns, sicher. Alle, die ich kenne, finden, dass du besser zu mir passt als Bill. Aber beim ersten Mal bin ich drei Wochen kreischend auf und ab gehüpft vor Aufregung, und jetzt, dieses Mal, sitze ich mit meinen Freundinnen in einer Bar, und zwei müssen heim und den Babysitter ablösen, und Lana lässt sich gerade scheiden …«
    »Ich weiß«, sagte er. »Lewis und Dad haben auch eher verhalten reagiert, so gesehen.«
    Ihre Seufzer malten eine Blüte aus Dampf an die Fensterscheibe. »Ich wünschte, ich hätte damals dich getroffen und nicht Bill«, sagte sie. »Ich wünschte, dieses große Überwältigungsgefühl hätte dir gegolten und ich hätte dich mit nach Hause gebracht und zu meinen Eltern gesagt: Das ist er . Und eigentlich darf ich dir das alles gar nicht sagen, wegen …«
    Sie brach ab, vielleicht auch wegen des Ausdrucks auf seinem Gesicht. Er wusste, was sie beinahe gesagt hätte: wegen Brendan. Weil Mark nicht in der Lage – nicht willens – war, die Sehnsucht nach seinem Sohn zu begraben.
    »Ich weiß«, sagte er.
    Sie nickte und wischte sich die Augen.
    »Und Connie Pelham macht die Sache auch nicht gerade leichter«, sagte er.
    »Dieses Scheißweib.« Allison schauderte. »Nein, macht sie nicht.«
    »Allie.«
    »Ja?«
    Sie wollte von ihm hören, dass es trotz allem wieder so war wie damals. Dass das möglich war. Dass sie so glücklich sein konnten wie beim ersten Mal. Und selbst wenn er es nicht so meinte, konnte er sie wenigstens anlügen. Er hatte es vor, nur deshalb hatte er ja ihren Namen gesagt.
    Aber es ging nicht.
    »Danke«, sagte er. Seine Stimme angeraut.
    Allie starrte ihn lange an, ehe sie nickte. Dann ließ sie seine Hand los und legte den Gang ein.

NEUN
    Zwei Tage später saß Mark nach einem anstrengenden Arbeitstag in einem Sessel im Cup O’Joe und las den Feuilletonteil in The Other Paper : all diese Vernissagen, die er sich vormerkte, nur um sie dann zu verpassen; Rezensionen von Independentfilmen, die er doch wieder nicht sehen würde. Er war hundemüde. Er lag nachts wach, obwohl seine Geschäfte ihn jetzt vor Weihnachten teilweise bis zu zwölf Stunden täglich auf Trab hielten. Und wenn er es doch schaffte einzuschlafen, quälten ihn Träume – die alten Alpträume, aber mit neuer Kraft und Energie erfüllt. Brendan unwiederbringlich fort, Chloe schreiend, vor Schmerz und vor Hass auf ihn.
    Richtig ausruhen können würde er erst nach den Feiertagen. In drei Tagen, an Heiligabend, kamen sein Vater und Helen zu ihnen. Allison war seit dem Gespräch nach der Hausbesichtigung nervös und bedrückt, und die Aussicht, Sam und Helen bei sich wohnen zu haben, machte sie noch dünnhäutiger. Für heute Abend hatte sie Hausputz anberaumt. Sie beide würden sauber machen und Weihnachtsschmuck aufhängen müssen, bis es Schlafenszeit war.
    Mark stand auf. Es war schon fast fünf. Allison kam bald von der Arbeit heim – wenn er bis dahin nicht wenigstens die Küche geputzt hatte, handelte er sich nur unnötigen Ärger ein. Zwischen ihnen gärte etwas, das spürte er, und er hatte momentan nicht das Gefühl, ihrem ersten großen Krach gewachsen zu sein.
    Er wollte gerade zur Tür gehen, als Connie Pelham hereinkam.
    Sie steuerte direkt auf ihn zu. Ihr Gesicht wirkte verhärmt und blutleer unter der braunen Haut. Wahrscheinlich hatte sie wieder durchs Fenster zu ihm hereingestarrt und sich Mut zu machen versucht. Hass siedete in ihm auf, blank und kupferrot.
    »Lassen Sie mich in Ruhe«, sagte er.
    »Mr Fife.« Ihre Stimme klang heiser. »Bitte. Nur zwei Minuten, mehr verlange ich nicht.«
    Das war gelogen. Mit zwei Minuten würde Connie Pelham es nie und nimmer getan sein lassen.
    »Egal, was es ist, ich will es nicht hören.«
    Der Barista, ein zottelhaariger Junge, mit dem Mark jeden Morgen seine Scherzchen austauschte – für den Mark

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