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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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versuche, selbst möglichst keinen zu produzieren.
    Später hätte Sam sich vermutlich etwas vorsichtiger ausgedrückt. Aber er hatte sehr zu kämpfen gehabt als junger Dozent, irgendwelche Probleme, die Mark bis heute nicht ganz begriff. Sein Vater war damals ständig schlecht gelaunt gewesen. An manchen Abenden kam er heim, schenkte sich ein Glas ein, setzte die Kopfhörer auf und saß mit geschlossenen Augen im Wohnzimmer, ohne auch nur Sakko und Krawatte auszuziehen.
    Was würde Sam von einem Sohn halten, der angstvoll vor seinem Computer hockte und Geistergeschichten anklickte? Auch jetzt fühlte sich Mark wieder im Zwiespalt – er wollte seinen Vater anrufen, sich von ihm trösten lassen, aber es schien ihm unmöglich, das Thema auch nur anzuschneiden. Allison hatte ihm schon versprechen müssen, es nicht zu erwähnen, wenn Sam und Helen über Weihnachten zu ihnen kamen.
    Trotzdem klickte Mark jetzt einen neuen Link an: Geistergeschichten im wirklichen Leben.

    Einmal hat unser Freund Will ein Ouija-Brett von seinem Stiefvater mitgebracht und wir wollten es ausprobieren. Wir bekamen Kontakt zu einem Geist, der sagte, sein Name ist Frank. Ich forderte Frank auf zu beweisen, dass er echt ist, und die Lampe über dem Tisch fing zu flackern an und die Planchette spielte absolut verrückt. Sie buchstabierte töte dich und töte sie , und wir räumten das Brett schnell weg und beteten. Aber ich glaube, wir haben Frank eine Tür geöffnet, denn mein Haus ist seitdem nicht mehr dasselbe. Später habe ich erfahren, dass ein früherer Bewohner des Hauses, der Francis Hagen hieß, hier 1946 seine Frau und seinen Sohn umgebracht hat und sich danach im Keller erhängt hat. Mein Mann und ich können ihn nachts husten hören, was entweder daher kommen muss, dass Francis Hagen es an der Lunge hatte oder es kommt von dem Strick.
    …
    Meine Frau Elizabeth und ich haben 1977 ein Haus in Hackensack gekauft. Ein kleiner Bungalow. Wir haben natürlich Umzugsfotos von uns gemacht, wie wir die Möbel reintragen, und die leeren Zimmer immer voller werden usw. Wir haben die Fotos erst nach zwei Monaten entwickelt, aber dann waren wir ziemlich erschrocken, denn auf ein paar war noch jemand Drittes, eine alte Frau. Auf einem ahnt man sie gerade so hinter dem Vorhang. Und auf einem sitzt sie in einem Sessel, aber keinem von unsren(!). Wir haben mit den Nachbarn geredet, und es scheint wohl eine Frau namens Jocelyn Crabbe zu sein, die viele Jahre allein in dem Haus gelebt hat und 1974 an Lungenkrebs gestorben ist. Aber egal wer die alte Dame ist, rauchen tut sie auf jeden Fall, wir riechen es andauernd, obwohl meine Frau und ich beide Nichtraucher sind.
    …
    1985 ertrank mein Töchterchen Leesie in dem Außenpool hinter unserem Haus in Mobile, Alabama. Sie war vier. Verständlicherweise waren mein Mann und ich völlig gebrochen. Sie war unser Ein und Alles. Unser kleiner Engel. Aber Jesus hat uns die Kraft zum Weitermachen geschenkt, und wir haben ein neues Engelchen bekommen, unsere kleine Polly. Dieses Foto von Polly habe ich gemacht, als sie vier war, hinten im Garten mit ihren Puppen, und wenn man genau hinsieht, kann man über ihr noch eine Gestalt sehen, wie ein anderes Kind, das mit ihr spielt. Das ist Leesie, ganz sicher. Ich habe Leesie so oft im Haus »gespürt«. Wie ein Luftzug in meinem Haar. Manchmal kann ich sie lachen hören. Bevor Polly kam, wurde ich nachts öfters wach, weil sie nach mir gerufen hat …
    In fliegender Hast ging Mark die nächsten Einträge durch:
    – traut euch und mailt mir, wenn ihr auch so was erlebt habt.
    – Brauchen Sie den Rat eines Experten mit extrasensorischen Fähigkeiten? Für weiterführende Informationen bitte hier klicken.
    – Was tue ich, wenn es bei mir spukt …

    Mark klickte den Eintrag an. Eine ganze Seite Text erschien, weiße Buchstaben auf schwarzem Grund, die Schrift winzig, gedrängt. Ihm begann sofort der Kopf zu schmerzen.
    Ich kenne das, lautete die erste Zeile.
    Ich war genauso. Überzeugt davon, dass so etwas nicht sein kann.
    Aber das kann es sehr wohl. Und wenn ich meine Geschichte so klar wie nur möglich erzähle, erspare ich damit vielleicht anderen den Schmerz, den ich erleiden musste, weil ich die Wahrheit so lange nicht sehen wollte.
    Ich wurde dazu erzogen, nicht an Geister zu glauben. Meine Eltern sind beide Wissenschaftler an der University of Oregon. Als einmal ein paar Schulkameraden von mir zu einer Expedition aufbrechen wollten, um Bigfoot zu suchen,

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